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Und der Herr sei ihnen gnädig

Und der Herr sei ihnen gnädig

Titel: Und der Herr sei ihnen gnädig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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als mir bewusst wurde, dass ich das sofort als etwas Besonderes registriert hatte, wurde mir klar, was mein Vater gemeint hatte. Ebenso hatte ich Paxtons Sekretärin sofort als Asiatin identifiziert - und damit ihre Rasse als Beschreibungsmerkmal verwendet. Es fiel mir schwer, mir das einzugestehen.
    »Sie haben von David gehört?« Paxtons Stimme klang besorgt.
    »Nein, tut mir Leid. Kann ich kurz mit Ihnen sprechen?«
    Enttäuscht sah er mich an. Dann runzelte er die Stirn und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Fünf Minuten? Mehr Zeit habe ich nicht.«
    »Das reicht.«
    Ich folgte ihm durch seine verwinkelte Kanzlei, deren Gänge mit Teppichboden ausgelegt waren. Das Ganze erschien mir wie ein Labyrinth, und ich war schon immer der Meinung gewesen, dass ein solches Gewirr aus Gängen nur dem Zweck diente, den Feind zu verwirren. Wenn man die Orientierung verlor, konnte man sich nicht mehr so gut auf sein eigentliches Ziel konzentrieren, was dem anderen einen Heimvorteil verschaffte. Schließlich gelangten wir doch wieder in so etwas wie einen normalen Raum. Es handelte sich nicht um sein Büro, sondern um einen ziemlich kleinen Konferenzraum. Wir nahmen einander gegenüber Platz.
    »Geht es David gut?«, fragte er.
    »Das weiß ich nicht. Deswegen bin ich ja gekommen. Wenn ich richtig informiert bin, haben Sie nichts von ihm gehört, seit Sie das letzte Mal mit Mr. Klinghoffner telefoniert haben.«
    »Hätte ich etwas von ihm gehört, würden wir dieses Gespräch jetzt nicht führen.« Er beugte sich über den Tisch. »Warum sind Sie hier?«
    »Ich habe eine Geschichte zu erzählen, die Sie interessieren dürfte. David hatte im Fordham Communal Center, wo er als Kunstlehrer arbeitete, eine Freundin. Ihr Name ist Sarah Sanders. Die beiden gingen immer in den Park und hatten dort Sex. Eines Tages überraschten sie dort ein paar Jungs, die Sarah vergewaltigten und David verprügelten. Sie ließen ihn in einer Mülltonne zurück. Meines Wissens hat seitdem niemand mehr etwas von ihm gehört. Verzeihen Sie, wenn ich Ihnen das einfach so hinknalle, aber Sie haben mich gebeten, mich kurz zu fassen.«
    Er wirkte entsetzt. »Ist das... ist das wirklich wahr?«
    »Ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln. Obwohl der Vorfall bereits sechs Monate zurückliegt, hat Sarah Sanders erst gestern bei der Polizei ausgesagt. Ich weiß davon auch erst seit ein paar Tagen. Sie fragen sich wahrscheinlich, wie ich davon erfahren habe. Sarah Sanders ist das Mädchen aus der Zeitung, das sein Baby in einen Müllcontainer geworfen hat. Ich habe die Kleine gefunden und irgendwie ins Herz geschlossen. Deswegen ist mir sehr daran gelegen, dass die Sache für alle Beteiligten gut ausgeht.«
    »Moment mal.« Er legte einen Finger an die Stirn. »Das geht mir jetzt alles ein bisschen zu schnell.«
    »Welchen Teil soll ich wiederholen?«
    Er starrte mich durchdringend an. »Sie haben David noch nicht gefunden?«
    »Nein. Aber ich habe noch gar nicht richtig angefangen, nach ihm zu suchen.« »Verstehe. Aber Sie glauben, dass er verprügelt wurde und... und dann?«
    »Sarah hat uns - der Polizei - erzählt, dass ihn diese Jungs verprügelt und dann in eine Mülltonne gesteckt haben. Da sie behindert ist und außerdem schreckliche Angst hatte, ließ sie ihn einfach so zurück. Sie hat das Ganze aus Angst nie jemandem erzählt. «
    »Dann sind Sie also der Meinung, dass David tot ist?« »Nein, ganz und gar nicht. Ich hatte gehofft, Sie hätten von ihm gehört.«
    Sein Gesichtsausdruck wurde eine Spur feindselig. »Leider nein.«
    »Er hat sich nie bei Ihnen gemeldet?«
    »Nein. Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Wollen Sie mich etwa beschuldigen, Ihnen Informationen vorzuenthalten?«
    Ich war erstaunt über die Heftigkeit, mir der er das sagte. »Sir, ich versuche lediglich, etwas über den Verbleib von David Tyler in Erfahrung zu bringen.«
    »Und ich sage Ihnen, dass ich nichts von ihm gehört habe.« »Na schön«, antwortete ich kühl. »Dann belassen wir es dabei. Da wäre allerdings noch ein anderer Punkt, den ich gerne mit Ihnen besprechen würde. Das kleine Mädchen, das Sarah Sanders zur Welt gebracht hat. Ich glaube, dass sie David Tylers Tochter ist.« Paxton war erst mal sprachlos.
    »Ich weiß, dass für David ein Fonds eingerichtet wurde. Falls sich herausstellt, dass David tatsächlich etwas zugestoßen ist, dann sollte das Geld für die Pflege und Ausbildung des Kindes verwendet werden. Das Geld steht ihr rechtmäßig zu -«

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