und ein Kater mit Koepfchen
umgekehrt. „Maxie. Was … ist … Luft? Wofür braucht man sie? Hörst du im Unterricht eigentlich jemals zu?“
Ich versuche, gleichmäßig aus- und wieder einzuatmen, damit ich nicht mitten auf dem Schulhof platze.
„Genau“, fährt Kassia ungerührt fort. „Du atmest gerade Luft ein, und zwar jede Menge. Luft ist nämlich Sauerstoff, und den braucht man, damit man nicht erstickt. Kapiert?“
Ich schüttle den Kopf. Aber Kassia ist es ja gewöhnt, dass ich bei solchen Fragen auf dem Schlauch stehe.
„Luft braucht man zum Leben. Anders herum: Wer keine Luft hat, stirbt. Wenn Jonas also zu dir sagt, dass du ab heute Luft für ihn bist, meint er eigentlich, dass er ohne dich nicht leben kann. Oder? Und das ist ziemlich cool.“ Sie schaut mich so zufrieden an, als ob sie gerade mit einem Alien heiße Schokolade getrunken hätte. Oder so etwas in der Art.
Mir fällt dazu erst einmal gar nichts ein. Ein erfrischendes Lüftchen kommt auf und ich atme tief durch. Das tut gut.
„Merkst du es?“, sagt Kassia. „Einmal richtig Luft tanken, und schon geht es dir besser.“
Auch wenn Kassias Theorie ein wenig irre klingt – ich würde sie supergerne glauben. Zum Glück fällt die Deutschstunde bei Frau Glöckner heute aus und wir müssen uns alleine beschäftigen. So kann ich ganz in Ruhe, und ohne dass mich ein Lehrer stört, darüber nachdenken.
Als ich nach sechs Stunden Schule endlich nach Hause darf, bin ich leider immer noch nicht schlauer. Das Einzige, was ich mit Sicherheit weiß: Jonas hat mich kein einziges Mal angeguckt. Nicht einmal heimlich.
Er hat den ganzen Vormittag einfach nirgends hingeguckt, außer auf seine Schulsachen. Ich habe schon angefangen, mir Sorgen zu machen, dass seine Augen stecken bleiben. Auch mit Lotta hat er nicht gequatscht, und davon war diese gar nicht begeistert. Das habe ich genau gesehen, denn ich habe ständig zu Jonas rübergeguckt.
„Tschüss, Jo“, ruft Lotta, als es zum Unterrichtsende klingelt. „Ich komm am Nachmittag mit meinem neuen Fahrrad bei dir vorbei. Ich möchte super gerne mit dir an diesen See fahren. Aber vorher gehe ich mit Mama schicke Möbel für mein Zimmer aussuchen. Dann kannst du bei uns übernachten.“
Hören sich ja echt toll an, Lottas Pläne. Mir wird schlecht. Wenn Jonas ausgerechnet Lotta unseren geheimen Ankerplatz zeigt, an dem das himmelblaue Boot liegt, das wir reparieren wollen, dann ticke ich aus.
„Maxie! Ich hab auf dich gewartet!“, ruft Kassia mir entgegen, als ich als Letzte aus unserer Klasse über den Schulhof schlurfe. Sie guckt Lotta neugierig hinterher, die – stehend in die Pedale tretend – auf die Hauptstraße fährt. Das Fahrrad hat einen pinkfarbenen Ledersattel, voll peinlich.
„Na, wie war es?“, fragt sie mich, kaum dass ich bei ihr bin.
„Was denn?“
„Na, mit … Jonas.“ Sie flüstert seinen Namen, weil er in diesem Augenblick geradewegs auf uns zukommt. Wir starren ihn beide an.
„Hallo, Kassia“, sagt er und schafft es tatsächlich, mich dabei komplett zu ignorieren.
„Kannst du diesen Brief mal deiner älteren Schwester Maxie geben? Ist nichts Privates, nur unsere Deutsch-Hausaufgabe.“ Er drückt ihr einen Zettel in die Hand, der ungefähr die Größe einer Briefmarke hat und nicht einmal in einem Umschlag steckt.
„Klar, mache ich, aber warum gibst du ihn ihr eigentlich nicht selbst?“, antwortet Kassia. „Sie steht nämlich direkt neben mir.“ Sie zeigt mit dem Finger auf mich.
Es gibt niemanden auf diesem Planeten, der so gestrickt ist wie Kassia. Davon bin ich fest überzeugt. Gerade stellt sie es mal wieder unter Beweis. Wie kann man in einem solchen Augenblick nur so sachlich bleiben? Ich selbst sammle jede Menge Sauerstoff in meiner Lunge, damit ich nicht wütend losbrülle.
„Ähm“, sagt Jonas und hält die Luft an. Anscheinend geht es ihm genauso. Ein paar Gemeinsamkeiten haben wir also immer noch, auch wenn er mich gerade hasst und ich ihn leider nicht.
„Ähm. Ich bin zu beschäftigt, um ihn ihr selbst zu geben.“
Oh Mann. Jonas’ Ausreden holpern genauso doll wie sein völlig missglückter Rap-Text. Damit kommt er bei Kassia nie im Leben durch.
„So, beschäftigt“, antwortet sie auch direkt wie aus der Pistole geschossen. „Und womit, wenn ich fragen darf?“
Abgesehen davon, dass ich kurz vor dem Ersticken bin, weil ich immer noch nicht atme, überkommt mich plötzlich ein gigantischer Kicheranfall, der mich vermutlich in der übernächsten
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