Und morgen bist Du tot
Eines Tages, das nahm er sich fest vor, würde er es herausfinden.
Bella hielt eine Ausgabe des Evening Standard und eine Spätausgabe des Argus in die Höhe. Die Schlagzeile des Standard lautete: ORGANDIEBSTAHL – RÄTSEL UM LEICHEN IM KANAL. Der Argus schrieb: KANALLEICHEN FEHLEN LEBENSWICHTIGE ORGANE.
»Sie können sicher sein, dass es morgen in allen Zeitungen steht. Außerdem werden Fernsehteams im Hafen von Shoreham herumkriechen, und wir bekommen schon den ganzen Nachmittag Anrufe von Radiosendern.« Er nickte Dennis Ponds zu, den er eigens zu dieser Besprechung gebeten hatte.
Der ehemalige Journalist war heute Pressesprecher der Polizei und sah eher nach Banker aus der City als nach Zeitungsmann aus. Er war Anfang vierzig, trug das schwarze Haar mit Gel zurückgekämmt, hatte gigantische Augenbrauen und eine Neigung zu übereleganten Anzügen. Er war nicht um seine Aufgabe zu beneiden, die darin bestand, die fragilen Beziehungen zwischen Polizei und Öffentlichkeit zu pflegen. Oft konnte er nur verlieren und war sich dann des Spotts jener Beamten gewiss, die allen, die auch nur entfernt mit der Presse zu tun hatten, voller Misstrauen begegneten.
»Wir können nur hoffen, dass die Berichte hilfreiche Hinweise aus der Bevölkerung bringen«, sagte er. »Ich habe retuschierte Fotos der drei Toten an alle Zeitungen und Fernsehsender geschickt, ebenso an die relevanten Internetportale.«
»Haben Sie auch Absolute Brighton TV auf Ihrer Liste?«, erkundigte sich Nick Nicholas. Dabei handelte es sich um ein relativ neues städtisches Internetportal.
»Absolut!«, erwiderte Ponds und strahlte über seinen eigenen Witz.
Grace warf einen Blick in seine Unterlagen.
»Bevor wir uns Ihre Berichte anhören, möchte ich auf eine interessante Meldung verweisen, die heute hereinkam. Möglicherweise hat es nichts zu bedeuten, aber wir sollten der Sache nachgehen.« Er schaute Glenn Branson an. »Als unser Marineexperte dürftest du der Richtige für diese Aufgabe sein.«
Allgemeines Gelächter.
»Eher ein Experte für spastisches Erbrechen, würde ich sagen«, bemerkte Norman Potting.
Grace beachtete ihn nicht. »Ein Fischerboot aus Shoreham namens Scoob-Eee wird seit Freitagabend vermisst. Vielleicht gibt es eine ganz banale Erklärung, aber wir sollten sämtliche ungewöhnlichen Ereignisse an der Küste überprüfen.«
»Sagtest du Scoob-Eee, Roy?«, fragte Branson nach.
»Ja.«
»Aber das ist das Boot, mit dem ich am Freitag unterwegs war, zusammen mit der SSU.«
»Sagen Sie nicht, Sie haben es versenkt, Glenn!«, witzelte Guy Batchelor.
Glenn ignorierte ihn. »Hast du weitere Informationen?«
»Nein, sieh zu, was du herausfinden kannst.«
Branson nickte und saß schweigend da. Den Rest der Besprechung verfolgte er nur mit einem Ohr.
»Hört sich nach Gangstern an«, sagte Norman Potting wie aus heiterem Himmel.
Grace sah ihn fragend an.
»Es gibt doch diesen Spruch von Noël Coward über Brighton: Piers, Homos, Gangster. Das bringt es treffend auf den Punkt, oder?«
Bella schaute ihn mürrisch an. »Und wo würden Sie sich einordnen?«
»Norman, es gibt Menschen, die so etwas als Kränkung empfinden. Verstanden?«
Einen Moment lang schien der DS diskutieren zu wollen, besann sich dann aber eines Besseren. »Ja, Chief, verstanden. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass bei drei Leichen mit fehlenden Organen durchaus Gangster am Werk sein könnten. Leute, die mit menschlichen Organen handeln.«
»Haben Sie noch mehr darüber zu berichten?«
»Ich habe mit Phil Taylor und Ray Packard von der High-Tech Crime Unit gesprochen, damit sie sich im Internet umschauen. Ich selbst habe auch gesucht, die Sache ist weit verbreitet.«
»Gibt es Verbindungen nach Großbritannien?«
»Bisher nicht. Ich dehne die Suche aber so weit wie möglich aus und werde auch Interpol und vor allem Europol hinzuziehen. Ich glaube allerdings nicht, dass von dort mit schnellen Antworten zu rechnen ist.«
Darin musste Grace ihm leider beipflichten. Er hatte viele Erfahrungen mit Interpol gemacht und wusste, dass die Organisation unerträglich langsam arbeitete und sich bisweilen sehr arrogant verhielt.
»Ich habe etwas gefunden, was interessant sein könnte«, erklärte Potting. Er stemmte sich von seinem Stuhl hoch und trat an die weiße Tafel, an der das vergrößerte Foto der Tätowierung hing. Potting deutete darauf und sprach den Namen RARES laut aus.
»Es ist ein rumänischer Name, ein männlicher Vorname.«
»Eindeutig
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