und ein Hund mit Herzklopfen
waren, dann könnte ich noch heute mit meinem Mofaführerschein anfangen und mir von dem Geld in meinem Sparschwein ein Mofa kaufen. Der Bruder von Rosanna hat gerade eines gekriegt, kanarienvogelgelb. Sieht superschön aus. Ich würde mir aber noch Blümchen draufkleben. Wenn ich das später Mama sage, sagt sie bestimmt, ich rede Quatsch. Also erzählt Kassi auch Quatsch.“
Irgendwie finde ich meine kleine Schwester megacool. Ich weiß zwar, dass sie gerade totalen Blödsinn redet, aber Kassia scheint sie damit auf die Palme zu bringen. Und das gefällt mir in diesem Moment richtig gut.
Kassia schüttelt unwillig ihren Kopf. „ Du redest Quatsch, völligen Quatsch. Wie immer verdrehst du alles.“
Jule tanzt übermütig weiter. „Ich hab ’nen Drehwurm, ich hab ’nen Drehwurm, ich hab ’nen Drehwurm. Fünf Sekunden, fünf Minuten, fünfzig Stunden …“
Ich kann es mir nicht verkneifen, wie verrückt loszukreischen.
Durch meine Lachtränen sehe ich an Kassias wütendem Blick, dass sie gerade dabei ist, ihre Rakete zu starten und in den Orbit zu düsen. Na, da oben findet sie bestimmt jede Menge Material für ihren Alien-Test.
„… fünfhundert Tage, fünftausend Jahre …“, nervt Jule immer weiter und tanzt um uns herum.
Kassia schnauft wie eine Dampflok. Sie ist strikt gegen Gewalt. Aber im Augenblick würde sie Jule bestimmt gerne eine runterhauen.
„Alle Passagiere bitte anschnallen“, sage ich kichernd. „Käpt’n Kassia bereit machen für die Umlaufbahn …“
Plötzlich schnappt sich Kassia mein Glas mit der Apfelschorle und kippt den Inhalt direkt vor meine Füße. „Ihr seid total blöde Gänse!“, schreit sie mit Tränen in den Augen. „Ich will ins Internat und zwar sofort. Mit euch will ich keine Sekunde länger unter einem Dach wohnen.“ Sie stampft wie ein Rhinozeros auf dem Küchenfußboden herum.
Ich erkenne deutlich, dass Jule und ich den Bogen überspannt haben. Kassia hasst es, wenn man sie auslacht. Aber manchmal kann ich einfach nicht anders. Kassia mal aus ihrer schlauen Haut fahren zu sehen, finde ich ungemein entspannend.
Gerade als Kassia anfängt, wahllos auf Jule und mich einzuboxen, dreht sich der Schlüssel im Schloss der Haustür. Gleichzeitig klingelt jemand Sturm.
„Hallooooo!“, ruft unsere Mutter in ziemlicher Lautstärke. „Keiner da? Habt ihr mein Hupen nicht gehört? Besu-u-uch ist da!“
Im selben Augenblick ertönt merkwürdigerweise Hundegebell.
„Paula!“, kreische ich so höllisch laut los, dass sich meine Stimme dabei überschlägt. „Paula! Paula ist gekommen!“
Ich poltere in Lichtgeschwindigkeit die Treppe hinunter, falle der Länge nach über ein schwarz-weiß gesprenkeltes wie verrückt bellendes Etwas und schieße mit dem Kopf voran in Mamas Schuhschrank, der neben dem Eingang steht.
Unsere Mutter liebt Schuhe. Gerade purzeln sie mir dutzendweise auf den Kopf. Der Kläffer, der meinen Unfall verursacht hat, schnappt sich eine grün-rote Sandale, die ich noch gar nicht an Mamas Fuß gesehen habe, und kaut begeistert darauf herum.
„Oh nein. Die sind noch ganz neu. Gib sofort her!“, schreit Mama entgeistert. Sie greift energischin das sabbernde Hundemaul und versucht, die Sandale zurückzuerobern.
„Daisy! Stop! Stop! Daisy! Stop!“ Paula hat nicht mehr Erfolg als Mama.
„Vielleicht glaubt der Schnuffel, dein Schuh ist eine Tulpe, Mama“, mischt sich Jule ein. „In Sachkunde haben wir gelernt, dass manche Hunde gerne Pflanzen fressen.“
Unsere Mutter schüttelt ärgerlich den Kopf. „Was ist das denn schon wieder für ein Unsinn? Hunde sind Fleischfresser und damit basta. Blumen und Lederschuhe gehören nicht in den Hundenapf.“
Während Mama und der Daisy-Schnuffel weiter um die Sandale kämpfen, fallen Paula und ich uns in die Arme. Am liebsten würde ich vor Freude eine Runde weinen, aber das geht einfach nicht, wenn man schon fast dreizehn Jahre alt ist.
„Ich bin total erschossen“, stöhnt Paula. „Daisy hat die ganze Zeit gebellt. Ich hab mich so für sie geschämt. Sie hat sogar einem Mann das Käsebrot weggeschnappt. Aber da war auch ihr Lieblingskäse drauf.
Weil er echt sauer war und Daisy beim Schaffner verpetzen wollte, habe ich ihm meine leckere Schokolade geschenkt. Dabei war der eh schon so dick.“ Sie verdreht die Augen.
„Du kannst meine Schoki kriegen, ich habe noch einen ganzen Osterhasen in meinen Winterstiefeln versteckt!“, ruft Jule und umarmt Paula zutraulich. „Hast du Angst
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