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Und die Goetter schweigen

Und die Goetter schweigen

Titel: Und die Goetter schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Janson
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Nase sah aus der verschlissenen Flickendecke hervor. Wie konnte man so etwas mit einem kleinen Kind machen? Vorsichtig hob er Linda hoch und nahm sie in den Arm. Sie war unnatürlich kalt. Er suchte nach einem Puls am Hals, fand ihn aber nicht. Er versuchte mit der Hand über dem Gesicht des Kindes zu fühlen, ob er ein Atmen spüren konnte. Die Tür wurde geöffnet. Die Leute vom Krankenwagen übernahmen. Arvidsson blieb mit hängenden Armen, schwer wie Blei, stehen. Die Tränen liefen, kühlten seine Wangen. Maria! Wie würde sie das verkraften? Das Kind wurde in den Krankenwagen getragen. Arvidsson hörte, wie der Rettungssanitäter das Krankenhaus anrief: »Sie atmet schwach. Sie lebt!«

EPILOG
    Mit hocherhobenem Kopf betrat Disa Månsson den Gerichtssaal. Untadeliges graues Wollkostüm und weiße Bluse. Der lächerliche Kerl von Rechtsanwalt hatte sie nicht einschüchtern können. Im Gegenteil. Sie brauchte ihm nur ein wenig ins Gesicht zu pusten, damit sein Blick flackerte, und dann trat er schon ängstlich einen Schritt zurück. Er traute sich nicht einmal, mit ihr allein zu sein, der kleine Scheißer. Zwei große starke Männer hatte er jedes Mal mitgebracht, wenn er zu ihr kam. Weswegen sollte sie verurteilt werden? Den Zweikampf hatte es zu allen Zeiten gegeben. Kampf und Streit waren etwas Ehrenvolles! Sie hatte denen doch nur Gutes getan. Odins Walküren hatten sich derer angenommen, die gekämpft hatten und gefallen waren. An den anderen beiden hatte sie Rache genommen, wie es die Sitte erforderte: Auge um Auge, Zahn um Zahn und Leben für Leben. Den gebrochenen Eid hatte sie gerächt. Das war ihre Pflicht, ihre ehrenvolle Aufgabe. Der brillengeschmückte kleine Wurm hatte gesagt, dass er vor Gericht wohl keinen Freispruch erreichen würde. Der feige Lügenbold! Vielleicht würde sie von der Anklage der Kindesentführung freigesprochen, hatte er gesagt. Die Mutter hatte ihr krankes Kind ja schließlich freiwillig weggegeben. Das konnte zumindest als mildernder Umstand gelten, vielleicht. Wo die Mutter doch jetzt wieder mit der Kleinen vereint war und es so aussah, als ob sie durchkommen würde. Aber wegen Mordes würde sie verurteilt werden, mit etwas anderem war nicht zu rechnen. Der wusste doch überhaupt nichts von Recht und Gesetz, dieser kleine Wurm.

    Disa Månsson blickte dem Richter tief in die Augen und setzte sich würdevoll auf die Anklagebank. Wenn diese traurige Formalität nur erst vorbei war, würde sie nach Hause auf den Hof fahren, nach Hause zu Henrik Månsson.

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