...und noch ein Küsschen!
Schritte zurückgetreten und stand nun da, die Hände in die Hüfte gestemmt, den Kopf hoch erhoben. Ich hatte den Eindruck, dass er ärgerlich und gereizt war. Die Frau schien aus ihrer unbequemen Stellung heraus mit ihm zu sprechen oder ihn vielmehr anzuschreien, und wenn sich auch ihr Körper nur winden konnte, so waren doch die Beine frei, mit denen sie wild auf den Boden stampfte.
«Ich habe das Glas mit dem Hammer zerschlagen und meiner Mutter erzählt, ich hätte es aus Versehen vom Regal gestoßen.» Sir Basil wirkte jetzt völlig entspannt, kein bisschen nervös, obgleich er mit merkwürdig tonloser Stimme sprach. «Vielleicht sollten wir hinuntergehen und sehen, ob wir helfen können.»
«Das wäre wohl das Beste.»
Aber er rührte sich nicht. Er nahm eine Zigarette heraus, zündete sie an und legte das abgebrannte Streichholz sorgfältig in die Schachtel zurück.
«Ach, entschuldigen Sie», sagte er. «Möchten Sie auch eine?»
«Danke, ich glaube, ja.»
Er machte aus dem Anbieten und Anzünden der Zigarette eine umständliche kleine Zeremonie, und wieder legte er das abgebrannte Streichholz sorgfältig in die Schachtel zurück. Dann standen wir auf und gingen langsam den grasigen Abhang hinunter.
Für die beiden war es natürlich eine ziemliche Überraschung, als wir durch einen Torbogen in der Eibenhecke auf sie zutraten.
«Was ist denn hier los?», fragte Sir Basil. Er sprach sanft, aber es war eine gefährliche Sanftmut, die seine Frau sicherlich noch nie bei ihm erlebt hatte.
«Sie hat den Kopf durch das Loch gesteckt und kriegt ihn nicht wieder raus», erklärte Major Haddock. «War ein Jux, wissen Sie.»
«Ein was?»
«Basil!», schrie Lady Turton. «Stell dich nicht so dumm an! Tu etwas, ja?» Sie konnte sich zwar nicht viel bewegen, aber reden konnte sie noch.
«Wird wohl nichts anders übrigbleiben, als dieses Holzding aufzubrechen», sagte der Major. An seinem grauen Schnurrbart haftete ein wenig Rot, und das genügte, sein männliches Aussehen zu zerstören – wie der überflüssige Farbtupfen, der ein vollkommenes Gemälde ruiniert. Er wirkte nur noch komisch.
«Aufbrechen? Den Henry Moore aufbrechen?»
«Mein lieber Sir Basil, es gibt keine andere Möglichkeit, Ihre Gattin zu befreien. Gott weiß, wie sie es fertiggebracht hat, sich da hineinzuquetschen, aber heraus kommt sie nicht von selbst, so viel steht fest. Die Ohren sind im Weg.»
«Ach Gott», seufzte Sir Basil. «Das ist ja schrecklich. Mein schöner Henry Moore.»
Hier begann Lady Turton, ihren Mann in höchst unangenehmer Weise zu beschimpfen, und vermutlich hättesie nicht sobald damit aufgehört, wäre nicht plötzlich Jelks aus dem Schatten aufgetaucht. Er kam über den Rasen geschlurft und stellte sich wortlos in respektvoller Entfernung neben Sir Basil auf, als erwarte er seine Befehle. Die schwarze Kleidung des Butlers passte ganz und gar nicht zu diesem sonnigen Morgen. Mit seinem runzligen, rosig-weißen Gesicht und den weißen Händen sah er wie ein Maulwurf aus, der sein ganzes Leben unter der Erde verbracht hat.
«Kann ich etwas tun, Sir Basil?», fragte er gleichmütig. Er hatte zwar seine Stimme in der Gewalt, nicht aber sein Mienenspiel. Als er Lady Turton ansah, funkelte es triumphierend in seinen Augen auf.
«Ja, Jelks. Holen Sie mir eine Säge oder so etwas, damit ich ein Stück Holz herausschneiden kann.»
«Soll ich nicht jemand von den Leuten rufen, Sir Basil? William ist ein guter Zimmermann.»
«Nein, das mache ich selbst. Holen Sie nur das Werkzeug – und beeilen Sie sich.»
Während sie auf Jelks warteten, ging ich ein wenig umher, weil ich nicht mehr mit anhören konnte, was Lady Turton zu ihrem Mann sagte. Aber ich war zeitig genug zurück, um den Butler kommen zu sehen. Ihm voran eilte Miss Carmen La Rosa, die sofort auf die Gastgeberin zustürzte. «Nata-
li
-a! Meine liebe Nata
li
-a! Was hat man mit dir gemacht?»
«Ach, halt den Mund», fauchte die Gastgeberin. «Und geh aus dem Weg, ja?»
Sir Basil stand jetzt neben dem Kopf seiner Frau und blickte dem Butler entgegen. Jelks trottete langsam auf ihn zu, in der einen Hand eine Säge, in der anderen eine Axt. Etwa einen Meter vor der Skulptur blieb er stehen und streckte die beiden Werkzeuge aus, damit sein Herr zwischen ihnen wählen konnte. Zwei, drei Sekunden desSchweigens und Abwartens folgten, und als ich auf Jelks blickte, sah ich, wie sich die Hand mit der Axt um den Bruchteil eines Zentimeters näher an Sir Basil
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