und ein Kater mit Koepfchen
Sekunde in meine einzelnen Atome zersprengen wird.
„Äh … ja … nein“, stammelt Jonas. „Nein, darfst du nicht. Ist nämlich geheim.“
Es ist heute echt nicht besonders warm, aber Jonas läuft ein Rinnsal Schweiß von der Stirn und tropft unübersehbar auf den gepflasterten Schulhofboden.
„So, so. Geheim“, wiederholt Kassia und wackelt so heftig mit dem Kopf wie das Kasperle im Puppentheater. „Das steht vermutlich noch mit dieser Sauerstoff-Luft-Geschichte von heute Morgen im Zusammenhang, oder?“
Jonas schaut Kassia an, als ob sie komplett verrückt geworden wäre, und ich kann ihn sehr gut verstehen. „Häh?“
„Häh“ scheint momentan Jonas’ und mein Lieblingswort zu sein. Noch mehr Gemeinsames.
„Ich will nach Hause, Kassia, ich hab Hunger“, sage ich ungeduldig. Vom vielen Luftanhalten klingt meine Stimme ganz rau. „Wenn du unbedingt noch weiterquatschen willst, gehe ich schon mal vor.“
Für eine Tausendstelsekunde blitzt so etwas wie Dankbarkeit in Jonas’ Augen auf. Fast kreuzen sich unsere Blicke, aber er schafft es im allerletzten Moment, seinen Kopf abzuwenden.
„Ich muss auch los“, sagt er zu Kassia. „Ich kriege heute Nachmittag Besuch.“
Allerdings. Das habe ich klar und deutlich mitbekommen. Lotta war ja nicht zu überhören.
Ich versuche, einen besonders giftigen Blick in seine Richtung zu schicken, auch wenn er mich gar nicht anguckt.
„Vermutlich willst du nicht mit mir und meiner Schwester gehen, obwohl du denselben Weg hast“, blökt Kassia so stur weiter wie die Schafe, zu denen Mama ab und zu gerufen wird.
Jonas schüttelt den Kopf und wird tatsächlich rot.
„Na gut.“ Kassia nickt. „Dann pass mal schön auf, damit du ihr nicht zufällig begegnest. Den Brief gebe ich ihr auf jeden Fall.“ Sie hält mir den Zettel hin und sagt: „Hier Maxie. Ein Brief von Jonas. Eure Hausaufgabe.“
Plötzlich ist mir alles zu viel. „Ahhhhhhh!“, kreische ich los und fetze ihr den Zettel aus der Hand. „Seid ihr eigentlich total crazy?“
Echt cool, wie Jonas schlagartig Panik kriegt. Er rennt einfach los und sagt nicht mal mehr Tschüss zu Kassia. Wahrscheinlich das Klügste, das er tun konnte. Ich kann gerade für nichts garantieren, so wütend bin ich.
„Ich eher weniger“, antwortet Kassia entspannt. „Andere deutlich mehr.“ Sie schaut mich vielsagend an und latscht einfach los.
Ich dackle ihr hinterher wie ein folgsames Haustier. Etwas anderes fällt mir nämlich auf die Schnelle nicht ein und einen Bärenhunger habe ich wirklich, wie immer, wenn ich mich aufrege.
Im letzten Moment überlege ich es mir doch noch und hebe den Zettel vom staubigen Boden auf. Diesen kreativen Erguss will ich mir nicht entgehen lassen. Ich vermute, dass Frau Glöckner ihn mit einer glatten Sechs benoten wird. Geschieht ihm recht!!
Als Kassia und ich endlich am Mittagstisch sitzen, schaufle ich sechs Pfannkuchen hintereinander in mich hinein. Wie gesagt: Stress macht mich furchtbar hungrig. Dabei wundere ich mich ein bisschen, dass es schon wieder Pfannkuchen gibt. Zweimal das gleiche Essen hintereinander – das passiert Mama sonst nie.
Jule hat ihre Freundin Rosanna mitgebracht und diese redet, ohne Luft zu holen, auf mich ein. Jule hat ihr tatsächlich weisgemacht, dass ich in der letzten Nacht Aliens getroffen hätte und jetzt supergerne zur Schule gehen würde. Auch wenn ich das entschieden abstreite, reitet sie immer weiter darauf herum.
Schließlich gebe ich auf. Es ist schon erstaunlich, wie viele Wörter aus so einem winzigen Mund wie dem von Rosanna herausschießen, ohne dass sie dafür Sauerstoff zu brauchen scheint.
Und noch viel erstaunlicher ist es, dass ich seit Kassias Vortrag in der großen Pause ohne Unterlass darüber nachdenke, wann man wie viel Luft nutzt und wofür.
Auch wenn ich es wirklich gerne anders hätte: Es geht dabei ständig um Jonas und seinen Wutausbruch. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass „Luft für jemanden sein“ doch nicht so schlimm ist, wie es sich anfühlt.
„Frau Berlin hat angerufen“, sagt Mama aus heiterem Himmel, während sie ihr selbst gemachtes Himbeereis auf Schälchen verteilt. Sie guckt genervt.
Tja, Mama und ich können es nicht verleugnen: Wir mögen die Berlins nicht besonders, mit Ausnahme von Linus natürlich. Den findet Mama superreizend.
„Sie möchte, dass ich mir Tatze mal genauer angucke“, fährt Mama fort, weil keiner von uns nachfragt, weshalb sie sich gemeldet hat.
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