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Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Titel: Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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teilweise absolut gelungen ist. Was meinst du?»
    Ich stapfe schweigend und düster vor mich hinstierend durch den Schnee. Es ist mir egal, dass Abel meine Zulassung aufs Spiel setzt. Ich bin ja sowieso drauf und dran, meinen Job an den Nagel zu hängen. Aber ich möchte nicht obendrein noch Ärger mit der Polizei bekommen. Außerdem ärgert es mich, dass ich mir nicht erklären kann, wie Abel die Sache eben angestellt hat. War die Bombe wirklich eine alte Fliegerbombe? Gab es einen genauen Zeitplan für die Sprengung, von dem Abel wusste? Aber warum haben die Behörden dann einen vollbesetzten Personenzug in die Nähe des Sprengkörpers fahren lassen? Oder hat Abel die Sprengladung selbst gelegt und ferngezündet? In diesem Fall muss er doch damit rechnen, dass sein vermeintlicher Sabotageakt publik wird. Und ich würde dann aus der Presse erfahren, dass die Fliegerbombe nur eine Erfindung ist. Mein Patient muss diese Showeinlage irgendwie anders hinbekommen haben. Aber wie?
    «Jakob? Alles okay?» Abel klingt besorgt.
    «Nichts ist okay. Ich habe dir gesagt, dass ich die Behörden einschalten muss, wenn die Dinge aus dem Ruder laufen.»
    Abel bleibt abrupt stehen. Er wirkt geschockt. «Was meinst du, Jakob?»
    Ich bleibe nun ebenfalls stehen. «Abel, ich bin dafür verantwortlich, dass du keinen Mist baust. Findest du nicht, dass du es mit mir absprechen müsstest, wenn du Notbremsen ziehst und Bomben hochgehen lässt?»
    Abel zuckt mit den Schultern. «Was hätte ich denn sagen sollen? Du, Jakob? Da liegt übrigens ’ne Fliegerbombe unter den Gleisen. Ich zieh gleich mal kurz die Notbremse. Nur damit du Bescheid weißt.»
    «Ja. Zum Beispiel.»
    Abel verschränkt die Arme vor der Brust. «Und was hättest du erwidert? ‹Okay, Abel. Dann halte ich mich jetzt mal gut fest, damit ich nicht durch die Gegend geschleudert werde›?»
    Wir sehen uns streitlustig an.
    «Nein, ich hätte wahrscheinlich versucht, dich aufzuhalten.»
    «Siehst du», sagt Abel und stapft weiter. «Und weil ich vermeiden wollte, dass uns beiden die Lampe ausgepustet wird, musste ich dich eben zu deinem Glück zwingen.»
    «Vielleicht ist das ja einer deiner Denkfehler», rufe ich ihm hinterher. «Wäre doch möglich, dass sich die Menschen nicht zu irgendetwas zwingen lassen möchten. Weder zu ihrem Unglück noch zu ihrem Glück.»
    Er hält erneut inne, dreht sich verwundert zu mir um und fragt: «Soll das etwa heißen, du wärst eben lieber gestorben?»
    «Nein!», rufe ich. «Aber was geht’s dich an? Kümmer dich gefälligst um deinen eigenen Kram! Dir kann es doch egal sein, ob du stirbst oder nicht.»
    Er stutzt. «Wie meinst du das? Mir kann es egal sein?»
    «Na, es ist für dich egal, ob Abel Baumann lebt oder nicht. Ich meine, du bist nicht an diesen Körper gebunden, und wenn sogar meine Seele in die ewigen Jagdgründe aufsteigen kann, dann muss deine Seele sich doch erst recht keine Sorgen machen. Immerhin bist du Gott. Du hast sozusagen ein Ticket erster Klasse, wenn es um Seelenreisen geht.»
    Ich mustere ihn aufmerksam. Meine Provokation soll ihn aus der Reserve locken.
    Er sieht mich an, dann sacken seine Schultern herab. «Weißt du, Jakob, die Wahrheit ist …» Er stockt. Das folgende Geständnis fällt ihm schwer. «Die Wahrheit ist, dass ich eine Heidenangst vor dem Tod habe.»
    Ich schaue ihn verdutzt an. Dann muss ich lachen. «Der war gut», sage ich. «Gott hat Angst vor dem Tod.»
    Abel verzieht keine Miene und wartet geduldig, bis ich mich wieder beruhigt habe. Langsam dämmert mir, dass er keinen Witz gemacht hat.
    «Was ich dir über die Seelen gesagt habe, das stimmt: Alle Seelen sind unsterblich. Aber manche von ihnen befinden sich in einem Zustand, den die meisten Menschen nicht als Leben bezeichnen würden. Diese Seelen liegen in einem traumlosen Schlaf, man könnte fast sagen, in so einer Art Koma. Manchmal erwacht eine Seele aus diesem Zustand. Es gibt aber auch einige, die schlafen schon so lange, dass ungewiss ist, ob sie überhaupt jemals wieder erwachen. Warum das so ist? – Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung. Aber dieser Zustand kommt dem des Todes schon sehr nahe.»
    «Ist das so eine Art Nirwana?», frage ich.
    «Ja. So könnte man es auch sagen», erwidert Abel.
    «Interessant. Dann haben die Buddhisten also auch recht», stelle ich fest.
    Abel nickt. «Keine der Weltreligionen liegt mit ihren Ansichten völlig daneben. Aber alle ein entscheidendes bisschen.» Der Wind frischt auf. Abel zieht

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