Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und morgen in das kühle Grab

Und morgen in das kühle Grab

Titel: Und morgen in das kühle Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
Vom Netzwerk:
der Punkt,
den ich in unserer Story ansprechen möchte. Ich bin einige
Artikel über Unterschlagungsfälle in Unternehmen
durchgegangen: Immer wieder wird da betont, wie
verschwenderisch der jeweilige Täter mit dem gestohlenen
Geld umgegangen ist, sich ein Privatflugzeug und eine
Jacht und eine Anzahl verschiedener Wohnsitze geleistet
hat. In unserem Fall trifft das alles nicht zu. Was Nick
Spencer mit dem Geld gemacht hat, ist bisher nicht
ersichtlich. Ich möchte stattdessen lieber die kleinen Leute
interviewen, auch diesen Typen, der jetzt angeklagt wird,
den Brand gelegt zu haben. Selbst wenn er schuldig sein
sollte, was ich bezweifle, war er völlig verzweifelt, weil
seine kleine Tochter unheilbar an Krebs erkrankt ist und er
sein Haus verlieren wird.«
»Warum glaubst du, dass er unschuldig ist?«, fragte
Don.
    »Für mich scheint das ein klarer Racheakt gewesen zu
sein.«
»Ich habe ihn bei der Aktionärsversammlung gesehen.
Er war praktisch nur eine Armlänge von mir entfernt, als
er diesen Wutanfall hatte.«
»Der wie lange dauerte?« Don hob eine Augenbraue, ein
Trick, den ich schon immer selber gerne beherrscht hätte.
»Ungefähr zwei Minuten, wenn überhaupt«, räumte ich
ein. »Aber ob er das Feuer gelegt hat oder nicht, jedenfalls
ist er ein gutes Beispiel dafür, wer die wirklichen Opfer
sind, wenn Gen-stone Pleite geht.«
»Dann sprich mit einigen von ihnen und schau, was
dabei herauskommt«, sagte Ken zustimmend. »So, und
jetzt lasst uns an die Arbeit gehen.«
Ich kehrte an meinen Arbeitsplatz zurück und sah die
Papiere durch, die ich über Spencer gesammelt hatte. Nach
dem Absturz hatten sich einige Leute von Gen-stone, die
enger mit ihm zusammengearbeitet hatten, gegenüber der
Presse geäußert. Vivian Powers, die seit sechs Jahren seine
Sekretärin war, hatte ihn in den höchsten Tönen gelobt.
Ich beschloss, in Pleasantville anzurufen, in der Hoffnung,
dass sie heute wieder zur Arbeit erschienen war.
Sie nahm meinen Anruf entgegen. Ihre Stimme klang
jung, aber sie sagte mir, sie wolle keine Fragen mehr
beantworten, weder am Telefon noch in einem
persönlichen Gespräch. Ich fiel ihr rasch ins Wort, bevor
sie auflegen konnte. »Ich arbeite zusammen mit zwei
Kollegen für die Wall Street Weekly an einer
Titelgeschichte über Nicholas Spencer«, sagte ich.
»Um ehrlich zu sein, würde ich gerne auch etwas
Positives über ihn schreiben, aber die Leute sind so
wütend darüber, ihr Geld verloren zu haben, dass es
insgesamt wohl ein sehr negatives Porträt werden wird.
Kurz nach seinem Tod haben Sie sich sehr positiv über ihn
geäußert. Vermutlich haben Sie mittlerweile ebenfalls Ihre
Meinung geändert.«
»Ich werde niemals glauben, dass Nicholas Spencer auch
nur einen Cent für sich selbst gestohlen hat«, sagte sie
aufgebracht. Dann jedoch versagte ihr die Stimme. »Er
war ein wunderbarer Mensch«, setzte sie fast flüsternd
hinzu, »das können Sie gerne zitieren.«
Ich hatte das Gefühl, dass Vivian Powers Angst davor
hatte, jemand könnte das Gespräch mithören. »Morgen ist
Samstag«, sagte ich hastig. »Ich könnte zu Ihnen kommen
oder mich irgendwo mit Ihnen treffen.«
»Nein, nicht morgen. Ich muss erst darüber
nachdenken.«
Es knackte an meinem Ohr, und die Leitung war
unterbrochen. Was hatte sie damit gemeint, dass Spencer
nie Geld für sich selbst stehlen würde?
Vielleicht nicht morgen, aber wir werden noch
miteinander reden, Miss Powers, dachte ich. Wir müssen
unbedingt miteinander reden.
16
    WENN ANNIE NOCH LEBEN WÜRDE, hätte sie ihm
nicht erlaubt, Alkohol zu trinken, weil sich das nicht mit
seiner Medizin vertrage, wie sie sagte. Aber gestern, auf
dem Rückweg von Greenwood Lake, hatte Ned bei einem
Spirituosengeschäft angehalten und je eine Flasche
Bourbon, Scotch und Rye gekauft. Er hatte seine Medizin
nicht mehr genommen, seit Annie tot war, daher würde sie
vielleicht nicht sauer auf ihn sein, wenn er jetzt trank. »Ich
muss schlafen, Annie«, hatte er erklärt, als er die erste
Flasche öffnete. »Und damit werde ich besser schlafen.«
    Und es hatte geholfen. Er war im Sessel sitzend
eingeschlafen, aber dann war etwas geschehen. Ned
wusste nicht genau, ob es ein Traum war oder ob er sich
im Halbschlaf an die Brandnacht erinnerte. Er kauerte
inmitten dieser Baumgruppe mit dem Benzinkanister, als
an der einen Seite des Hauses ein Schatten auftauchte und
die Auffahrt hinunterhastete.
    Die Zweige der

Weitere Kostenlose Bücher