Und das ewige Licht leuchte ihr - Granger, A: Und das ewige Licht leuchte ihr - Rattling the bones
zurechtgekommen. Doch dieses lautlose Weinen wie eine Steinfigur auf einem viktorianischen Friedhof war zu viel für mich. Ich schob mich um die junge Frau herum und betätigte die Türklingel.
Nach einigen Augenblicken vernahm ich Schritte, und die Tür wurde gerade weit genug geöffnet, um jemandem im Haus den Blick nach draußen zu ermöglichen. Ich schätze, man lernt, vorsichtig zu sein in diesen Heimen. Ich war erleichtert festzustellen, dass der Mann, der zur Tür gekommen war, normal wirkte – zumindest soweit ich ihn sehen konnte.
»Wir sind voll belegt«, sagte er mit bestimmter, jedoch freundlicher Stimme.
»Ich suche nicht nach einem Schlafplatz«, erwiderte ich.
Er öffnete die Tür einen Spaltbreit weiter. »Dann ist es ja gut. Wir hätten Sie nicht aufnehmen können, ganz gleich unter welchen Umständen.«
Ich fragte mich, ob die weinende junge Frau auf der Treppe genauso abgewiesen worden und dies der Grund für ihre Verfassung war. Ich deutete verstohlen auf sie und flüsterte ihm zu: »Ist alles in Ordnung mit ihr?«
Es war eine dumme Frage, weil offensichtlich nicht alles in Ordnung war, doch ich wusste nicht, was ich sonst hätte sagen sollen. Der Mann schien sie selbst jetzt nicht zu sehen – wie das funktionieren sollte, obwohl sie auf der obersten Treppenstufe des Heims saß, war mir ein völliges Rätsel.
»Sandra?«, erwiderte er. »Ja, alles in Ordnung, machen Sie sich keine Sorgen. Sie ist ein wenig traurig heute Morgen. Nicht wahr, Sandy?«
Er beugte sich vor und tätschelte ihr die Schulter. Sie schaukelte ein wenig vor und zurück und weinte dann weiter wie zuvor, mit dem Unterschied, dass sie nun ein leises Schluchzen ausstieß. Wenn überhaupt, dann machte sein Tätscheln alles nur noch schlimmer.
»Wie gesagt, machen Sie sich keine Sorgen«, wiederholte der Mann an mich gewandt. »Wir haben ein Auge auf Sandra. War das der Grund für Ihr Läuten? Haben Sie sich Sorgen gemacht wegen Sandra?«
»Nein«, gestand ich. »Ich bin wegen jemand anderem hergekommen. Darf ich vielleicht reinkommen? Ich werde nicht viel von Ihrer Zeit in Anspruch nehmen und weiß es wirklich zu schätzen.«
»Geht es um einen unserer Bewohner?«, fragte er in schärferem Ton.
»Das weiß ich nicht«, antwortete ich. »Das gehört zu den Dingen, die ich herauszufinden versuche.«
»Wir geben keine Informationen über unsere Bewohner nach draußen.«
»Ich will ja gar keine Informationen über Ihre Bewohner.«
»Das haben Sie aber gerade gesagt«, entgegnete er nicht ganz unbegründet.
»Bitte …«, bettelte ich. »Darf ich hereinkommen und es erklären? Es dauert nur fünf Minuten, und ich nehme den Hund auch auf den Arm.« Ich sammelte Bonnie auf, während ich sprach. Sie hatte vor dem weinenden Mädchen gesessen und es voller Interesse beobachtet. Das Mädchen schien Bonnie genauso wenig wahrzunehmen wie mich oder die Unterhaltung, die über ihren Kopf hinweg stattfand.
Der Mann an der Tür starrte gedankenvoll auf Sandra hinunter, und ich glaube, es war mehr wegen ihr als wegen meiner Worte, dass er schließlich nachgab. Er öffnete die Tür weit genug, damit ich mich hindurchquetschen konnte, und trat beiseite.
Ich akzeptierte die schweigende Einladung ins Haus und schlüpfte in den Flur, bevor er seine Meinung wieder ändern konnte. Vor mir erstreckte sich ein langer, düsterer Korridor. Der Boden war in einem fantastischen geometrischen Muster in Creme, Burgunderrot und Schwarz gefliest, wahrscheinlich im Originalzustand, denn er hatte beträchtlich gelitten in den sicher mehr als hundertfünfzig Jahren, seit er gelegt worden war. Die Treppe zu meiner Rechten war mit einem dunklen Teppichboden ausgelegt, und das Geländer war fast schwarz. Die vom Flur abgehenden Türen besaßen beeindruckende Kassetten und waren dunkel von der Zeit. Warum um alles in der Welt hatten sie nicht alles in helleren, freundlicheren Farben gestrichen? Kein Wunder, dass Sandra draußen auf der Treppe saß und weinte. Wenn man morgens ein wenig deprimiert aufstand, dann war man in dieser Umgebung ziemlich schnell selbstmordgefährdet. Außerdem musste ich an Ednas Schilderung denken – im ganzen Haus roch es nach gebackenen Bohnen.
Zu unserer Linken öffnete sich eine Tür, und eine relativ jung und hart aussehende junge Frau in Jeans und einer abgewetzten Baumwolljacke trat aus dem dahinter liegenden Büro und starrte mich unfreundlich an.
»Alles in Ordnung, Simon?«, fragte sie.
»Alles in Ordnung,
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