und ein Kater mit Koepfchen
anders überlege. Schließlich sitzen wir beide im selben Boot.
Ich düse die Treppe in einem Affenzahn nach unten und nutze den Schwung, um über das letzte Stück des Geländers bis ins Erdgeschoss zu rutschen. Die Villa ist echt cool. Leider hat sich Jule gleich am ersten Tag bei einer solchen Rutschpartie den Eckzahn rausgehauen. Hatte die ein Glück, dass es noch ein Milchzahn war. Weil sie so geweint hat, wurde sie noch nicht einmal ausgeschimpft. Zweimal Glück. Und Herr Pfeffer versprach ihr eine Doppelstunde Schlagzeug. Dreimal Glück.
Jule ist eben in allem ein richtiger Glückspilz. Selbst in Deutsch hat sie eine Eins mit Sternchen. Ich dagegen stolpere von einer Pechsträhne in die nächste. Das war schon immer so. Trotzdem – wie schon gesagt – habe ich dieses kleine Biest gern.
Die Wohnzimmertür ist zwar zu, aber ich höre meinen Musiklehrer klimpern. Klimpern … Ich kichere leise vor mich hin. Dieses Wort benutze ich natürlich nur ganz heimlich. Schließlich ist er ein richtig guter Pianist. Gerade hört es sich aber wirklich mehr an wie klimpern . Gut zu wissen, dass auch solche Leute ab und zu mit einem Finger üben.
Ahhhhh! Das klingt jetzt aber sehr schräg.
Im selben Augenblick sagt Sebastian Pfeffer: „Super. Das war schon ganz toll, mein Schatz! Du schaffst das, da bin ich mir sicher.“
Mir wird vor Schreck ganz heiß. Mit wem spricht mein Musiklehrer denn so? Leider fällt mir nur ein einziger Mensch in unserem Haus ein, und das ist meine Mama.
Das geht echt zu weit. Was versteht die Pfefferbacke denn unter Gastfreundschaft? Wütend reiße ich die Tür sperrangelweit auf, stürme ins Wohnzimmer und brülle: „Na, was macht ihr Turteltäubchen da?“
„Krahkrahkrah!“ Herr Schiller erhebt sich mit gesträubtem Gefieder von den Tasten des Flügels und segelt gegen den Kronleuchter.
Die vielen geschliffenen Kristallspiegel klingeln leise, als er sie streift. „Krahkrahkrah!“, schimpft er in meine Richtung und wackelt aufgeregt mit dem Kopf.
„Ma-Ma-Maxie!“, stottert Herr Pfeffer verlegen und wird tatsächlich ein wenig rot. „D-d-du hast uns aber erschreckt. Machst du das öfter? Wir haben hier bloß ein wenig herumexperimentiert. Stell dir nur vor, Herr Schiller kann ganz alleine die Tonleiter spielen. Er ist wirklich ein Wundervogel.“
Oh ja. Das glaube ich Herrn Pfeffer aufs Wort.
Ich dagegen bin ein echtes Rindvieh. Wie konnte ich nur eine tausendstel Sekunde glauben, dass ausgerechnet Sebastian Pfeffer zu meiner Mutter Schatz sagt? Anscheinend hat mir diese Tagebuch-Schreibaktion komplett den Verstand vernebelt. Ich bin fix und fertig.
„Ah…ah…ah…“, stammle ich statt einer Antwort und wünsche mir nichts sehnsüchtiger als eine Tarnkappe.
„Krahkrahkrah!“, schreit Herr Schiller und zerbeißt vor Wut einen Kristall.
„Toll!“, quetsche ich schließlich heraus. „Wirklich toll. Ich bin leider etwas in Eile.“ Ich schiebe mich rückwärts zur Tür, um einfach wieder zu verschwinden.
„Halt!“, ruft Herr Pfeffer energisch.
Ich bleibe wie erstarrt stehen und halte die Luft an. Jetzt wird er mir sicher doch noch den Kopf waschen. Schließlich habe ich mich vollkommen unverschämt aufgeführt.
„Es gibt da allerdings ein ziemliches Problem“, sagt Herr Pfeffer und runzelt besorgt die Stirn. „Die Oberfläche der Tasten ist aus kostbarem Elfenbein. Mit seinem Schnabel wird Herr Schiller sie früher oder später zerkratzen oder sogar ganz kaputt machen. Vielleicht hast du ja eine Idee, wie man das verhindern könnte?“
Ich pruste die Luft erleichtert aus. Das Dampflok-Geräusch stimmt Herrn Schiller nicht gerade gnädiger. Er fliegt durch das offene Fenster davon, nicht ohne mir vorher ein letztes vernichtendes „Krahhhhhh“ zuzurufen.
„Na klar“, sage ich froh. „Kein Problem. Vielleicht binden Sie ihm einfach einen Korken um den Schnabel? Oder … oder … mir fällt bestimmt noch etwas Besseres ein. Mein Kopf arbeitet jetzt schon wie verrückt an einer Lösung …“
Mein Musiklehrer nickt mir freundlich zu. „Danke, Maxie. Du bist echt toll. Auf dich ist einfach immer Verlass. Mädchen sind wirklich viel vernünftiger als Jungs.“
Ich suche so schnell wie möglich das Weite. Wenn Sebastian Pfeffer wüsste, wie es wirklich in meinen Gedanken aussieht, würde er nicht so optimistisch strahlen.
Ich rase quer durch unseren neuen gemeinsamen Garten Richtung Hexenhaus und erschrecke dabei ein paar Kaninchen beinahe zu Tode.
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