Und Jimmy ging zum Regenbogen
die Ziege, die sich das ruhig gefallen ließ und von Zeit zu Zeit vergnügt meckerte.
Der Mann keuchte.
Yvonne schlug mit großer Heftigkeit den Strick über seinen Rücken. Das war keine Nylonpeitsche. Die Schläge taten weh, sollten weh tun. Dunkle Striemen bildeten sich auf der weißen Haut des Mannes.
In der Ecke des Raums gab es einen Kachelofen und eine Bank. Auf ihr stand ein Tonbandgerät. Es lief. Ein gemischtes Quartett sang und jodelte.
»Auf der Alm, da gibt’s ka Sünd …«
Die Ziege neigte den Kopf und trank aus dem Eimer.
Yvonne schlug wieder.
»Fest!« keuchte der Mann. »Noch fester! Ja, so … so …«
Sein Leib flog. Das Tier ließ alles ungerührt mit sich geschehen.
Yvonne schrie den Mann an: »Schamst du dich gar nicht, du Saubazi, du elendiger? Gestern erst hab ich dich mit der Ente erwischt! Wirst aufhören jetzt?«
»Nein … nein … ich höre nicht auf«, stammelte der Mann.
»Du Scheißkerl! Die arme Ziege! Aber das sag ich dem Herrn Pfarrer! Eingesperrt gehörst, du Lump! Du gehst mir ja noch auf die Rösser!« Das Quartett jodelte fröhlich.
Die Ziege meckerte fröhlich.
Der Mann ächzte: »Rösser … ah, was, Rösser! So eine Ziege ist mir das Liebste von der Welt …«
»Du verkommener Sauhund! Da hast du! Und da! Und da!«
Der Strick klatschte wieder auf den kräftigen, weißen Rücken. Der Mann mit dem Tirolerhut jaulte auf und starrte gierig Yvonnes nackten Unterleib an.
»Ich denke, das genügt«, sagte Nora Hill. Sie schaltete den in die Bücherwand ihres Wohnzimmers eingebauten Fernsehapparat ab. Das Bild der Bauernstube verschwand, die Jodler verstummten. »Ich bin wirklich immer bereit, Ihnen etwas Kurzweiliges zu bieten. Und ich wollte, daß Sie sich den Herrn ansehen. Wer weiß, ob es für Sie nicht noch einmal wichtig sein wird, ihn zu kennen.«
Manuel hatte Irene nach dem Abendessen im ›Ritz‹ heimgebracht und war dann hier heraus zu Nora Hill gefahren. Sie trug an diesem Abend ein fußlanges Kleid aus Goldbrokat mit aufgedruckten Blumen und Blättern und einen Ring mit einem großen Solitär. Ihr schwarzes Haar war an einer Seite hochgekämmt, man sah das rechte kleine Ohr. In ihm steckte ein zweiter Solitär des gleichen Umfangs.
Auf den Leichtmetallkrücken schwang die Frau mit den gelähmten Beinen zu ihrem Sessel bei dem offenen Kamin zurück, der mitten im großen Wohnzimmer ihres Appartements stand. Mächtige Holzscheite brannten.
»Was heißt, wer weiß, ob es für mich nicht noch einmal wichtig sein wird? Wer ist dieser Mann?« fragte Manuel.
»Immer mit der Ruhe. Ich sagte Ihnen doch, ich hätte eine Überraschung. Machen Sie uns zuerst zwei neue Drinks, lieber Freund.«
Nora Hill sah Manuel aufmerksam zu, wie dieser die Gläser an der Bar auf Rädern, welche neben ihm stand, mit Whisky, Eiswürfeln und Sodawasser füllte. Das Feuer prasselte im Kamin.
»Danke.« Nora Hill nahm ihr Glas. Heute abend hatte sie eine überlange goldene Zigarettenspitze. Sie blies ein paar Rauchringe. »Arme Yvonne«, sagte sie mit ihrer tiefen Stimme. »Sie kommt wirklich ein bißchen oft an solche Herren. Sind alle ganz verrückt nach ihr. Heute kann sie nicht nackt arbeiten. Ein kleiner Unfall vor zwei Tagen. Und noch blaue Flecken am Leib. Deshalb das Korsett.«
»Unfall?«
»Berufsrisiko! Passiert immer wieder etwas. Nichts Interessantes. Interessant ist der Mann, den ich Ihnen zeigte. Ein alter Stammkunde. Seit drei Jahren. So lange haben wir Emma.«
»Wen?«
»Die Ziege. Sie heißt Emma. Hinter der Villa gibt es einen Stall in einem der kleinen Häuser. Wir besitzen auch Gänse und Kaninchen und Hühner. Sogar einen Esel, Hugo. Man braucht einiges in diesem Gewerbe. Emma haben wir gekauft, als dieser Herr den Wunsch nach einer Ziege äußerte. Er sagte, er würde immer wiederkommen, und er bezahlt phantastisch. Was wollen Sie? Er ist – vielleicht haben Sie es gesehen – sehr zart gebaut. Darum … Wenn ihn also nur Emma glücklich machen kann, nicht wahr?«
»Gewiß, gewiß.«
»Alle sind glücklich – der Herr, wir, sogar Emma.«
»Die auch?«
»Die auch. Emma trinkt so gerne Bier. Es gibt nichts Schöneres für sie! Immer, wenn sie benützt wird, stellen wir einen ganzen Eimer voll Bier vor sie hin. Sie sahen es ja gerade.«
»Wird sie nicht betrunken?« erkundigte sich Manuel höflich.
»Total betrunken zuletzt. Aber sie ist dann besonders fröhlich und guter Dinge und läßt Herrn Penkovic praktisch alles tun, was der mit
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