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Und morgen bist Du tot

Und morgen bist Du tot

Titel: Und morgen bist Du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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leicht angetrunken schien und fast aus seinem schwarzen Kleid platzte, stieß einen Freudenschrei aus. Der Croupier räumte die Jetons der Verlierer ab und stapelte den Gewinn auf die erfolgreichen Jetons, wobei er den größten Gewinn zuerst auszahlte. Der große Mann behielt seine Geldscheine im Auge.
    Dann nahm der Croupier das Geldbündel und zählte es mit geübter Hand. Eigentlich war es überflüssig, denn er hatte die Summe schon unzählige Male vorher gezählt und wusste genau, wie viel es war. »10000«, verkündete er laut und deutlich, damit es die anderen Spieler und das Gerät zur Stimmaufzeichnung hören konnten. Die Chinesin schaute den hochgewachsenen Mann respektvoll an. In diesem Casino war das eine ungeheure Summe. Der Croupier stapelte die Jetons auf.
    Der Mann nahm sie entgegen und begann sofort zu spielen, wobei er in rascher Folge auf ein Drittel setzte und auf einige der ungeraden Zahlen an den Außenseiten des Tisches. Den größten Teil setzte er jedoch auf die sechs Zahlen, die unmittelbar vorher gewonnen hatten und auf dem Display angezeigt wurden. Er deckte fast alle Zahlen ab, da er nur auf Splits und Corners wettete. Schon bald markierten seine Jetons den Tisch wie die Fähnchen das neueroberte Territorium auf einer Landkarte. Als der Croupier den Kessel anschob – laut Vorschrift musste er dies alle neunzig Sekunden tun –, beeilten sich die anderen Spieler, ebenfalls zu setzen.
    Mit einem Fingerschnippen brachte der Croupier die Kugel ins Spiel.
    Die Meldung aus dem Raum, in dem sich die Monitore der Überwachungskameras befanden, war klar und deutlich in Campbell Macaulays Ohrstöpsel zu hören.
    »Clint ist hier.«
    »Am üblichen Platz?«, erkundigte sich der Casinodirektor, wobei sich seine Lippen kaum bewegten.
    »Tisch vier.«
    Campbell Macaulay hatte sein Leben lang in Spielcasinos gearbeitet und war vom Croupier zum Saalchef und schließlich zum Manager aufgestiegen. Heute leitete er das Casino. Er liebte die Arbeitszeiten, die Atmosphäre, die Ruhe und Energie, die in jedem Casino herrschten. Und ihm gefiel auch die geschäftliche Seite. Zwar mussten sie gelegentlich große Gewinne auszahlen, doch auf lange Sicht war es ein erfolgreiches Geschäftsmodell.
    Es gab nur zwei Dinge, die er wirklich nicht mochte. Das eine waren die zwanghaften Spieler, die sich im Casino finanziell ruinierten und der Branche letztlich nur schadeten. Und er mochte es nicht, wenn man ihn an freien Tagen mitten in der Nacht anrief, weil ein kleiner Spieler oder ein Fremder eine riesige Summe an einem einzigen Tisch gesetzt hatte. So etwas kam nämlich dann vor, wenn Betrüger am Werk waren. Daher wurden solche Leute mit großem Argwohn betrachtet.
    War man ein guter Spieler, der sich auf das jeweilige Spiel verstand, konnte man die Verluste begrenzen. Beim Blackjack und Craps schafften erfahrene Spieler beinahe den Ausgleich zwischen dem, was sie gewannen und was die Bank einstrich. Die meisten Leute besaßen jedoch weder das nötige Wissen noch die Geduld, was dazu führte, dass die Gewinnspanne des Casinos nicht bei den üblichen wenigen Prozentpunkten lag, sondern bei durchschnittlich zwanzig Prozent der Spieleinsätze.
    Campbell war wie immer tadellos frisiert. Er trug Tag und Nacht einen dezenten dunklen Anzug, ein perfekt gebügeltes Hemd mit einer eleganten Seidenkrawatte und glänzende schwarze Schuhe. Beinahe unsichtbar glitt er durch einen Nebenraum, in dem an diesem Abend eines der regelmäßigen Pokerturniere stattfand. Fünf Tische mit jeweils zehn Spielern, ein schäbiger, nachlässig gekleideter Haufen in Pullovern und Jeans, Baseballkappen und Turnschuhen. Aber es waren lauter wohlhabende Leute aus der Gegend, die ein anständiges Startgeld bezahlt hatten.
    Zu Beginn seiner Karriere vor siebenundzwanzig Jahren herrschten in den meisten Casinos noch strenge Bekleidungsvorschriften, und er bedauerte den Mangel an Eleganz in heutiger Zeit. Um die Spieler anzulocken, musste man jedoch mit der Zeit gehen. Wenn sie die Leute mit den dicken Brieftaschen vertrieben, würden die anderen Casinos in der Stadt ihnen nur zu gern die Tore öffnen.
    Er machte eine Runde durch die blitzblanke Küche, nickte dem Chefkoch und seinen Mitarbeitern zu und beobachtete, wie ein Tablett mit Krabbencocktails und Räucherlachs in den Speisesaal getragen wurde.
    Dann ging er durch den Hauptsaal, der sich zusehends füllte. Etwa zwei Drittel der Spielautomaten waren besetzt, dazu alle Blackjack-Tische, die

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