und ein Kater mit Koepfchen
stürzt Jonas aus der Tür und rennt mich fast über den Haufen.
„Maxie, ich muss unbedingt mit dir reden“, keucht er und zerrt mich hinter sich her zu unserem Versteck im Garten bei den Kaninchen. Er vergewissert sich, dass Lukas und Jule außer Hörweite sind, dann sagt er aufgeregt: „Ich habe einen Brief gekriegt!“
„Wieso?“, frage ich scheinbar verwundert. „Ich habe meinen doch gerade erst eingeworfen. Hast du deinen schon fertig?“ Natürlich weiß ich, dass er noch gar nicht angefangen hat. Aber Jonas darf auf keinen Fall wissen, dass ich ihn beobachte.
„Nein“, antwortet er ungeduldig. „Einen richtigen Brief!“
Also, ich finde, mein Brief ist auch schon ein richtiger Brief. Mit Anrede, Einleitung und Schluss. Der Mittelteil ist vielleicht etwas zu kurz geraten, aber sonst nicht übel für den Anfang. „Und was für ein Brief ist das dann?“, frage ich scheinbar höchst gelangweilt. Dabei platze ich schon fast vor Neugier.
„Von meiner Mutter!“, ruft er aufgebracht.
Also doch. Wenigstens kein Erpresserbrief. Ich bin echt erleichtert. „Ein Glück!“, rutscht es mir heraus.
„Wieso?“, fragt Jonas verwirrt.
„Na ja“, sage ich. „Man weiß ja nie so genau, es hätte ja auch … was Schlimmes drinstehen können.“
Jonas schüttelt ungeduldig den Kopf. „Aber es steht ja was Schlimmes drin“, sagt er.
„Und was?“ Ich tippe jetzt felsenfest auf Geschwisterkind oder Heirat oder beides.
„Meine Mutter will jetzt doch, dass ich zu ihr ziehe“, sagt Jonas. „Sie vermisst mich so doll, dass sie nicht ohne mich auskommt, schreibt sie. Lukas soll aber bei Papa bleiben, damit der nicht plötzlich ganz alleine ist.“
Ich habe schlagartig das Gefühl, dass mich jemand an den Haaren hochzieht und durch die Luft wirbelt, bis mir ganz schwindlig wird. Das ist gar nicht angenehm!
„W-w-was?“, stottere ich. „Für immer?“
Jonas zuckt mit den Achseln. „Erst einmal für ein halbes Jahr oder so. Damit ich gucken kann, ob es mir gefällt.“
„Und wann?“ Ich würde Jonas am liebsten bitten, mich in den Arm zu kneifen, damit ich herausfinden kann, ob ich das hier gerade träume oder ob es echt ist.
„Am liebsten sofort“, sagt er und guckt dabei ziemlich verwirrt.
„Aber das geht nicht!“, höre ich mich plötzlich aufgeregt sagen. „Wir müssen doch diesen Brieftest bestehen, sonst bleiben wir sitzen. Du kannst doch nicht einfach mitten im Schuljahr los.“ Ich kriege eine Stinkwut auf Jonas’ Mutter. Erst kümmert sie sich gar nicht um Jonas und dann kann es ihr gar nicht schnell genug gehen.
„Wenn ich in Amerika in die Schule gehe, ist es egal, dass ich schlecht in Deutsch bin“, sagt Jonas schließlich. „Und darüber, dass ich in Englisch auch schlecht bin, wird niemand meckern, weil ich gerade aus Deutschland komme. Eigentlich ziemlich cool!“ Er grinst.
„Also, ich finde das total doof“, sage ich. „Ähm, dein Argument mit Deutsch, meine ich. Ob du nach Amerika gehst oder nicht, musst du selbst wissen.“ Mir wird ganz schummrig. Nicht dass Jonas jetzt denkt, ich fange an zu flennen, nur weil er mal eben nach Amerika auswandert. Schließlich wollte er das doch von Anfang an.
„Klar muss ich das selbst wissen“, sagt er gereizt. „Ich hab dich auch nicht um Rat gefragt. Du wolltest mich ja eh schon immer loswerden.“
Das stimmte zwar mal, aber jetzt nicht mehr unbedingt. Doch das binde ich ihm lieber nicht auf die Nase, sonst wird er noch größenwahnsinnig. Jungs sind so. Das kann man überall nachlesen.
„Immer mit der Ruhe“, sage ich. „Entspann dich und sprich mit deinem Vater. Der hat ja schließlich auch noch ein Wörtchen mitzureden.“
Sebastian Pfeffer wird tierisches Theater machen, jede Wette. Er wird Jonas nicht einfach so ziehen lassen. Ich freue mich schon jetzt auf seinen Wutausbruch. Wenn Herr Pfeffer sauer ist und herumtobt, sieht er nämlich gar nicht furchterregend aus, sondern eher urkomisch. Meistens passiert ihm dann auch noch etwas, worüber man lachen muss: Mamas Mäuse pinkeln auf seine Noten, Eddy kaut an seiner Jacke herum oder er stolpert über unseren Kater Chili. Eigentlich ganz sympathisch.
„Stell dir mal vor, das werde ich garantiert machen“, antwortet Jonas so zickig, wie eigentlich nur ich mich aufführe.
„Okay, man sieht sich“, sage ich lässig. „Spätestens morgen in der Schule. Mein Brief ist übrigens schon in deinem Briefkasten. Ich würde an deiner Stelle auch einen schreiben.
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