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...und noch ein Küsschen!

...und noch ein Küsschen!

Titel: ...und noch ein Küsschen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roald Dahl
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schönen Frau mit dem schwarzen Haar und den eigenartig geblähten Nasenflügeln. Es konnte ihm nicht entgangen sein, wie aufgekratzt sie war, wie sie beim Sprechen gestikulierte und dabei mehrmals die Hand auf den Arm des Majors legte und wie fordernd die andere Frau, diejenige, die möglicherweise etwas mit Pferden zu tun hatte, immer wieder rief: «Nata-
li
-a! Nata-
li
-a, hör doch mal zu!»
    «Morgen», sagte ich, «müssen Sie mir die Skulpturen zeigen, die Sie im Garten stehen haben.»
    «Natürlich», murmelte er. «Mit Vergnügen.» Er schaute dabei zu seiner Frau hinüber, und der flehende Blick seiner Augen war herzzerreißend. Dieser Mann hatte ein so weiches, liebevolles Gemüt, dass selbst jetzt kein Zorn in ihm war, nichts, was eine Explosion hätte auslösen können.
    Nach dem Essen wurde ich sofort an den Kartentisch befohlen, um mit Miss Carmen La Rosa gegen Major Haddock und Lady Turton zu spielen. Sir Basil setzte sich mit einem Buch auf das Sofa.
    Das Spiel verlief durchaus normal; es brachte keinerlei Überraschungen und war ziemlich langweilig. Aber Jelks fiel mir auf die Nerven. Den ganzen Abend lungerte erum uns herum, leerte die Aschenbecher, erkundigte sich, was wir zu trinken wünschten, und schaute uns in die Karten. Er war offenbar kurzsichtig, und ich bezweifle, dass er viel von dem mitbekam, was vor sich ging. Wie Sie wissen oder vielleicht auch nicht wissen, darf ein Butler in England niemals eine Brille tragen – übrigens auch keinen Schnurrbart. Das ist eine unverbrüchliche goldene Regel und obendrein eine
sehr
vernünftige, obgleich mir nicht ganz klar ist, was eigentlich dahinter steckt. Vermutlich würde er mit Bart zu sehr wie ein Gentleman und mit Brille zu sehr wie ein Amerikaner aussehen, und wohin sollte das führen, frage ich Sie. Nun, jedenfalls machte Jelks mich ziemlich nervös, genau wie Lady Turton, die dauernd wegen irgendeiner Zeitungssache ans Telefon gerufen wurde.
    Um elf Uhr blickte sie von ihren Karten auf und sagte: «Basil, du solltest jetzt schlafen gehen.»
    «Ja, mein Liebes, vielleicht hast du recht.» Er klappte das Buch zu, erhob sich und blieb ein Weilchen am Tisch stehen, um uns zuzuschauen. «Alles in Ordnung mit dem Spiel?», fragte er.
    Da die anderen nicht antworteten, sagte ich: «Es ist ein schönes Spiel.»
    «Das freut mich. Und Jelks wird sich um Sie kümmern und Ihnen bringen, was Sie brauchen.»
    «Jelks kann auch schlafen gehen», entschied Lady Turton.
    Ich hörte, wie Major Haddock neben mir durch die Nase atmete, wie die Karten, eine nach der anderen, leise auf den Tisch klatschten und wie Jelks’ Füße über den Teppich auf uns zuschlurrten.
    «Wäre es Ihnen nicht lieber, wenn ich aufbliebe, M’lady?»
    «Nein. Gehen Sie zu Bett. Du auch, Basil.»
    «Ja, mein Liebes. Gute Nacht. Gute Nacht, alle miteinander.»
    Jelks öffnete seinem Herrn die Tür und verließ hinter ihm das Zimmer.
    Sobald wir den nächsten Robber beendet hatten, erklärte ich, dass auch ich mich zurückziehen wolle.
    «Bitte sehr», sagte Lady Turton. «Gute Nacht.»
    Ich ging in mein Zimmer, schloss die Tür ab, nahm eine Tablette und legte mich schlafen.
    Am nächsten Morgen stand ich gegen zehn Uhr auf. Als ich im Frühstückszimmer erschien, war Sir Basil schon da und wurde gerade von Jelks mit gegrillten Nieren, Speck und gebratenen Tomaten versorgt. Er freute sich, mich zu sehen, und fragte, ob ich Lust hätte, ihn gleich nach dem Frühstück auf einem langen Spaziergang durch den Garten zu begleiten. Ich versicherte ihm, dass ich mir nichts Besseres wünschen könne.
    Eine halbe Stunde später brachen wir auf. Sie glauben gar nicht, wie erleichtert ich war, aus diesem Haus heraus an die frische Luft zu kommen. Es war einer jener warmen, leuchtenden Tage, die gelegentlich mitten im Winter auf eine Regennacht folgen, mit strahlendem Sonnenschein und ohne Wind. Die kahlen Bäume sahen herrlich aus in dem goldenen Licht. Das Wasser tropfte noch von den Ästen, und die Pfützen auf den Wegen funkelten wie Diamanten. Am Himmel standen zarte Wölkchen.
    «Was für ein herrlicher Tag!»
    «Ja, ganz herrlich, nicht wahr?»
    Das war ungefähr alles, was wir während des Spaziergangs sprachen; mehr war nicht nötig. Sir Basil führte mich zu den großen Schachfiguren; dann zeigte er mir die anderen kunstvoll gestutzten Bäume, die Gartenhäuschen mit dem schönen Schnitzwerk, die Teiche, dieBrunnen, das Labyrinth, in dem man sich nur im Sommer verirren konnte,

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