Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
und der verrueckte Maler

und der verrueckte Maler

Titel: und der verrueckte Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Johanna Henkel-Waidhofer
Vom Netzwerk:
hatte.
    Justus atmete tief durch, schloss die Augen und machte sie wieder auf.
    Über ihm stand Tante Mathilda. Das Gewehr zielte direkt auf den Bauch ihres Neffen, der wie gekreuzigt auf dem Boden lag, unfähig, mehr zu tun, als die Beine anzuziehen.
    »Gerechter Himmel! Was haben die Halunken mit dir gemacht?«, rief Tante Mathilda. Sie beugte sich nieder und zerrte Justus den Knebel aus dem Mund. Mehr als ein Ächzen kam nicht als Antwort. Tante Mathilda hockte sich im Schneidersitz neben Justus, hob seinen Kopf sachte hoch und legte ihn in ihren Schoß.
    Wie ein Baby, dachte Justus und entschied sich, es zu genießen. In den Fingerspitzen begann es zu kribbeln. Langsam kam das Blut zurück. Justus sah er sich um. Drüben, im Mondlicht, stand der Campingwagen, unversehrt.
    »Das war verdammt knapp«, flüsterte Justus. Seine Lippen machten noch nicht richtig mit, sodass die Worte nur verstümmelt herauskamen. Aber Tante Mathilda verstand. Sie schüttelte die Faust in die Richtung, in der die ungebetenen Besucher verschwunden waren.
    »Mit der zweiten Kugel im andern Lauf«, knurrte sie, »hätte ich sie alle drei auf einmal erwischt.« Sie tippte sich mit dem Finger an die Stirn. »Vorausgesetzt natürlich, da ist überhaupt noch eine Kugel drin.« Sie hob die Flinte in die Höhe.
    »Nicht! Es ist doch mitten in der Nacht«, brachte Justus mühsam hervor. Er rollte seinen Kopf aus ihrem Schoß. Aber Mathilda Jonas drückte schon ab. Der Donner blieb aus. Nichts war zu hören als das Klicken des Abzugs.
    Im selben Augenblick fiel Justus ein, an wen ihn der Laufstil erinnerte, in dem der Schweigsame den Maskierten auf der Flucht überholt hatte. »Das war Alex Hamilton«, flüsterte Justus. Diesmal verstand Tante Mathilda ihn nicht.
    Zehn Minuten gab er sich zur Erholung, dann drehte Justus im Trab zwei Ehrenrunden über den Schrottplatz. Jeder Schritt schmerzte, aber offensichtlich hatte er keine bleibenden Schäden davongetragen. Dann ging er mit Tante Mathilda ins Haus, legte sich in sein Bett und schlief bis zum späten Vormittag.
    Gegen zehn Uhr stand Tante Mathilda mit Frühstück und dampfendem Kaffee wieder vor ihm.
    »Ohne dich wäre unser Campingwagen jetzt ein Häufchen Asche«, sagte Justus und setzte sich stöhnend im Bett auf. »Ich bin richtig stolz auf dich.« Weniger stolz war er auf sich. Diesen drei Burschen ausgeliefert gewesen zu sein, das war auch ein bisschen demütigend gewesen.
    Als Tante Mathilda die blau und dunkelrot unterlaufenen Stellen an Justus’ Armen sah, stieß sie einen Entsetzensschrei aus.
    »Was ist denn jetzt schon wieder?« Onkel Titus kam herein. Er hatte von den Ereignissen dieser Nacht nichts mitbekommen, nicht einmal den krachenden Warnschuss. Wenn er schlief, dann schlief er.
    »Nichts ist los. Aber sieh dir deinen armen Neffen an.« Tante Mathilda wies genauso anklagend auf Justus wie ein paar Tage vorher auf das gelbe Gemälde in ihrer guten Stube. »Diese Verbrecher!«
    Onkel Titus staunte nicht schlecht, als Tante Mathilda ihm wortreich die ganze Geschichte erzählte. Sie war sehr zufrieden mit sich und sah so aus, als würde sie sich am liebsten gleich mit der nächsten skrupellosen Bande anlegen. Onkel Titus sparte nicht mit Lob für seine Frau.
    Was diese drei Halunken anging, dachte Justus, hatte Tante Mathilda natürlich vollkommen recht. Das würden sie ihm noch büßen müssen. Als er in ein den Vollkorn-Toast beißen wollte, merkte er erst, wie geschwollen und empfindlich seine Lippen durch diesen widerlichen Knebel geworden waren.
    »Hat keinen Zweck. Es tut noch zu weh.« Seine Stimme klang ziemlich kläglich. Er schob den Teller beiseite und begnügte sich mit einem Schluck aus der Kaffeetasse. Es brannte höllisch.
    Onkel Titus zwirbelte seinen Schnurrbart. »Bob und Peter haben sich angesagt. Um zwölf Uhr mittags ist Kriegsrat.« Er nickte Justus aufmunternd zu und ging hinaus. Justus fiel ein, dass »Zwölf Uhr mittags« mit Gary Cooper Titus Jonas’ Lieblingsfilm war.
    »Das war ein Fehler. Den hätten die besser nicht gemacht.« Bob war empört. Ein Brandanschlag auf den Campingwagen, also auf das Hauptquartier der drei ???, das ging nun doch entschieden zu weit. Peter war genauso wütend. Justus hatte nur ein Stück seine Ärmel hochzukrempeln brauchen. »Mitten in der Nacht einen im Schlaf zu dritt überfallen und misshandeln«, rief Peter, »das ist ja wohl das Letzte!« Auch Onkel Titus war voller Tatendrang. »Die haben ihren Spaß gehabt.

Weitere Kostenlose Bücher