… und der Preis ist dein Leben III - Dunkle Bestimmung (German Edition)
Fingerspitzen zeigten nach oben und berührten sich, gleichzeitig waren die Daumen unter der Nase überkreuzt, sodass sich ein Dreieck ergab. Sie summten eine monotone Melodie und schaukelten dabei ihre Oberkörper leicht vor und zurück.
Elizabeth atmete zittrig durch. Mit den Fingerspitzen trommelte sie nervös auf ihren Schenkeln herum. Wie sollte sie sich nur entspannen? Sie schloss die Augen und versuchte, sich auf eine gleichmäßige Atmung und einen ruhigen Herzschlag zu konzentrieren.
Sobald sie das Gefühl hatte, ihre Nerven einigermaßen unter Kontrolle zu haben, blickte sie ihrem Spiegelbild vor sich in die dunklen, glimmenden Augen. Sie sah eine fremde junge Frau vor sich. Eine Frau, die an ihre Grenzen gebracht worden war, und die trotz allem entschlossen schien, wenn nötig diese Grenzen ohne zu zögern zu überschreiten.
Sandra entzündete unterdessen eine Art Weihrauch und verteilte ihn in den Schalen vor den Hexen. Zuletzt stellte sie eine Schale mit der süßlich riechenden Substanz vor Elizabeth. „Tief einatmen“, wies sie leise an.
Während Elizabeth den schweren, klebrigen Rauch durch die Nase einsog und den Hustenreiz unterdrückte, der augenblicklich darauf folgte, zeichnete Sandra mit Kreide einige keltische Symbole auf den Boden, dann nahm sie ihren Platz im Zirkel ein und legte wie die anderen Hexen ihre Hände vor die Augen. Allerdings waren Sandras Handflächen komplett mit schwarzen Runen überzogen.
Schon nach wenigen Atemzügen stieg der Weihrauch Elizabeth zu Kopf, machte ihn leicht und linderte ihre Angst. In Kombination mit dem monotonen Summen des Zirkels fiel es ihr gar nicht mehr schwer, sich zu entspannen und zu konzentrieren.
„Richte deine ganze Aufmerksamkeit auf dein Ziel, Elizabeth“, sagte Sandra leise. Ihre Stimme war weich und einschmeichelnd. „Visualisiere es. Und öffne dich für die Magie.“ Sie begann Worte zu sprechen, die Elizabeth nicht verstand und die von den Hexen, die sich nun an den Händen hielten, rhythmisch und voller Inbrunst wiederholt wurden. Es waren seltsam wohlklingende Worte, die, auch wenn sie Elizabeth fremd waren, ein positives Echo in ihrer Seele hinterließen.
Ihr Kopf, nein, ihr ganzer Körper, fühlte sich zunehmend leichter an. Es war, als glitt sie ohne jedes Zeitgefühl auf sanften Wellen dahin.
Dann sah sie es tatsächlich. Fasziniert beobachtete sie ihm Spiegel vor sich, wie der weiße Rauch aus den acht Schälchen immer dichter wurde, und ihre eigene Gestalt darin langsam verschwand. Wenig später schien die gesamte Spiegelfläche nur noch aus undurchdringlichen, wogenden Schwaden zu bestehen.
Aber schon lichtete sich der Rauch, als würde Wind ihn vertreiben, und die Spiegelfläche wurde vollkommen klar. Ihr Spiegelbild war jedoch nur schemenhaft, als vager Umriss zu erkennen. Deutlich sah sie hingegen den Standspiegel, der sich direkt hinter ihr befand, und darin die Spiegelung ihres Rückens.
Sie konnte durch sich hindurchsehen.
„Halte es fest“, sagte Sandra nun. Elizabeth brauchte eine Sekunde, um zu begreifen, dass das Worte waren, die sie verstand. „Verknüpfe es in deinem Bewusstsein mit einem glücklichen Gedanken oder einer Erinnerung. Mit etwas, das du leicht heraufbeschwören kannst, und das dir Kraft und Selbstsicherheit verleiht.“
„Danny“, flüsterte Elizabeth, während sie sich daran erinnerte, wie es gewesen war, in seinen Armen zu sein. An die Geborgenheit, den Halt. An das Gefühl, zu Hause zu sein.
„Nutze diese Kraft“, fuhr Sandra fort. „Lass sie dich umfließen und einhüllen wie einen Mantel. Zieh sie enger um dich, bis sie zu einer zweiten Haut wird.“
Elizabeth stellte sich vor, wie sich die Kraft, die aus der Erinnerung rührte, um sie legte wie ein mächtiges Schutzschild. Unbewusst griff sie nach dem Bergkristallanhänger. Doch sobald ihre Finger ihn berührten, wurde ihr schwindelig, und sie schloss keuchend die Augen.
Auf einmal herrschte um sie herum vollkommene Stille, als befände sie sich alleine im Raum. Kein Atemzug war zu hören.
Verwirrt öffnete sie wieder die Augen und zuckte mit einem überraschten Aufschrei zurück. Denn in der Sekunde als sie die Augen aufschlug, zerbarst der Spiegel, und die Scherben regneten klirrend zu Boden.
„Das war´s“, erklärte Sandra zufrieden, erhob sich und trat zu Elizabeth. Warm lächelnd half sie ihr auf die Beine. Sie nahm den Bergkristall zwischen Daumen und Zeigefinger und hob ihn etwas an. „Solange du das um den
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