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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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Hauptaltar brannten ein paar Kerzen, doch auch deren Schein reichte nicht bis in die dunklen Winkel, vor denen Mathilda unwillkürlich zurückschreckte.
    „Dort drüben“, sagte Schwester Jordanin und deutete auf ein in der Wand eingelassenes Gitter, vor dem eine Kniebank stand. „Schnell, geh beichten, ich warte hier auf dich.“
    Mit diesen Worten kniete sie sich in eine der Mittelbänke und legte ihr Gesicht in die Hände.
    Mathilda jedoch ging eiligen Schrittes auf den Beichtplatz zu.

… Demut, Keuschheit und freiwillige Armut
     
     
    Schon sein allererster Eindruck von ihr verriet ihm alles, was er über sie wissen musste.
    Arno saß auf dem Beichtstuhl im Versorgungsgang, konnte das Innere der Kirche also lediglich im Dämmern hinter dem Beichtgitter erahnen. Der Schwung jedoch, mit dem sie vom Kirchenschiff aus um die Ecke gefegt kam und der ihren beeindruckend langen und dicken Zopf ungebändigt um ihre Schultern hüpfen ließ, machte vor dem Gitter nicht halt. Setzte sich in Arno fort, der unwillkürlich zurückwich, er hatte auch viel zu nah am Gitter gelehnt.
    Davon völlig unbeeindruckt flog ihre Hand dann die Bekreuzigung förmlich entlang, während sie gleichzeitig mit abrupt gedrosselter Energie auf die Knie niedersank. Darin lag eine paradox anmutende Mischung aus natürlicher Inbrunst, die von all ihren Bewegungen auszugehen schien, und einer geradezu fahrigen Nachlässigkeit, so als wäre sie dem Augenblick in Gedanken immer einen Schritt voraus.
    Nein, das ließ keinen Raum für Zweifel.
    „In Demut und Reue bekenne ich meine Sünden.“
    Noch einmal verlagerte er sein Gewicht und lehnte sich zurück. Da also war es endlich. Das junge Ding, das schon vor seiner Ankunft einen solchen Wirbel veranstaltet hatte. Arno hatte nur ganz kurz die Lippen gekräuselt – bis er hastig alle privaten Regungen aus Kopf und Gesicht wischte. Als Vertreter des Generalbeichtvaters durfte er sich außerhalb dieser Funktion kein Eigenleben zugestehen, und er war – natürlich in maßvoller Weise – stolz darauf, ganz in dieser Aufgabe aufgehen zu können.
    Nun erwiderte er mit voller Stimme: „Gott, der unser Herz erleuchtet, schenke dir wahre Erkenntnis deiner Sünden und Seiner Barmherzigkeit.“
    „Amen.“
    Sie war ein wenig außer Atem. Aufgeregt also. Demnach entsprang ihr lebhaftes Gebaren zumindest nicht in erster Linie einer ungezogenen Aufmüpfigkeit – die man mit viel Mühe vielleicht hätte brechen können – sondern einem angeborenen Bewegungs- und Freiheitsdrang – basierend auf einer Anfälligkeit, sich mit ihrem Körper zu identifizieren. Das erkannte er genau – er hatte Erfahrung mit solchen Frauen.
    Wie wenig überraschten ihn dann ihre ersten Worte, mit denen sie regelrecht herausplatzte:
    „Ich bin in jemanden verliebt gewesen.“
    Vollkommen arglos und kindlich unschuldig – und zugleich von einem natürlichen Selbstbewusstsein durchdrungen, von einer Bewusstheit ihrer Gefühle und dessen, was sie sich vom Leben vorgestellt hatte.
    „Ich weiß, das ist nicht richtig gewesen, ich soll doch Jesus allein lieben, und ich werde das auch, das versichere ich!“
    Das war ihr Wille, ohne Frage. Leidenschaftlich und voller Überzeugung, alles schaffen zu können, was auch immer sie sich vornahm – unabhängig davon, was sie jetzt hier im Konvent erwartete.
    Irgendwie war ihr Zopf in ihre Hand geraten. Daumen und Zeigefinger rieben eine Strähne daraus, langsam und gedankenvoll, im Takt des Sprechens – und doch zeigte sich daran, wie weit sie vom Inhalt ihrer Worte entfernt war.
    „Ich weiß, es war nicht meine Bestimmung, ihn zu bekommen. Meine Bestimmung ist es, hier zu sein, und mein Leben in den Dienst Gottes zu stellen.“
    Das sagte sie so einfach – und ein Teil von ihr meinte es bestimmt auch. Und doch war es eine Lüge.
    Mit einer resoluten Bewegung warf sie ihren Zopf wieder nach hinten. Beeindruckt verfolgte Arno, wie dieser Ruck sich von ihrer rechten Hand durch Kopf, Hals und beide Schultern ausbreitete. Sie hatte einen starken Willen – doch keine Macht über ihre unbewussten Impulse.
    „Nur kann ich im Moment noch nicht anders, als an ihn zu denken, ihn zu vermissen. Aber ich bemühe mich sehr, das zu unterlassen, ehrlich.“
    Genau das war es. Sie bemühte sich. Sehr. Er selbst hatte das ebenso gesagt als junger Mann – im Gegensatz zu ihr jedoch war seine Macht über seine Empfindungen, seine Fähigkeit zur Selbstdisziplin viel stärker gewesen, als er das bei

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