Und Jimmy ging zum Regenbogen
Heinz!«
»
Leise,
verflucht!«
»Natürlich ist er das«, flüsterte Valerie erstickt. »Ich habe meinen Mann nie betrogen … Wir haben uns geliebt … und da soll ich sagen, ich und Martin …«
Mit aller Kraft gelang es Nora, sich zu befreien.
»Lassen Sie mich durch. Ich gehe.«
»Aber wann kommen Sie wieder?«
»Überhaupt nicht. In sechs Wochen fliege ich nach Lissabon zurück. Vorher rufe ich an. Ich stelle die Fragen. Sie sagen nur ja oder nein.« Damit stand Nora auf, schob grob Valeries Beine beiseite und trat aus der Bankreihe. Sie sank leicht in die Knie, bekreuzigte sich und ging schnell zum Ausgang.
Valerie sah ihr nach. Dann holte sie mühsam Atem und blickte nach vorn, in das milde Licht der Kerzen auf dem Altar. Nichts regte sich mehr in ihrem Gesicht, es war wie aus Stein gehauen.
Auch über dich werde ich bald mehr wissen, dachte der Mann mit dem Homburg, der sie genau betrachtete. Dann machte er, daß er aus der Kirche kam. Er hatte es jetzt so eilig wie Nora Hill.
Valerie Steinfeld sah aus, als sei sie soeben gestorben.
43
»Auf den Schreibtisch!«
»Carl, du bist verrückt …«
»Total! Total verrückt nach dir! Zwei Monate habe ich dich nicht gesehen. Mach die Beine breit! Los, die Beine sollst du breit machen!«
»Aber mir ist das schrecklich … deine Leute … das ganze Sekretariat …«
»Die können mich doch alle! Die denken sich sowieso ihren Teil. Soll einer wagen, eine Miene zu verziehen! Nun komm schon, komm …« Der Leiter des ›Arbeitsstabes Flemming‹ ließ sich in einen Sessel fallen. Er packte Nora Hills Unterschenkel und preßte die Füße gegen die Lehnen. Sie saß jetzt vor ihm auf einem großen Schreibtisch, und sie trug noch Strümpfe, Halter, den schwarzen Turban und ihren Schmuck. Der Baby-Leopardenmantel, die Schuhe, das graue Wollkleid, die Krokodilledertasche und die Unterwäsche lagen wild verstreut in Flemmings Büro. Er hatte sie ihr fast vom Leib gerissen.
»Nicht … bitte nicht!«
»Sei ruhig … Du riechst herrlich … herrlich! Was ist das?«
Nora mußte gegen ihren Willen lachen.
»›Fleurs de Rocaille‹ … von Caron …« Wenigstens erfrischen dürfen hatte sie sich in Flemmings Waschraum, als sie angekommen war. Das hatte er gestattet.
»Ein neues Parfüm … hattest du noch nie …«, keuchte er, während er seinen Kopf zwischen ihren Schenkeln vergrub. Ein neues Parfüm, stimmt, dachte Nora. Jack Cardiff hat es mir geschenkt. »Ja … ja, das ist wunderbar … gleich wird es auch für dich wunderbar sein …«
Nora fühlte, wie die Situation und das, was er tat, sie zu erregen begannen.
Ich bin eine Hure, dachte sie. Eine Hure bin ich. Gestern nachmittag lag ich noch in Jack Cardiffs Bett und jetzt … Eine Hure, na schön. Auch eine Hure hat einen Mann, den sie wirklich liebt. Ich liebe Jack. Den da, diesen Stier von einem Nazi, brauche ich, von ihm bin ich abhängig, er schützt mich, ich brauche Schutz. Natürlich ist er davon überzeugt, daß ich mit Jack schlafe. Er spricht nie davon. Vielleicht regt der Gedanke ihn auf. Auch Jack hat mich nie gefragt, was ich mit Flemming treibe. Ein schweigendes Übereinkommen ist das zwischen uns dreien. Moralisch? Aaaaahhh –
Moral!
Überleben, gut überleben, darauf kommt es jetzt an. Und dann bleibe ich bei Jack und bin ihm treu, für immer. Er ist schon ein Kerl, dieser Carl Flemming …
»Gut so?«
»Ja … ja … ein … bißchen … weiter oben …« Nora Hill atmete schneller. Flemmings Büro lag im dritten Stock eines alten Hauses Am Hof, schräg gegenüber dem Gebäude der Länderbank. Man hatte das Haus beschlagnahmt. Unten gab es noch ein paar Geschäfte. Der Aufgang zum Halbstock und zu einem Lift war mit hohem Drahtgitter gesichert. Kein Unbefugter kam durch diese Sperre.
Der ›Arbeitsstab Flemming‹ hatte drei Dutzend Angestellte verschiedener Rangstufen, die im Hause arbeiteten, und sehr viel mehr Agenten im Außendienst. Eine moderne Telefonanlage war installiert worden, als Flemming einzog, eine große Funkstation. Auf dem Dach reckten sich hohe Antennen. Die Funker saßen im obersten Stockwerk. Spezialisten werteten einlaufende Berichte aus, hielten Kontakt mit Berlin, hörten rund um die Uhr ausländische und geheime Sender ab, setzten Funksprüche an Kuriere unterwegs auf, die in der Chiffrierabteilung verschlüsselt und danach von einem starken Kurzwellensender ausgestrahlt wurden. Schreibmaschinen klapperten, Fernschreiber
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