Und Jimmy ging zum Regenbogen
völlig neue Situation stellt!« ruft der Kurator.
Valerie nickt.
Der rosige Arnold sieht den Kurator an und bemerkt: »Da wir nun aber einmal Kenntnis davon haben, müssen wir uns mit dieser neuen Situation auseinandersetzen, Herr Doktor, gelt?«
»Natürlich, Herr Vorsitzender, natürlich. Ich meinte nur … praktisch muß jetzt alles von vorn anfangen.«
»Dann muß es eben von vorn anfangen. Die Frau Steinfeld gibt neue Tatsachen bekannt, und ich bin der Ansicht, daß wir die – insbesondere nach dem so positiven anthropologischen Gutachten – zu würdigen und zu prüfen haben.« Er wendet sich an Valerie und spricht wieder mit seiner Gütiger-Vater-Stimme: »Nun machen Sie nicht ein so furchtbar unglückliches Gesicht. Bei diesen Prozessen sind wir noch ganz andere Sachen gewöhnt. Das alles ist menschlich … menschlich, hrm, hrm … Sie erklären also, daß Sie im … wann war das? … ah, ich sehe schon, im August 1925 sowohl mit Herrn Landau wie auch mit Herrn Orwin verkehrt haben – mit dem einen häufig, mit dem anderen nur dreimal. Ist das so richtig?«
»Ja, Herr Direktor.«
»Weiß Herr Landau etwas davon?«
Wieder steht Forster auf.
»Ich habe mir erlaubt, Herrn Landau herzubitten, damit er gleich befragt werden kann. Er wartet draußen.«
Also dieser Landau ist das, der da draußen sitzt! denkt der Kurator. Jetzt erinnere ich mich wieder. Wie gut, daß ich das Maul gehalten habe, wahrhaftig. Besonders bei diesem neuen Vorsitzenden. Das scheint ja eine ganz weiche Zwetschke zu sein.
»Sehr aufmerksam von Ihnen, Herr Verteidiger«, sagt die weiche Zwetschke. »Wenn auch nicht einwandfrei … vom rechtlichen Standpunkt … Aber weil er schon einmal da ist … Nein, nein, warten Sie, Frau Steinfeld. So schnell geht das nun auch wieder nicht! Ich vereidige Sie jetzt zum zweitenmal. Sie heben die rechte Hand und sprechen mir nur die letzten Worte nach …«
Alle stehen auf.
Valerie hebt die rechte Hand.
Ganz heiß geworden ist das winzige Reh in ihrer Linken.
44
Valerie hat die Augen kurz geschlossen, als ich an ihr vorbeigegangen bin, denkt Martin Landau, vor dem Richter stehend. Das heißt, daß soweit alles gut läuft. Es muß weiter gut laufen jetzt! Natürlich Valeries und Heinz’ wegen. Aber auch meinetwegen, verflucht! Ich muß an mich denken! Wenn die den Orwin nicht schlucken und der Prozeß nicht weitergeht und dieser Dreckskerl von einem Kurator, ich kann seine Visage gar nicht anschauen, jetzt mit Meineid und einem Verfahren gegen mich anfängt – Himmel, was wird dann? Was macht die Partei mit so einem wie mir? Von Gefängnis hat die Tilly damals, bevor alles begann, gesprochen, von Zuchthaus, KZ , vom … ja … ja, vom
Galgen!
O Gott, o Gott …
»Herr Landau!«
Der schmale Mann zuckt zusammen. Heute hat er nicht den Schneid und die Angriffslust der ersten Verhandlung. Heute ist er abwesend, verschreckt. Valerie sieht es mit Gram.
»Verzeihung, Herr Direktor!«
»Ich habe gefragt: Es war Ihnen also bekannt, daß Frau Steinfeld nicht nur zu Ihnen, sondern auch zu Herrn Orwin in intimen Beziehungen stand?«
Ach, Valerie, was hast du angerichtet!
»Das war mir bekannt, ja, Herr Direktor.« Wie schrecklich. »Ich habe allerdings erst nach der Geburt des Jungen davon erfahren. In einem vertraulichen Gespräch zwischen Ludwig und mir.«
»Ludwig, das war Herr Orwin?«
»Ja. Er und ich, wir hatten uns richtig angefreundet, Herr Direktor. Und als nun Heinz geboren wurde, da war ich sehr glücklich und stolz … Ich wollte doch, daß Frau Steinfeld sich scheiden läßt und mich heiratet und ich den Jungen als mein Kind anerkenne … Na, und einmal, da war ich in Ludwigs Atelier, und wir tranken eine ganze Menge … Ich vertrage kaum etwas … Und da habe ich ihm dann die Wahrheit gesagt über mich und Valerie … Frau Steinfeld.«
»Und?«
»Und da hat der Ludwig – der Herr Orwin sich furchtbar aufgeregt und mir gesagt, daß auch er ein Verhältnis mit Frau Steinfeld hat.«
»Hat oder hatte?« fragt Arnold schnell.
»Nein, nein,
hatte!
Ein
intensives
Verhältnis jedenfalls. Sie waren immer noch eng befreundet, aber Orwin hatte Ende 1925 eine junge Frau kennengelernt und sich sehr in sie verliebt … Diese Beziehung dauerte nicht lange, doch die intimen Beziehungen zu Frau Steinfeld waren abgebrochen – nach dieser Aussprache mit mir zog sich Orwin zurück. Es war auch das Ende unserer Freundschaft, Herr Direktor.« (Galgen, hat die Tilly
Weitere Kostenlose Bücher