und der Hongkong-Buddha
weiß, wer Clark Gable war.«
»Sie machen mir Mut«, lachte Ruthie. »Meine Bedenken schmelzen wie Schnee in der Sonne.«
Mit einem verschmitzten Funkeln in den Augen sah Mrs. Pollifax sie an. »Bedenken - Ängste?« fragte sie, griff nach Ruthies Hand und drückte sie kurz. »Wissen Sie, was ich denke? Ich bin überzeugt, er sieht Sie mit völlig neuen Augen, und offenbar ist er selbst am meisten davon überrascht... Es liegt also ganz bei Ihnen. Sind Sie zufrieden mit dem, was Sie damals aus der neuen Situation machten? Oh, danke«, sagte sie zu Mr. Hitchens, der mit drei Plastikbechern Kaffee zurückkehrte.
»O ja«, erwiderte Ruthie voller Stolz. »Ich habe in Boston eine wunderschöne Wohnung - in einem sehr alten Haus. Ich unterrichte jetzt in der fünften Klasse, nicht mehr die Kleinsten wie früher, und ich reise sehr viel.«
»Und wie sie reist!« mischte sich Mr. Hitchens ein und lehnte sich nach vorne, um von ihrer Unterhaltung nicht ausgeschlossen zu sein. »Am Samstag fliegt sie nach Bangkok!«
Mrs. Pollifax nippte gedankenverloren an ihrem Kaffee und hörte nur mit einem Ohr auf das Gespräch der beiden über Reisen und über Boston. Sie fand, zwischen Ruthie und Mr. Hitchens war alles in Ordnung. Als der geeignete Augenblick gekommen war, erhob sie sich und schlenderte zur Reling. Sie öffnete ihre Handtasche und ließ die Pistole, mit der Inspektor Wi getötet worden war, ins Wasser fallen. Sie kehrte zu den beiden zurück und genoß den Rest der Hafenrundfahrt: die weiß schimmernden Strände der Repulse Bay, die schwimmende Wohnstadt der Sampans in Aberdeen... Doch immer wieder kehrten ihre Gedanken zu Feng-Imports und zu Mr. Detwiler zurück und allmählich begann sie, beides von einem ganz anderen Gesichtspunkt aus zu betrachten; vor allem eine Frage tauchte immer wieder aufs Neue in ihren Gedanken auf:
Weshalb war Detwiler seit zwei Monaten nicht mehr zu Hause gewesen?
»Oh, Mrs. Irma Leer!«rief Mrs. O'Malley überrascht und strahlte über das ganze Gesicht. »Wie schön, daß Sie wieder einmal vorbeischauen!«
»Guten Tag«, grüßte Mrs. Pollifax mit einem Lächeln. »Ich hatte ein paar Straßen weiter zu tun und dachte, ich seh' mal auf einen kurzen Blick bei Ihnen vorbei und...«
»Sie kommen gerade rechtzeitig, um eine Tasse Tee mit mir zu trinken«, erklärte Mrs. O'Malley, keinen Widerspruch duldend. »Kommen Sie rein, kommen Sie rein. Ich war gerade dabei, mir eine Tasse einzugießen. Ihnen tun sicher die Füße weh, meine Liebe.«
›Kein schöner Zug, diese überaus nette Frau hinters Licht zu führen‹, dachte Mrs. Pollifax und trat ein. »Ja - furchtbar«, bestätigte sie und registrierte im stillen beschämt, daß sie außer einem kurzen Spaziergang zum Hotel, um sich nach der Hafenrundfahrt umzuziehen, und einem opulenten Mittagsmahl, das sie mit großem Appetit verspeist hatte, an diesem Tag noch überhaupt keine Bewegung gehabt hatte. »Ich muß mir wirklich Ihren Vorschlag, einen Job als Haushälterin anzunehmen, noch einmal durch den Kopf gehen lassen«, seufzte sie, »obwohl ich mit meiner Umfrage heute recht erfolgreich war.« Sie folgte Mrs. O'Malley in die Küche und legte, als sie Platz nahm, die Zeitung mit Alecs Bild nach oben auf den Tisch.
»Dieser arme Junge«, sagte Mrs. O'Malley, als sie den Tee eingoß und ihr Blick auf das Bild fiel. »Und er ist auch noch der einzige Sohn.«
«Oh?« machte Mrs. Pollifax. »Haben Sie...« Sie unterbrach sich, denn sie durfte jetzt keinen Fehler machen; die Angelegenheit erforderte ihr ganzes Fingerspitzengefühl. Andererseits mußte sie ein für allemal herausfinden, ob Alec nach seiner Entführung in diesem Haus gewesen war. »Sind Sie ihm etwa schon einmal begegnet?« fragte sie rundheraus.
»Nein, meine Liebe, das nicht«, antwortete Mrs. O'Malley und setzte sich ebenfalls an den Tisch. »Er war doch lange auf dem College in den USA und hat dort sein Studium sehr erfolgreich abgeschlossen. Er hat jetzt eine ganze Reihe lateinischer Worte vor seinem Namen.«
Mrs. Pollifax sah überrascht auf. »Aber das ist... Ich erinnere mich gar nicht, darüber in der Zeitung gelesen zu haben.«
»Es stand auch nicht in der Zeitung«, erklärte Mrs. O'Malley beschwichtigend. »Ich weiß das von seinem Vater Gott sei seiner Seele gnädig. Er war sehr stolz auf seinen Sohn.«
»Sein Vater?« fragte Mrs. Pollifax entgeistert. »Sie kannten seinen Vater? Den Mann, dessen Leiche man gestern gefunden hat?«
Mrs. O'Malley nickte. »Er war
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