Und Nachts die Angst
mit ihm arbeitet, ist immer Verlass, wenn es um den neuesten Klatsch geht. Der Bursche ist geschwätzig wie ein twitternder Teenie. Und auf diese Neuigkeit hat Duke gewartet.
»Der Mistkerl hat’s heute Morgen getan, vor dem Frühstück«, fährt Montoya fort.
Duke streckt die Beine aus. »So was. Und wie?«
»Angeblich hat er die Beine seines Overalls zusammengezurrt.«
Eine andere Kollegin, Kim Benioff, eine zierliche Brünette, erscheint im Türrahmen und schiebt Montoya zur Seite. »Bloß schade, dass Vanderholt sich nicht geschickter angestellt hat, was?« Offenbar hat sie das Gespräch mitgehört.
Dukes Lächeln verblasst. »Was soll das heißen?«
»Er ist nicht tot«, sagt Montoya.
»Dummerweise«, fügt Benioff hinzu.
Montoya verschränkt die Arme vor der Brust. »Knapp daneben ist auch vorbei.«
»Die Wachleute haben ihn gerade noch rechtzeitig entdeckt«, bestätigt Benioff.
»Und die haben natürlich ihre verdammte Pflicht getan und ihn runtergeholt.«
»Ihn beatmet und wiederbelebt«, sagt sie.
»Und ins Lazarett geschafft«, sagt er.
»Und jetzt steht er unter Rundumbeobachtung«, sagt sie kopfschüttelnd.
»Mann, die hätten ihn einfach baumeln lassen sollen. Hätten uns allen einen Gefallen getan.«
»Ja.« Benioff schneidet eine Grimasse. »Und die Prozesskosten erspart.«
Montoya grinst zurück. »Ganz zu schweigen von Kost und Logis für das Arschloch.«
»Für das elende Kinderschänder-Arschloch«, bekräftigt sie.
Damit geht ihrem Geplänkel die Luft aus. Die beiden Officer im Türrahmen hören auf zu lächeln und erklären, dass sie zurück an die Arbeit müssen. So schnell, wie sie aufgetaucht sind, ziehen sie wieder ab und machen sich auf die Suche nach jemand anderem, der die Neuigkeit noch nicht gehört hat. Zurück bleibt der innerlich brodelnde Duke.
Wenn Vanderholt unter Beobachtung steht, kommt man noch schwerer an ihn heran.
Er packt seine Jacke und rauscht hinaus, um eine zu rauchen und sich über das Ausmaß des Schadens klarzuwerden.
9. Kapitel
San Francisco
R eeve verneigt sich höflich vor dem Sushi-Koch, der konzentriert ein beeindruckendes Messer schleift. Sie bleibt stehen, um sich seine Technik einzuprägen, setzt sich aber wieder in Bewegung, als Takami-san, die strenge Matriarchin und Besitzerin, aus ihrem Büro kommt. Takami-san ist eine stille, zierliche Frau, die hier im Restaurant dennoch größer erscheint als jeder andere.
Reeve verbeugt sich in angemessener Form, dann geht sie durch den Flur, um ihre Sachen im Pausenraum zu verstauen, eine rechteckige, klaustrophobisch enge Kammer, kaum größer als ein begehbarer Schrank. Sie bindet das Haar mit einem sauberen japanischen Tuch zurück und betrachtet sich im Spiegel. Zufrieden stopft sie ihre riesige Tasche in den Spind, drückt ihn zu, schließt ab und verlässt den Raum, wobei sie fast mit Keiko, Takami-sans Tochter, zusammenstößt. Reeve murmelt eine Entschuldigung und setzt an, um nach der UCLA zu fragen, aber Keiko blinzelt nur und geht hastig weiter.
Was ist los? Takami-san hat Reeve noch vergangene Woche erzählt, dass ihre Tochter zu Thanksgiving nicht nach Hause kommen wollte. Während Reeve darüber nachdenkt, massiert sie sich instinktiv die linke Hand.
Aber sie hat einiges zu tun, also beginnt sie, Tische zu decken und Servietten und Stäbchen hinzulegen. Sie hat nur einen kurzen Augenblick, um ihr Werk zu begutachten, als Takami-san schon die Eingangstür aufschließt. Die Mittagsgäste strömen herein, und schnell sind die Plätze an der Sushi-Bar und an den Tischen besetzt. Die Geräuschkulisse ist laut und fröhlich, und die Augen können den Händen des Sushi-Kochs kaum mehr folgen, als er das Messer wirbeln lässt.
Aus Gewohnheit behält Reeve alle drei Ausgänge im Blick, während sie dampfende Udon und wunderschön zubereitetes Sashimi serviert. Sie kann jeden Stammgast, jedes neue Gesicht identifizieren. Sobald jemand sich merkwürdig verhält, ist sie auf der Hut, und wirkt jemand ungepflegt, was zum Glück selten vorkommt, geht sie auf Abstand.
Reeve meldet der Küche in perfektem Japanisch Bestellungen für unagi bento und toro-maki, und die Gäste lachen und reden und bestellen mehr. Heute herrscht eine große Nachfrage nach besonders seltenen Genüssen der japanischen Küche, vielleicht weil man die anstehenden Menüs mit Truthahn und noch mehr Truthahn fürchtet.
Als die mittägliche Rushhour ihren Höhepunkt erreicht und Reeve unaufhörlich Bestellungen
Weitere Kostenlose Bücher