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Und Jimmy ging zum Regenbogen

Und Jimmy ging zum Regenbogen

Titel: Und Jimmy ging zum Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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ich zu Jack nach England ziehen. Darüber sprachen wir auch in jener Nacht … der zwölfte Februar 1945 war das … und warm, ganz warm war es am Strand von Estoril …«

47
    Sterne funkelten, Vollmond leuchtete, die Schaumkronen der trägen Wellen schimmerten wie die Lichter in den Luxusvillen oberhalb des Strandes und die Kandelaber des Spielcasinos.
    Sehr hell war der feine Sand des Ufers, schwarz glänzte der lange Steg, der, auf schweren Bohlen ruhend, weit in das Wasser hinausführte. Jack Cardiff und Nora Hill waren, wie so oft, wieder einmal nach Estoril gefahren. Sie hatten gegessen, ein wenig Roulett gespielt und waren dann zum Strand hinuntergegangen, wo sie sich umzogen und in dem bewegten Wasser schwammen.
    Nun saßen sie am Ufer, Jack Cardiffs Lederköfferchen zwischen sich. Aus ihm hatten sie Gläser geholt, Eiswürfel aus einem Thermos, hatten Whisky bereitet, und Nora sprach leise und sehnsüchtig von dem gemeinsamen Leben, das vor ihnen lag.
    »Weißt du, daß ich von dem alten Gasthof schon träume? Wirklich, Jack! Immer wieder! Er schaut gewiß ganz anders aus, aber ich sehe das Haus, die Bäume ringsherum, die großen Pappeln …«
    »Ja, Darling«, sagte der braungebrannte, helläugige Jack Cardiff. Er blickte, von einer seltsamen Unruhe erfaßt, in die Runde, betrachtete die maurischen Villen in ihren Gärten, das Fischerdorf Cascais, alte Palmen, riesige Pinienwälder. Er machte zwei neue Drinks. Dann zündete er zwei Zigaretten an und reichte eine Nora. Sie nahm sie und lächelte ihn an.
    »Wir werden es so einrichten, wie es uns gefällt, ja?«
    »Ja, Darling.«
    »Bei den Bauern in der Umgebung finden wir bestimmt wundervolle alte Möbel … Einen erstklassigen Koch brauchen wir natürlich! Wenn es sich erst einmal herumgesprochen hat, wie gut man bei uns essen kann, wie abgelegen der Gasthof liegt …«
    »Mud in your eye, Darling«, sagte Jack Cardiff.
    Sie tranken beide.
    »Wann, glaubst du, wird der Krieg zu Ende sein?«
    »In zwei, drei Monaten – höchstens.«
    »Dann sind wir im Mai schon dort! Schon im Mai! Ach, Jack! Und wir haben genügend Geld! Du heiratest eine reiche Frau! Mein ganzer Schmuck, meine Goldstücke, die Pelzmäntel, die Steine – ich habe all das hierhergeschafft! Um Geld brauchen wir uns keine Gedanken zu machen! Und wenn es zwei Jahre dauert, bis unser Gasthof etwas abwirft, und wenn es drei Jahre dauert …«
    »Nora …« Es entging ihr, daß seine Stimme heiser war.
    »Ja?«
    »Ich muß dir etwas sagen.«
    »Na, dann sag es doch!«
    »Ich hätte es dir längst sagen müssen … sofort … Ich … ich bin ein Schwein, Nora.«
    »Ist das ein Witz?«
    »Leider nein.«
    »Aber dann …«
    »Ich habe dir nicht die Wahrheit gesagt.« Cardiff sprach mühsam. »Ich habe dich belogen – von Anfang an.«
    »Belogen – aber wie?« Sie stellte ihr Glas in den Sand.
    »Ich kann nicht mit dir nach England gehen und dich heiraten.«
    »Du … aber warum nicht? Bitte, rede nicht so! Du machst doch deine Witze!«
    »Nora, ich … bin verheiratet, seit neun Jahren, und ich habe zwei Kinder«, sagte Cardiff. Danach trank er sein Glas aus und füllte es wieder. Nora sah ihm dabei zu. Das war jetzt purer Whisky.
    »Mir auch«, sagte sie. »Auch pur.«
    »Es ist unverzeihlich, was ich getan habe … Aber als ich dich sah, da war ich völlig verrückt nach dir … Ich wollte es dir immer sagen, wirklich, Nora … Immer wieder wollte ich es dir sagen … und immer wieder hatte ich nicht den Mut … Es war eine so schöne Zeit …«
    »Ja, nicht wahr«, sagte Nora. »Eine wunderschöne Zeit. Mud in your eye, Darling.«
    »Sprich nicht so, bitte! Und trink nicht so schnell!«
    »Ich bin aber durstig. Los, gib mir noch etwas! Mehr! Viel mehr! Mach das Glas voll! Geizig warst du doch wenigstens nie!«
    »Nora, bitte!«
    »Kein Geizhals. Nur ein Lügner. Ein Lügner aus Liebe. Das muß man anerkennen.« Nora trank kleine Schlucke des reinen Whiskys, während sie sprach. »Das muß man dir hoch anrechnen. Und auch, daß du mir jetzt doch noch die Wahrheit sagst. Es muß ja wohl sein, aber du hättest dich auch einfach aus dem Staub machen können … Nein, nein, du benimmst dich wie ein Gentleman.«
    »Nora, wirklich, du trinkst zuviel …«
    »Ich werde noch viel mehr trinken. Auf eine so frohe Botschaft hin! Das will doch begossen werden. Deine Frau, die weiß nichts von mir, was?«
    »Nein. Schau mal, Nora, ich …«
    »Ist sie hübsch?«
    »Ich …

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