Und der Basilisk weinte (German Edition)
Bevor sie sich weiter unterhalten konnten, trat Iris Okaz an den Tisch. Ferrari stellte sie als Bekannte seiner Lebenspartnerin vor und lud sie auf einen Kaffee ein. Danach verabschiedete sie sich wieder. Der Kommissär wartete fünf Minuten und gab dann vor, einen wichtigen Anruf erhalten zu haben. Er entschuldigte sich für einen Augenblick und verliess das Lokal, um unten auf der Strasse Iris Okaz zu treffen.
«Nun?»
«Die Grösse stimmt einigermassen. Aber er war nicht so massig, eher schmal, hager. Ich glaube nicht, dass er es ist. Der Mann war dünner. Es tut mir leid, Sie zu enttäuschen.»
«Davon kann keine Rede sein. Sie haben uns sehr geholfen. Danke.»
Ferrari setzte sich nachdenklich wieder an den Tisch.
«Schlechte Nachrichten?»
«Ich weiss nicht. Sagen wir so, Nachrichten, die ich nicht richtig einordnen kann. Wer hat die drei umgebracht, Bernie?»
«Angriff ist die beste Verteidigung, Francesco. Anita vielleicht?»
«Und wer hilft ihr dabei?»
«Irgendein Wahnsinniger, der ihr Gedankengut teilt. Anita ist nicht mehr die Gleiche wie früher. Sie war schon immer angefressen, doch jetzt ist sie geradezu fanatisch und frustriert. Eine gefährliche Mischung, hochexplosiv.»
«Was ist mir dir und Elisabeth Fahrner? Welche Rolle spielt ihr in dieser Tragödie?»
«Wir haben nichts damit zu tun, Nadine. Wir geniessen es, dass der Gerechtigkeit spät, aber immerhin nicht zu spät, zum Sieg verholfen wird.»
«Das ist echt abgefahren.»
«Mag durchaus sein. Aber sind wir nicht alle irgendwie gestört?»
Ferrari bestellte sich nochmals einen Cappuccino. Sollte er Meister wirklich glauben? Stiefelchen, die Mörderin? Ein Hauch eines Lächelns umspielte seine Lippen. Mit einem Schlag wären all seine Probleme gelöst, denn Anita Brogli zu verhaften, in die Mangel zu nehmen, bis sie ein Geständnis ablegt, würde keinerlei Gewissensbisse in ihm auslösen. Ganz im Gegenteil. Und doch. Irgendetwas sagte Ferrari, dass dies nicht die Lösung war.
«Weshalb hast du sie wirklich gewarnt?», insistierte Ferrari und fixierte Bernhard Meister.
«Damit sie die Sache noch zu Ende bringen kann.»
Der Kommissär schüttelte den Kopf.
«Es geht nicht ganz auf, Bernie. Woher wusstest du zeitgleich mit uns, dass die Morde begangen wurden?»
«Wie gesagt, ich habe noch einige Freunde im Kommissariat.»
«Das genügt mir als Antwort nicht.»
«Es muss aber reichen. Ich verrate niemanden.»
Ferrari seufzte.
«Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als dich zu verhaften. Du hast es dir selbst zuzuschreiben. Ich wollte es nicht so weit kommen lassen. Alles, nur das nicht. Du lässt mir keine andere Wahl, Bernie.»
Meister zuckte mit den Schultern.
«Du tust nur deine Pflicht, Francesco. Lass mich dir einen Vorschlag machen. Wenn du mir garantierst, dass der Name des Informanten unter uns bleibt und diese Person keine Repressalien zu befürchten hat, dann nenne ich dir meine Quelle.»
«Ich lasse ihn in Ruhe, versprochen. Aber ich sage ihm deutlich, dass er in Zukunft keine Informationen mehr an dich weitergeben darf.»
«Gar keine?»
«Okay, wenn sich herausstellt, dass du nichts mit den Morden zu tun hast, darf er dich weiter informieren.»
«Du bist ein eigenartiger Bursche, Francesco. Du passt auch nicht in diese Zeit. So wenig wie ich. Also gut, die Abmachung gilt. Es ist Norbert Wacker.»
«Der Assistent von Peter?»
«Ja. Er ist genauso frustriert wie ich, sah sich bereits in leitender Position. Anstatt einer Beförderung wurde ihm Peter vor die Nase gesetzt.»
Ferrari hatte Norbert Wacker eigentlich nie richtig zur Kenntnis genommen. Ein unscheinbarer Arzt, der brav im Hintergrund seine Aufgaben erledigte. Wenn auch unzufrieden und dadurch prädestiniert, um einer Persönlichkeit wie Bernhard Meister Informationen zu liefern. Das scheinbar geteilte Leid wurde zum Bündnis.
«Norbert Wacker hat dich jedes Mal angerufen, sobald er vom Mord wusste?»
«Ich bat ihn darum. Der Ehrgeiz hatte mich gepackt. Ein kleines Wettrennen unter Berufskollegen sozusagen. Ich hätte am liebsten vor euch Bescheid gewusst.»
«Um zu signalisieren, dass du der Mörder bist?»
«Um eine falsche Spur zu legen, Nadine. Ich wollte dem Mörder Zeit verschaffen, sein Werk zu vollenden.»
Das klang alles ziemlich logisch, wenn auch krank. Was zum Teufel stört mich daran? Stephan soll Anita Brogli verhaften. Und ich werde mich mit Norbert unterhalten. Dieser Fall wird doch zu lösen sein. Das wäre ja gelacht. Der
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