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Und führe uns nicht in Versuchung

Und führe uns nicht in Versuchung

Titel: Und führe uns nicht in Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera Bleibtreu
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Sie zwischen dem 12. und dem 16. Mai gewesen sind?» fragte Tanja Schmidt. «Genauer wollen Sie es nicht wissen? Also, ich war in der Zeit in Mainz, wo sonst. Und Sie können doch im Ernst nicht erwarten, daß ich für fünf Tage ein lückenloses Alibi aufweisen kann? Aber ich müßte mich schon sehr angestrengt haben, ihn umzubringen, wenn Sie das von mir wissen wollen. Ich bin praktisch Tag und Nacht hier in der Goldenen Gans. Ich hätte ihn also höchstens zwischen Lunch und Dinner umbringen können. Aber im Ernst, so weit ging es nicht, daß ich ihn hätte umbringen wollen. Einen Mordszorn hatte ich auf den Typ, aber Mord – das wäre nicht mein Stil.» «Eine kräftige Tracht Prügel dagegen schon, oder?» Tanja beobachtete Bauernberg genau. Ihr entging nicht, daß er blaß wurde.
    «Ich weiß nicht, was Sie meinen.» Bauernberg stellte endlich das Glas ab. Er holte Luft, als er aufsah, war er wieder gefaßt. «Ich weiß wirklich nicht, was Sie meinen». «Tatsächlich?», Tanja stieß sich vom Tresen ab. Wir haben an Steffen Vogels Leiche Blutergüsse festgestellt, die deutliche Zeit vor seinem Tod entstanden sind. Er muß einige Tage vor seinem Tod kräftig verprügelt worden sein. Und wir fragen uns natürlich, wer dafür einen Grund hatte. Zu den Kandidaten gehören Sie. Sie schäumen ja heute noch vor Zorn über seine Ihrer Ansicht nach ungerechte Beurtei lung. Es ist kein großer Schritt von schwerer Körperverletzung zum Totschlag – denken Sie mal darüber nach, Herr Bauernberg.» «Hat denn Herr Vogel diese Körperverletzung angezeigt?» fragte Bauernberg lauernd. «Nein, hat er nicht, und das spricht erst recht dafür, daß er den Täter kannte. Sie beide kannten sich. Vielleicht wollte er sein Wissen später für sich nutzbar machen, wer weiß. Wie wäre es zum Beispiel, wenn er Sie mit Ihrer Tat erpressen wollte und Sie daraufhin völlig die Beherrschung verloren hätten?» «Ich habe ihn nicht ermordet», schrie Bauernberg, «ich hätte ihn umbringen können, aber ich habe es nicht getan. Das ist die Wahrheit!» «Das werden wir noch sehen, was die Wahrheit ist, Herr Bauernberg. Ihr Schreien macht Sie übrigens nicht glaubwürdiger», sagte Tanja kühl und verließ die Goldene Gans.

    * * *

    «Das wird heute abend nicht einfach», meinte Susanne zu Jens, als sie bei einem kleinen Mittagessen in ihrer Wohnung zusammensaßen. Ab und zu kochte Susanne, obwohl ihr das Jens gegenüber immer ein wenig peinlich war. Doch heute hatte sie sich an Putenröllchen mit Salbeifüllung gewagt, dazu gab es Risotto. «Warum?» fragte Jens zerstreut; Susanne bemerkte etwas verletzt, daß er das Geflügel wie gedankenlos in den Mund schob. Sie hatte sich wirklich ziemliche Mühe gegeben. «Ich treffe mich heute abend mit Christian Vogel, dem Neffen von Steffen Vogel, weißt du, der Mensch, dessen Hand ich gefunden habe», erklärte sie, bemüht, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Jens merkte auf: «Hatte der einen Neffen, das wußte ich gar nicht.» Jetzt war es an Susanne, über rascht zu sein: «Kanntest du denn Steffen Vogel, das hast du mir nie erzählt!» Sie schaute ihn fragend an. «Na klar, Steffen Vogel, das war der Gastrokritiker vom Amuse Gueule , das wußte jeder in Mainz, obwohl es ja geheim bleiben sollte. Der Bauernberg wußte das auch, glaub ich. Und manche Menschen, die bleiben einem einfach im Gedächtnis, zum Beispiel Steffen Vogel. Der war also das Mordopfer, das hast du mir gar nicht erzählt.» Susanne war etwas empört: «Das stand doch in allen Zeitungen!» Jens wischte den Einwand mit einer Handbewegung vom Tisch:
    «Du weißt doch, ich lese die Käseblätter nicht. Ich wußte ja auch nicht, daß er einen Neffen hat. Hoffentlich ist der anders geraten als sein Onkel – obwohl man ja über Tote nichts Schlechtes sagen soll.» Er nahm sich eine Gabel Risotto. «Hast du Vogel nicht gemocht?» fragte Susanne neugierig. «Was heißt: nicht gemocht? Ich hatte nichts gegen ihn, war ihm ja auch für die gute Bewertung dankbar, das hat mir einige Gäste beschert, und du weißt ja, wie ich kämpfen muß. Aber persönlich habe ich nie sehr viel mit ihm besprochen, er war mir zu distanziert, zu überlegen. Aber er verstand etwas vom Essen, ohne Zweifel.» Jens legte die Gabel zur Seite, er hatte kaum die Hälfte des Gerichts gegessen. Susanne nahm sich vor, ihre nächsten Kochversuche hinauszuschieben oder vorher mit Tanja zu üben. Jens runzelte die Stirn bei der Erinnerung. «Er hatte

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