Und Jimmy ging zum Regenbogen
gesagt,
Galgen!
)
»Haben Sie beide Frau Steinfeld nun zur Rede gestellt?«
»Ja, Herr Direktor.«
»Und?«
»Sie weinte sehr und … und … und gab zu, daß sie mit uns beiden verkehrt hatte.«
»
Sie
zogen sich aber
nicht
von ihr zurück.«
»Nein!« Landau wird lebhaft. »Ich litt freilich lange Zeit sehr, aber ich hatte Frau Steinfeld zu gern … Ich war viel einsamer als Orwin … Ich fand so schwer Kontakt zu Menschen … Orwin war da ganz anders … Und dann gab es das kleine Kind … Ich redete mir immer weiter ein, es sei von mir … Bis jetzt der Bescheid gekommen ist, habe ich es mir eingeredet! Nun muß ich mich damit abfinden: Heinz ist nicht mein Sohn, er ist der Sohn von Ludwig Orwin …«
»Tja«, sagt Richter Engelbert Arnold nach einer Pause, in der er inniglich an den Piefke Klever, das Reichssippenhauptamt, seine Beförderung und den Stein gedacht hat, den er da bei den Bonzen in Berlin wegen seiner großartigen Verhandlungsart im Brett hat, »dann …« Jetzt ist es totenstill im Saal. Valeries Faust krampft sich um das Stückchen Blei. »… dann wollen wir auch Sie vereidigen, Herr Landau …«
45
»Und so ging diese Verhandlung zu Ende«, sagte Dr. Otto Forster nun, sechsundzwanzig Jahre später, im Bastelzimmer der tiefverschneiten Villa an der Sternwartestraße und reichte Manuel einige weitere Seiten. Er wies auf das letzte Blatt. »Hier, bitte.«
Manuel las:
›Beschluß:
1.) Zu einer neuen Verhandlung, die für den 10. November 1943, 9 Uhr 30, in Saal 29 des Justizpalastes anberaumt wird, sind als Zeugen zu laden: Hermine Lippowski, Agnes Peintinger und Ottilie Landau;
2.) Der klagenden Partei wird aufgetragen, Lichtbilder von und alle Dokumente zur Erstellung eines großen Ariernachweises für Ludwig Orwin dem Gericht ehebaldigst, jedoch nicht später als bis zum 30. Oktober 1943, zur Verfügung zu stellen;
3.) Die Lichtbilder werden dem Anthropologischen Institut übermittelt, und SS -Sturmbannführer Privatdoz. Dr. Kratochwil wird mit einer neuerlichen Untersuchung beauftragt; diese soll ein Gutachten darüber erbringen, inwieweit es wahrscheinlich ist, daß der verstorbene Ludwig Orwin als Erzeuger des Klägers Heinz Steinfeld in Frage kommt …‹ Manuel reichte Forster die Papiere zurück.
»Frau Steinfeld hatte also erreicht, daß der Prozeß weiterging«, sagte er.
»Das hatte sie erreicht.« Forster nickte. »Bei der Vernehmung der Zeugen lief alles ebenfalls glatt. Mit dem Fräulein Peintinger passierte beinahe etwas – das muß ich Ihnen noch erzählen, ich erinnere mich dunkel daran. Mein Sohn hat angerufen, er ist heute nachmittag in der Kanzlei und sucht persönlich nach den letzten Akten. Er meint, er findet sie gewiß. Wenn Sie morgen zu mir kommen wollen … Ich meine, Sie möchten doch schnell Bescheid wissen, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Manuel. »Und Sie, Sie werden schon am Montag losziehen wollen und Ihre Abreise vorbereiten, denke ich.«
Forster lächelte.
»Was ich mich freue – Sie können es sich nicht vorstellen! Also sagen wir: Morgen um halb elf?«
»Sehr gut.«
»Dann erzähle ich Ihnen das Ende der Geschichte – soweit ich es erlebt habe. Ich erlebte es nicht ganz, denn im Juli 44 wurde ich ja verhaftet, und da lief der Prozeß immer noch.«
»Immer noch?«
»
Das
weiß ich bestimmt! Und noch etwas weiß ich: Er lief, obwohl das zweite anthropologische Gutachten verheerend, absolut negativ ausfiel …«
46
»Herr Aranda?«
»Ja?« Manuel saß im Salon seines Appartements. Er hatte gerade mit Nora Hill telefoniert und sie gebeten, ihn noch heute abend zu empfangen. Sobald er den Hörer in die Gabel gelegt hatte, klingelte das Telefon. »Hier spricht Ottilie Landau«, sagte die Stimme verlegen – bisher hatte Manuel sie stets nur befehlend, hart und aggressiv vernommen. »Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen, Herr Aranda. Für mein Benehmen gestern nachmittag auf dem Cobenzl. Für mein Benehmen überhaupt …« Er antwortete nicht. Was soll das? dachte er.
»… müssen doch verstehen, Herr Aranda! Ich habe Angst, große Angst. Das ist eine so unheimliche Geschichte! Aber nun habe ich lange mit Martin geredet und eingesehen, daß man Ihnen helfen muß, die Wahrheit herauszufinden. Sie sind doch unschuldig an dem allen. Sie können doch nichts dafür! Und da habe ich mich entschlossen, Ihnen zu erzählen, was noch geschah.«
»Sie?«
»Ja. Ich bin nicht so, wie die Leute sagen. Alle halten mich für
Weitere Kostenlose Bücher