Und der Wind erzaehlt von Zaertlichkeit
sich wieder zu Wort meldete.
»Connor?«
»Ja?«
»Hast du mich je weinen oder in Ohnmacht fallen sehen?«
»Nein.« Aber wie auch, dachte er. Sie kannten sich ja erst wenige Tage.
»Dann erkläre mir doch bitte, warum du mich beleidigt hast. Das interessiert mich wirklich brennend.«
Er gab keine Antwort.
Das machte Brenna auch nicht glücklicher. Wenn er es schon nicht erklären wollte, dann konnte er sich wenigstens entschuldigen. Aber natürlich würde er das nicht tun. Er war ja zu stur, als daß er je zugäbe, daß er sich getäuscht hatte.
Ihm zu beweisen, wie sehr er sich irrte, mußte ausreichen, ihren Stolz wiederherzustellen. Und das durfte kein Problem darstellen. Sie war schließlich gut erzogen worden und wußte genau, was von ihr erwartet wurde. Sie würde Connor schon zeigen, wie furchtlos sie war. Sie würde seinen Bruder bestimmt mögen; schließlich war er nun Teil ihrer Familie! Und wenn sie sich benahm, immer nur dann redete, wenn man sie dazu aufforderte, und sich stets bescheiden und brav gab, dann würde er auch sie mögen, dessen war sie sich gewiß.
Kurze Zeit später kam die Festung in Sicht. Ihr stockte der Atem, als sie das beeindruckende Gebäude in voller Pracht sehen konnte. Eine riesige Steinmauer umgab die Festung, deren Errichtung bestimmt ein halbes Jahrhundert gedauert hatte. Zwei Soldaten, die so kalt und abweisend wie die Mauer selbst wirkten, beobachteten sie, als sie die Zugbrücke überquerten.
Brenna fand es ein wenig seltsam, daß sie Connor nicht ansprachen, kam jedoch dann zu dem Schluß, daß sie es wahrscheinlich ohne seine Erlaubnis nicht wagten.
Hunderte von ähnlich beängstigenden Soldaten warteten innerhalb der äußeren Mauern. Auch hier begrüßte niemand den Laird.
»Ist einer von den finster dreinblickenden Männern vielleicht Euer Bruder?«
»Nein.«
»Ist es hier immer so still?«
»Nein.«
Connor hatte keine Lust, sich weiter auszulassen. Da er nichts weiter zu sagen gedachte, beschloß sie, seinem Beispiel zu folgen und ebenfalls zu schweigen. Sie hätte es auch bestimmt noch länger durchgehalten, wenn sie nicht die wunderschönen Blumenbeete entdeckt hätte, die den inneren Hof schmückten.
»Oh, wie hübsch«, flüsterte sie entzückt. »Wer hat die Blumen angepflanzt?«
»Jamie.«
Sie riß sich zusammen, um ihn nicht zu schütteln. »Ich hoffe, man hat ihn für seine Arbeit angemessen belohnt.«
»Nicht seine, ihre« , verbesserte Connor sie. »Und tritt bloß nicht drauf, sonst ist die Hölle los.«
»Die Dienstboten haben hier also etwas zu sagen?«
»Jamie ist keine Dienerin. Sie ist die Herrin des Hauses.«
Sie wäre vermutlich vom Pferd gefallen, wenn Connor sie nicht festgehalten hätte. »Herrin?«
»Du wirst sie mögen.«
Diesmal riß sie sich nicht zusammen. »Ich werde sie nicht mögen! Ihr müßt sie wegschicken, Connor. In meinem Haus kann es nur eine Herrin geben.«
»Jamie ist die Herrin von Alecs Haus.«
»Und warum pflanzt sie dann Blumen für dich? Das ist zwar sehr nett von ihr, aber ich verstehe es trotzdem nicht.«
Connor begriff endlich, daß hier ein Mißverständnis vorlag. »Das ist nicht mein Haus, Brenna. Wir befinden uns auf Alecs Land. Ich begreife gar nicht, wieso du etwas anderes annehmen konntest.«
Sie hätte am liebsten laut gekreischt, wagte es aber nicht, mehr als ein Flüstern hervorzubringen, da die Soldaten keinen Blick von ihnen ließen. »Ich kann Euch genau sagen, wie ich darauf kam«, zischte sie. »Man hat mir gesagt, wir ritten nach Hause, deswegen dachte ich, wir täten genau das, und da niemand es für nötig gehalten hat, mich darüber aufzuklären, daß Ihr Eurem Bruder einen Besuch abstatten wolltet, habe ich selbstverständlich angenommen, dies wäre Euer Zuhause.«
»Das ist es nicht.«
»Soviel habe ich inzwischen auch schon begriffen«, sagte sie. »Es wäre rücksichtsvoller gewesen, mich vorher darüber aufzuklären.«
Der Hof füllte sich rasch mit Soldaten, die alle ein Plaid trugen, dessen Farben denen des MacAlister-Clans sehr ähnlich waren. Sie wußte schon jetzt, daß sie sie im Handumdrehen verwechseln würde.
Alle Anwesenden starrten Connor und sie an. Brenna richtete sich gerade auf und blickte stur geradeaus, während sie versuchte, eine freundlich-gelassene Miene beizubehalten. Es war nicht gerade die herzliche Begrüßung, die sie sich insgeheim erhofft hatte. War denn jeder, der in den Highlands lebte, schlechtgelaunt? Diese Soldaten waren es ganz
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