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Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Titel: Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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Mindestens neun der dreizehn Patres sehen aus, als müssten sie sich schon sehr bald die klostereigenen Radieschen von unten ansehen. Bei einem bin ich mir nicht mal sicher, ob er noch gelebt hat, als das Foto entstand. Nebenbei ahne ich, wer Abels Sohn sein könnte. Unter den wenigen jungen Ordensbrüdern gibt es einen, der ihm wie aus dem Gesicht geschnitten ist.
    Zum anderen beeindruckt mich enorm, was man so alles leisten muss, wenn man heiliggesprochen werden will. Laut Prospekt hat Sonnhild von Simming im 16. Jahrhundert in dieser Gegend nicht nur Menschen und Tiere mittels Wundertinkturen geheilt, sondern auch einen auf der Durchreise befindlichen Bischof nach einem tödlichen Reitunfall wiederbelebt. Die historischen Quellen sprechen sogar von der Auferweckung des Toten, da der letzte Atemzug des Bischofs schon einige Stunden zurücklag, als Sonnhild dem Gottesmann wieder auf die Beine half. Eine hübsche Geschichte und nebenbei eine gute Gelegenheit, Abel zu foppen, finde ich.
    «Weißt du eigentlich, dass die Frau, nach der dieses Kloster benannt ist, viel mehr Wunderzeugs draufhatte als du?», frage ich. «Von wegen: wundersame Kaffeevermehrung. Sonnhild von Simming hat Tote zum Leben erweckt! Da kannst du dir mal ’n Beispiel dran nehmen.»
    Abel nickt ernst. «Stimmt. Sonnhild war eine sehr begabte Ärztin. Bei der Sache mit dem Bischof habe ich aber trotzdem nachhelfen müssen. Der Kerl war so mausetot wie der Wiener Zentralfriedhof. Als der fette Sack vom Pferd gefallen ist, hat er so einen Schreck bekommen, dass sein Herz einfach zu schlagen aufgehört hat.»
    «Hier steht, dass er schon seit Stunden tot war», sage ich und halte den Prospekt hoch. «Soviel ich weiß, hat man bei einem Herzstillstand für die Reanimation nur wenige Minuten Zeit.»
    Abel sieht mich mitleidig an. «Jakob, ist das dein Ernst? Du glaubst mir nicht, dass ich Gott bin, nimmst aber Informationen aus dem 16. Jahrhundert für bare Münze, die in einem Klosterprospekt abgedruckt sind?»
    Touché. Ich werfe den Prospekt auf den Tisch. «Ich finde übrigens, die hätten uns wenigstens Kaffee anbieten können, wenn sie uns hier schon so lange warten lassen.»
    «Das macht Christian absichtlich. Es ist seine Art, sich und uns zu beweisen, dass die Uhren hier anders ticken», sagt Abel und lässt keinen Zweifel daran, dass ihm diese Behandlung überhaupt nicht schmeckt. «Du musst wissen, dass man hier über den weltlichen Dingen steht – zumindest glaubt das mein Sohn.»
    «Und? Was ist daran so falsch?», frage ich. «Meines Wissens ist es ein gängiges Konzept von Klöstern, dass man sich dort von der Welt abwendet, um sich Gott zuwenden zu können.»
    «Ja. Ist ja auch okay», erwidert Abel. «Nicht mein Fall, aber okay.»
    Knarrend öffnet sich eine schwere Holztür, und ein junger Mann in Mönchskutte erscheint. Die Ähnlichkeit mit Abel ist in natura noch frappierender als auf dem Foto.
    «Entschuldigung, dass Sie warten mussten, aber …» Er schluckt den Rest des Satzes herunter, als er Abel sieht, und wirkt nun verärgert. «Hat Mutter dir nicht gesagt, dass es besser wäre, wenn du …»
    «Doch. Hat sie. Ich weiß, dass du mich nicht sehen willst», kürzt Abel die Erklärung ab. Er hat sichtlich Mühe, seine Enttäuschung zu verbergen. «Ich bin auch nur hier, weil ich Jakob begleitet habe und es draußen schneit.» Er lächelt schmal. «Und weil ich mich darauf gefreut habe, dich zu sehen.» Nach kurzem Zögern fügt er hinzu: «Ehrlich gesagt, habe ich auch ein bisschen darauf gehofft, vielleicht kurz mit dir reden zu können.»
    Christian überhört Abels Gesprächsangebot demonstrativ und reicht mir die Hand. «Und Sie sind also Dr. Jakobi. Freut mich, Sie kennenzulernen. Darf ich Ihnen die Anlage zeigen, während wir uns unterhalten?» Mit einer einladenden Geste öffnet er die Tür.
    «Gern», erwidere ich. «Vielleicht möchte Ihr Vater uns dabei …»
    «Mein Vater kennt das Kloster bereits», fällt Christian mir ins Wort. Mit Blick auf Abel fügt er hinzu: «Ich bitte Bruder Zacharias, dir Kaffee zu bringen. Möchtest du auch etwas essen?»
    Abel winkt traurig ab. «Nein. Aber Kaffee wäre toll.»
    Die beiden nicken sich zu. Ich sehe Abel an, dass er viel geben würde für ein winziges Zeichen der Zuneigung: ein freundliches Wort, ein kurzer Händedruck oder ein kleines Lächeln.
    Doch Abels Sohn wendet sich ab und verlässt den Raum, ohne seinen Vater noch eines weiteren Blickes zu würdigen.
    «Warum

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