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Und fuehre mich nicht in Versuchung

Und fuehre mich nicht in Versuchung

Titel: Und fuehre mich nicht in Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera Bleibtreu
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lebhaft. «Ja, mein Leben. Das klingt vielleicht heftig, aber ich meine es so. Ich weiß, ich wäre bei Vogel zugrunde gegangen mit der Zeit. Es war wirklich verführerisch, was er einem anbot, aber bei mir, da bin ich mir eigentlich sicher, bei mir hätte das schrecklich geendet. Ich weiß genau: Als ich bei Vogel aufgehört hab, da hab ich meine Gesundheit und irgendwie auch mein Leben gerettet. Ich war nicht der Typ für Vogel, hab ich ja gesagt.»
    «Haben Sie Vogel gehaßt?» fragte Arne ihn direkt.
    «Gehaßt? Also Haß, das Wort paßt zu Vogel nicht richtig, für Haß war er viel zu distanziert. Ich kann mir nicht vorstellen, daß man ihn gehaßt hat oder daß er zum Haß fähig war. Gefürchtet habe ich ihn, das ja. Unheimlich ist er mir oft gewesen. Aber, wie gesagt, als es vorbei war, da habe ich erst mal Schwierigkeiten mit mir selbst gehabt, kam mir minderwertig vor, unfähig. Aber letztlich fühlte ich mich wie befreit.» «Herr Straubinger, können Sie sich vorstellen, warum jemand Steffen Vogel getötet haben könnte?»
    fragte Tanja. Straubinger überlegte. «Vielleicht, wenn jemand den Absprung nicht schaffte, also, wenn einer drin blieb in Vogels System und spürte, wie das ihn mehr und mehr fesselt und fertig macht, wenn einer spürte, daß es ihm den Atem abschnürte, vielleicht, daß einem solchen  Menschen Mord als einzige Lösung erscheinen könnte.»
    «Könnten Sie dieser Mensch gewesen sein, Herr Straubinger», fragte Arne hart. Straubinger schaute ihn kühl an.
    «Nein, ich bin nicht dieser Mensch gewesen. Und auch von den anderen Leuten im Team kann ich mir das nicht vorstellen. Obwohl – das lief bei Vogel im Team alles so sub-til ab, vielleicht wäre mir das gar nicht aufgefallen, daß einer innerlich so mit dem Rücken zur Wand steht.»
    Straubinger war gegangen und Tanja überlegte. «Er hat das sehr genau schildern können, wie es dem Mörder von Vogel zumute gewesen sein könnte. Macht ihn das nicht verdächtig? Was meinst du?» Arne verzog zweifelnd den Mund.
    «Hätte er es uns dann so offen erzählt?» Tanja blieb beharr-lich. «Vielleicht ist das gerade seine Strategie. Aber mir wäre auch lieber, er wäre es nicht, sympathisch wie er wirkt.» Arne dachte nach. «Du weißt doch, daß Mörder nicht unbedingt wie Mörder aussehen. Und wer weiß, vielleicht hatte dieser Mörder gute Gründe, zum Mörder zu werden. Vielleicht war es in seinen Augen Notwehr.» Tanja nickte. «Und auch wenn es für ihn Notwehr war», dachte sie, «bleibt es für uns ein Verbrechen, das wir aufklären müssen. Vor allem eines, das ich aufklären muß, wenn mir Bukarest lieb ist.

    * * *
    Zwei Stunden später lag der Obduktionsbericht vor. Tanja kaute an ihrem Zeigefingerknöchel. «Das wird ja immer komplizierter. Sie können den Todeszeitpunkt nicht genau festlegen, weil die Leiche eingefroren war. Hast du so was schon mal gehabt?» Arne schüttelte den Kopf. «Die Hähne waren auch eingefroren», sagte er. Tanja notierte sich die Angaben des Berichts. «Der Tod ist wahrscheinlich zwi schen dem 12. und dem 16. Mai eingetreten. Genauer können sie es nicht sagen. Todesursache ist eine Gehirnblu-tung, verursacht durch einen Schlag mit einem runden, harten Gegenstand gegen die Schläfe. Erst nach seinem Tod wurde der Körper zerteilt. Hierfür wurde wahrscheinlich ein kleines Beil und ein nicht allzu großes Messer verwendet, Gegenstände, die sich in jedem zweiten Haushalt finden. Vor seinem Tod wurde Vogel zusammengeschlagen, die Blutergüsse lassen den Schluß zu, daß er etwa fünf bis zehn Tage vor seinem Tod so zugerichtet wurde.» Tanja blickte zu Arne. «Hilft uns das weiter?» Arne schnaubte.
    «Wer kann schon für fünf Tage ein lückenloses Alibi aufweisen? Und wer hat eine Gefriertruhe, in die ein Mensch und 13 Hähne passen?» «Meine Mutter», antwortete Tanja lakonisch. «Sie hat sogar zwei große Truhen im Keller, die meistens bis an den Rand gefüllt sind. Mama ist gerüstet für den Fall, daß Tschernobyl noch einmal explodiert, ein Flugzeug über der Firma Nestlé abstürzt und Mainz mit Kaffeepulver verseucht oder eine dreiwöchige Ausgangs-sperre verhängt wird. Ihre Gefriertruhen helfen dann über die ersten sechs Monate locker hinweg, denk auch mal an die Kriegszeit, da wäre man froh über solche Truhen gewesen. Du tätest mir einen großen Gefallen, wenn du sie verhaften würdest. Meine türkischen Nachbarn kannst du allerdings gleich dazusperren, die haben nämlich auch eine

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