Und hinter dir die Finsternis
Richard auch. Ich muss jetzt in die Galerie. Dort findet gerade ein Empfang für einen seiner neuen Künstler statt.« Mit einer beiläufigen Geste verabschiedete sie sich, öffnete die Gartentür und ging hinaus.
Slater blickte ihr nach, die Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepresst. Und der ganze Empfang wird von ihr bezahlt, dachte er. Seit seinem zwanzigsten Lebensjahr hat sie ihren Sohn, diesen Versager, mit dem Geld der Carringtons ausgehalten. Er musste daran denken, dass es Grace immer zur Weißglut gebracht hatte, wenn Elaine das Haupthaus, wann immer es ihr gerade passte, betreten hatte. Wenigstens hatte Peter klugerweise zu verhindern gewusst, dass Elaine nach Graces Tod wieder hier einzog.
Es war nicht das erste Mal, dass Vincent Slater sich fragte, ob nicht mehr hinter der auffälligen Toleranz steckte, die Peter Carrington gegenüber seiner Stiefmutter an den Tag legte, als auf den ersten Blick zu erkennen war.
3
VINCENT SLATERS ANRUF erreichte mich bei der Arbeit in der Bücherei. Es war am späten Mittwochvormittag, und ich hatte mich schon fast damit abgefunden, unsere Benefizparty im Glenpointe Hotel in Teaneck abzuhalten, einer Nachbargemeinde von Englewood. Ich hatte dort bereits Veranstaltungen durchgeführt, die sehr zufriedenstellend verlaufen waren, aber dennoch enttäuschte mich Peter Carringtons Absage. So war ich natürlich hocherfreut, als mir Slater die große Neuigkeit mitteilte, und ich beschloss, meine Begeisterung sofort mit Maggie zu teilen, der Großmutter mütterlicherseits, die mich großgezogen hat und die immer noch in demselben bescheidenen Haus in Englewood lebt, in dem ich aufgewachsen bin.
Ich bin eine umgekehrte Pendlerin. Ich wohne in der West Seventy-ninth Street in Manhattan, in einer kleinen Wohnung im ersten Stock eines umgebauten Stadthauses. Die Räume sind wirklich winzig, doch es gibt einen offenen Kamin, hohe Zimmerdecken, ein Schlafzimmer, in das ein Bett und eine Kommode passen, und einen vom Wohnzimmer getrennten Küchenbereich. Die Möbel habe ich mir bei Garagenverkäufen in den besseren Vierteln von Englewood besorgt, und ich bin mit dem Ergebnis meiner Einrichtungsbemühungen sehr zufrieden. Außerdem liebe ich meine Arbeit in der Bücherei von Englewood, und das bedeutet
natürlich auch, dass ich viel Gelegenheit habe, meine Großmutter Margaret O’Neil zu besuchen, die mein Vater und ich von jeher Maggie genannt haben.
Ihre Tochter, meine Mutter, starb, als ich gerade zwei Wochen alt war. Es passierte an einem Spätnachmittag. Sie lag gerade mit mir auf dem Bett und stillte mich, als eine Embolie auftrat und sie einen Herzinfarkt erlitt. Mein Vater rief kurze Zeit später an und war besorgt, als sie nicht ans Telefon ging. Er fuhr sofort nach Hause, fand jedoch nur noch ihren leblosen Körper auf dem Bett. Ihre Arme hielten mich immer noch umfangen. Ich war eingeschlafen, zufrieden an ihrer Brust saugend.
Mein Vater war Ingenieur, hatte aber, nachdem er ein Jahr bei einem Brückenbauunternehmen gearbeitet hatte, seinen Job an den Nagel gehängt und das Gärtnern, zuvor sein Steckenpferd, zu seinem Hauptberuf gemacht. Mit seinem Talent verstand er es, in den größeren Anwesen der Umgebung sein Können als Ingenieur auf andere Art unter Beweis zu stellen, indem er Gärten mit Felswänden, Wasserfällen und gewundenen Wegen schuf. Aus diesem Grund hatte ihn auch Peter Carringtons Stiefmutter Elaine engagiert, die, was den Garten betraf, den steifen Geschmack ihrer Vorgängerin verabscheute.
Daddy war acht Jahre älter als meine Mutter, die mit zweiunddreißig Jahren starb. Damals hatte er sich bereits einen soliden Ruf auf seinem Gebiet erworben. Alles hätte zum Besten stehen können, doch nach dem Tod meiner Mutter begann Daddy zu trinken. Das war der Grund, weshalb ich mehr und mehr Zeit bei meiner Großmutter verbrachte. Ich erinnere mich noch sehr gut, wie sie auf ihn einredete: »Um Himmels willen, Jonathan, du musst dir von anderen helfen lassen. Was würde denn Annie sagen, wenn sie sehen könnte, wie du dich zugrunde richtest? Und denk doch an die arme Kathryn. Womit hat sie das verdient?«
Eines Tages, nachdem Elaine Carrington ihn entlassen
hatte, kam er abends nicht zu meiner Großmutter, um mich abzuholen. Sein Wagen wurde am Ufer des Hudson River gefunden, etwa zwanzig Meilen nördlich von Englewood. Seine Brieftasche, sein Schlüsselbund und sein Scheckheft lagen auf dem Vordersitz. Kein Brief. Kein Abschiedsgruß. Nichts, was
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