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Und führe uns nicht in Versuchung

Und führe uns nicht in Versuchung

Titel: Und führe uns nicht in Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera Bleibtreu
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herauf hinterher. «Hast du denn gar keinen Anhaltspunkt?» keuchte sie im Laufen. Tanja trippelte auf der Stelle, bis Susanne wieder auf gleicher Höhe mit ihr ankam. «Nein, wir haben keinen, der uns zu einer Festnahme berechtigt, und wir haben unzählige vage Vermutungen und auch einige konkretere. Das liegt auch am Opfer. Steffen Vogel war ein merkwürdiger Typ, langsam wird er mir richtig unheimlich, ehrlich! Er hatte offensichtlich etwas an sich, das die Leute einerseits fasziniert, andererseits abgestoßen hat. Aber niemand weiß, was in ihm tatsächlich vorging, sein Innerstes kennt eigentlich keiner. Dafür kannte er offenbar sehr genau die Vorzüge und Nachteile der anderen Menschen. Und begabt war er selbst auch. Steffen Vogel hat ein Spezialglas entwickelt, nach dem sich sämtliche Staaten und durchgeknallte Terroristen weltweit die Finger schlecken, weil es angeblich explosionsund schuß fest ist. Für das Herstellungsgeheimnis würden Unsummen bezahlt werden. Aber sein Vorgesetzter Brandes behauptet, Vogel hätte auf Geld keinen gesteigerten Wert gelegt. Was sonst als Geld hätten ihm andere, ob Terroristen oder Staaten, aber für die Formel bieten können? Irgendwer hat ihn – allerdings einige Tage vor seinem Tod, das ließ sich noch feststellen – ziemlich brutal zusammengeschlagen. Das könnte eine Drohung der Chinesenmafia gewesen sein, oder es war die Tat eines ehemaligen Mitarbeiters, der aus Vogels Team geflogen ist. Möglich wäre aber auch eine private Auseinandersetzung. Vogel hat den Zwischenfall nicht angezeigt. Entweder, weil der Angriff eine Drohung oder eine Warnung war, ein Verkaufsangebot in Sachen Spezialglas anzunehmen oder nicht von dem Angebot zu berichten, oder weil er den Angreifer kannte und ihn schützen wollte. Sein Neffe ist verschuldet und Vogel hatte ein ansehnliches Vermögen, aber wir können ihm nicht nachweisen, daß er seinen Onkel in Einzelteile zerlegt und hier im Wald verteilt hat, nur um ans Erbe zu gelangen. Die Spuren hier im Wald waren dank unzähliger Jogger und Hunde nicht zu verwerten, und wir können ja nicht halb Mainz verhaften, nur weil die Leute hier im Wald gejoggt sind. Das ist alles um den Mainz-Marathon herum passiert, überleg mal, wie viele Leute hier durch den Wald gelaufen sind, da hätte ich bis zur Pensionierung und darüber hinaus zu tun, alle Spuren auszuwerten. Vogel fuhr regelmäßig nach Asien, er war nicht verheiratet, es könnte also sein, daß er das erotische Angebot der Gegend ausgenutzt hat, aber auch dafür gibt es keinen Beweis. Und sein Hobby als Gastrokritiker für den Amuse Gueule wird ihn wohl kaum das Leben gekostet haben. Wer bringt schon jemanden um, nur weil er zwei Löffel weniger als beim letzten Mal bekommen hat.» Tanja war von ihrem langen Redeschwall selbst erschöpft und lief ein paar Takte langsamer. «Stimmt wahrscheinlich», nickte Susanne, leicht außer Atem, trotz des gedrosselten Tempos. «Dennoch: warum muß ausgerechnet ich ihn beerdigen, das ist so gemein von ihm da oben.» Tanja reagierte bissigfreundlich: «Oder von ihr …» Susanne versetzte ihr einen freundschaftlichen Knuff. «Sag mal, du würdest doch bestimmt jemand anders finden, der Vogel beerdigt. Da hat doch jeder Verständnis dafür, wenn du das nicht übernehmen willst. Ruf doch deinen Dekan an, vielleicht macht er es ja.» Susanne überlegte, unmerklich lief sie langsamer.
    «Irgendwie fühle ich mich verpflichtet, ihm etwas Gutes zu tun», meinte sie nachdenklich. «Wenn ich diese Beerdigung abgebe, dann komme ich mir feige vor. Was noch schlimmer ist: ich hätte den Eindruck, ich hätte etwas Wichtiges versäumt. Nein», sie straffte sich, «ich werde diese Beerdigung übernehmen, und ich werde sie gut machen. Ich kneife nicht, ich nicht!» «Na, dann kneif auch hier nicht», lachte Tanja und sprintete los. Susanne hechelte hinterher. «Du bist auch so gemein, wie du mir jetzt schon wieder davonläufst, du weißt doch, ich habe mindestens drei Kilo mehr drauf seit Paris.» Tanja drosselte ihr Tempo etwas. «Schön, daß für dich jetzt alles klar ist. Bei mir ist noch gar nichts klar», sagte sie ärgerlich und startete erneut durch. Susanne versuchte mitzuhalten:
    «Sag mal, du bist ja wirklich sauer.» Tanja lief wieder langsamer und schaute ernst. «Na klar, wenn ich diesen Fall nicht aufkläre, und es sieht im Moment ganz so aus, dann macht mich meine Chefin zur Schnecke und es wird nichts mit meiner Bewerbung. Und ich halte es hier

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