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Und führe uns nicht in Versuchung

Und führe uns nicht in Versuchung

Titel: Und führe uns nicht in Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera Bleibtreu
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jemand eifersüchtig auf seine Erfolge. Wer weiß. Und dann gibt es auch noch die, die aus seinem Team geflogen sind und lange nicht damit zurechtgekommen sind, laut Brandes. Mit denen müssen wir unbedingt sprechen. Hast du bei seiner Bank etwas herausgefunden?» Arne Dietrich zog seine Notizen zu sich heran. «Steffen Vogel war mehr als wohlhabend, keine Frage, verschiedenste Geldanlagen, Aktien, Ferienhäuser am Gardasee, in Norwegen und seit einem Jahr eine Villa auf Phuket. Außerdem hat sich diese Glasentdeckung für ihn gelohnt, da sprudelt regelmäßig eine schöne Quelle. Mit seinem Geld hat er aber wenig angefangen, er muß ein sparsamer Mensch gewesen sein, der Vogel. Abgesehen von den regelmäßigen Abbuchungen, Versicherungen, Zeitungsabo und so weiter hat er seinem Neffen jeden Monat 2000 Euro überwiesen, mal gespannt, was dem Christian Vogel dazu einfällt. Ich habe die letzten drei Jahre durchgehen lassen. Er ist offenbar gerne gut essen gegangen, das waren die wenigen größeren Ausgaben, allerdings im letzten Jahr nicht mehr, ich weiß nicht, ob er sich da das Essen abgewöhnt hat, und er ist häufig auf Reisen gegangen, da sind Abbuchungen von einem Reisebüro in der Innenstadt und von der Lufthansa. Wahrscheinlich meistens Asien, nach allem, was du von Brandes erfahren hast. Tja, und die merkwürdigste Sache liegt zwei Jahre zurück. Da hat er ein Festgeldkonto aufgelöst und sich die Summe bar auszahlen lassen.» Tanja gähnte, am liebsten hätte sie sich ins Bett gelegt, bis tief in die Nacht hatten sie Spuren ausgewertet, früh morgens wieder begonnen, und es würde bestimmt wieder spät werden. «Was ist daran merkwürdig? Vielleicht hat er sich ein Auto gekauft, da wird Bargeld doch am liebsten genommen.» Arne grinste spöttisch. «Das müßte aber schon ein Lamborghini gewesen sein. Mit Straußenlederledersitzen. Es waren 300 000 Euro. Er hat sich 300 000 Euro in bar auszahlen lassen.» «Straußenlederledersitze», wiederholte Tanja langsam, wobei sie spöttisch zurückgrinste.

    * * *

    Die Stimme. Die Stimme war immer noch lebendig. Es konnte doch gar nicht sein! Warum klang die Stimme nach, so als ob sie immer noch fähig wäre, böse Samen in Herzen zu säen? Höhnisch klang die Stimme. Spöttisch. Wieso konnte diese Stimme so höhnisch sein, wer erlaubte ihr, so laut zu dröhnen, daß man sich die Ohren zuhalten mochte und es doch nichts half? Gab es das, daß ein Mensch tot war und seine Stimme lebte noch? Und dieses andere Geräusch, das klang auch noch nach, dieser Laut, mit dem der Nagel durch das Fleisch gedrungen war. Ein leiser Laut, der Schlag war kräftig gewesen, und doch hatte er einen Laut hervorgebracht, ein Geräusch, das tönte, schallte, gellte, so leise es war. Dazu die Stimme. Hatte sie nicht auch einen klagenden Ton, diese Stimme, einen bittenden Klang? «Tu es nicht! Weißt du, was du tust?» Er hatte nichts mehr gesagt, hatte gar nichts sagen können, es war ja alles viel zu schnell gegangen. Und doch bat die Stimme und flehte um ihr Leben. Es ist zu spät, nichts kann zurückgenommen werden. Und die Hände? Sie sind rot vom Waschen, immer waschen, sauber schrubben, ist da nicht doch ein Rest Blut zwischen den Rillen der Fingerkuppen? Noch einmal waschen, schrubben, bis sich die Haut schält. Und dann die Finger in die Ohren, und es hilft doch nichts. Die Stimme klingt mitten im Schädel, hallt zwischen den Schädelknochen, höhnt, bettelt, warnt, spottet. Kann man sich das Hirn aus dem Kopf reißen, die Ohren verkleistern, die eigenen Hände abhacken, um diese Geräusche nicht mehr hören, um nicht mehr waschen zu müssen?

    * * *

    Christian Vogel fühlte sich sichtlich unwohl. Er rutschte auf dem Stuhl im Büro von Tanja und Arne im Polizeipräsidium unruhig hin und her. Sein weichliches Gesicht mit den verschwommenen Gesichtszügen wirkte kindlich und wie um Hilfe bittend. Immerhin, er hatte gerade die wenig schöne Aufgabe gehabt, seinen Onkel zu identifizieren. Das hatte er recht tapfer überstanden. Er hatte sich sogar nicht übergeben müssen. Doch jetzt quälte ihn die Befragung durch Tanja und Arne. «Warum hat Ihr Onkel Ihnen monatlich 2000 Euro überwiesen?» fragte Arne. Christian verzog den Mund, als ob er in eine Zitrone gebissen hätte.
    «Muß ich das sagen?» fragte er, auf einmal richtig aufsässig. «Das geht Sie doch gar nichts an, was mein Onkel mir überwiesen hat und warum, das ist doch seine Privatsache gewesen.» «In einer

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