Und keiner wird dich kennen
stehen – sofort! Sonst schießen wir!«
Barsch zögert, blickt sich um. Einen Moment lang verlangsamt er sein Tempo, mit brennenden Augen beobachtet Maja es. Sie will loslaufen, will ihrem Bruder zu Hilfe kommen, doch sie weiß, dass sie das auf keinen Fall tun darf, sonst trauen sich die Scharfschützen wegen ihr womöglich nicht, abzudrücken!
Jetzt scheint sich Barsch entschieden zu haben, er rennt weiter. Hält Elias zum zweiten Mal ein Messer an die Kehle, schiebt ihn von sich. Ein Knall peitscht auf, Barsch ist getroffen! Doch er scheint es kaum zu beachten, er greift sich ihre Mutter und zieht sie hinter sich her! Was machen sie jetzt, will er sie etwa durch dieses Gebüsch zwingen?
Ein zweiter Knall. Robert Barsch bleibt stehen, bricht dann ganz langsam zusammen und bleibt auf dem Asphalt liegen.
Eine Menge Gestalten in schwarzer Tarnkleidung und mit Sturmmasken rennen mit Waffen im Anschlag auf den liegenden Mann zu. Maja kann nur noch eines denken: Ist der Scheißkerl tot? Oder hat das Einsatzkommando ihn nur verletzt? Hoffentlich ist er tot! Ihre Gedanken sind so voller Hass, dass es ihr selbst Angst macht.
Hinter dem Häuschen mit den Einkaufswagen sieht Maja eine kleine Gestalt, ihren Bruder. Auch ihre Mutter scheint nicht verletzt zu sein, jetzt rennt sie auf Elias zu. Tränen der Erleichterung schießen Maja in die Augen. Es ist vorbei. Sie haben es überstanden!
»Was ist denn hier los?«, fragt plötzlich eine Männerstimme. Erschrocken wendet sich Maja um und sieht keine drei Meter entfernt einen jungen, dunkelhaarigen Mann in grauer Windjacke und Jeans stehen. In seiner Hand baumelt eine Hundeleine. »Ich wollte hier nur kurz mit Jacky Gassi gehen, aber das ist ja der Hammer, was hier abgeht ...«
Ach so. Einfach ein Anwohner mit seinem Hund. »Das war eine Geiselnahme – besser, Sie gehen schnell wieder heim«, empfiehlt ihm Maja abwesend und wendet sich wieder um, beobachtet, was auf dem Parkplatz geschieht. Die schwarz gekleideten Männer knien sich neben das Bündel auf dem Boden.
»Ey, klar, das mache ich. Ciao«, hört Maja den Mann sagen, aber er geht nicht, er scheint zu zögern, typisch Schaulustiger. Gleich zückt er wahrscheinlich sein Fotohandy, um die Aufnahmen an den nächstbesten Fernsehsender zu verkaufen oder auf Facebook zu posten.
Maja will zu ihrer Mutter laufen, zu Elias, will nichts anderes, als sie zu umarmen. Zwei Beamtinnen haben ihren Bruder in Empfang genommen und kümmern sich um ihn und Lila. Doch kurz bevor Maja losläuft, schaut sie sich noch einmal in alle Richtungen um, so wie immer – sie fühlt sich nicht gut, wenn sie das vergisst.
Eigenartig. Der Mann steht noch immer da, und die Art, wie er mit leicht gerunzelter Stirn die Szene auf dem Parkplatz beobachtet, macht Maja misstrauisch. Wo genau ist eigentlich sein Hund? Dieser Jacky oder wie auch immer er hieß? Der Mann hat noch keinen Versuch gemacht, ihn zu rufen oder zu sich zu pfeifen.
Ganz kurz treffen sich ihre Blicke und jetzt hat der Mann anscheinend genug gesehen, mit raschen Schritten geht er weiter – in Richtung des grünen Hügels hinter der JET-Tankstelle.
Da stimmt etwas nicht. Schon kriecht die Angst in Maja zurück, ihre Haut kribbelt, als hätte ein Heckenschütze sie ins Visier genommen. Soll sie losrennen? Weg von diesem Typen? Nein, er geht ja jetzt davon, was ist, wenn er ein Komplize ist ... und unerkannt entkommt?
Noch konzentriert sich die ganze Aufmerksamkeit der Polizei auf den Parkplatz, niemand achtet auf sie. Was jetzt – die Arme schwenken, um jemanden auf sich aufmerksam zu machen? Losbrüllen? Maja blickt dem Mann nach. Wenn das ein falscher Alarm ist, dann bringe ich jemanden ganz schön in Schwierigkeiten . Aber irgendwie glaubt sie nicht daran. Wie hat es Robert Barsch ausgedrückt? Diesmal killen WIR euch!
»Hilfe!«, schreit Maja mit der ganzen Kraft ihrer Lungen. »Ich brauche Hilfe!«
Köpfe wenden sich ihr zu, erstaunte Blicke treffen sie, dann kommt einer der Kerle in Schwarz im Laufschritt auf sie zu. »Der da!«, ruft Maja und deutet auf den angeblichen Spaziergänger, der erschrocken dreinblickt und seine Schritte beschleunigt. Dann beginnt er zu rennen, hinein in die Dunkelheit des Grüngürtels. Das war kein falscher Verdacht! Ist der Typ ein Helfer von Robert Barsch? Ist er bewaffnet, wird er jetzt – in die Enge getrieben – noch schnell versuchen, Lila zu eliminieren?
Nichts wie weg. Zu den anderen, dort ist sie vermutlich außer
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