...und noch ein Küsschen!
Dienstjahre hat wie du, noch immer den ganzen Tag auf den Beinen sein muss.»
Er antwortete nicht. Sie nähte mit gesenktem Kopf weiter, aber jedes Mal, wenn er das Glas an die Lippen hob, hörte sie die Eiswürfel klirren.
«Liebling», begann sie von neuem, «möchtest du etwas Käse essen? Ich habe heute nichts gekocht, weil Donnerstag ist.»
«Nein», sagte er.
«Wenn du zu müde zum Ausgehen bist», fuhr sie fort, «dann bleiben wir eben zu Hause. In der Kühltruhe ist eine Menge Fleisch und Gemüse, und wenn wir hier essen, brauchst du gar nicht aus deinem Sessel aufzustehen.»
Ihre Augen warteten auf eine Antwort, ein Lächeln, ein kleines Nicken, doch er reagierte nicht.
«Jedenfalls», sagte sie, «hole ich dir erst einmal etwas Käse und ein paar Kekse.»
«Ich will nichts.»
Sie rückte unruhig hin und her, die großen Augen forschend auf ihn gerichtet. «Aber du
musst
doch zu Abend essen. Ich kann uns schnell etwas braten. Wirklich, ich tu’s gern. Wie wär’s mit Koteletts? Vom Lamm oder vom Schwein, ganz nach Wunsch. Es ist alles da.»
«Ich habe keinen Hunger.»
«Aber Liebling, du
musst
essen! Ich mach einfach irgendwaszurecht, und dann kannst du es essen oder nicht, wie du willst.»
Sie stand auf und legte ihre Handarbeit auf den Tisch neben die Lampe.
«Setz dich hin», sagte er. «Setz dich noch einen Moment hin.»
Erst jetzt wurde ihr unheimlich zumute.
«Na los, setz dich hin», wiederholte er.
Sie ließ sich langsam in den Sessel sinken und blickte dabei ihren Mann mit großen, verwirrten Augen an. Er hatte seinen zweiten Whisky ausgetrunken und starrte finster in das Glas.
«Hör zu», murmelte er. «Ich muss dir etwas sagen.»
«Was hast du denn, Liebling? Was ist los?»
Er saß jetzt mit gesenktem Kopf da und rührte sich nicht. Das Licht der Lampe neben ihm fiel nur auf den oberen Teil seines Gesichts; Kinn und Mund blieben im Schatten. Sie sah einen kleinen Muskel an seinem linken Augenwinkel zucken.
«Dies wird ein ziemlicher Schlag für dich sein, fürchte ich», begann er. «Aber ich habe lange darüber nachgedacht, und meiner Ansicht nach ist es das einzig Richtige, dir alles offen zu sagen. Ich hoffe nur, dass du es nicht zu schwer nimmst.»
Und er sagte ihr alles. Es dauerte nicht lange, höchstens vier oder fünf Minuten. Sie hörte ihm zu, stumm, wie betäubt, von ungläubigem Entsetzen erfüllt, während er sich mit jedem Wort weiter von ihr entfernte.
«Das ist es also», schloss er. «Ich weiß, dass es nicht gerade die rechte Zeit ist, darüber zu sprechen, aber mir bleibt einfach keine andere Wahl. Natürlich werde ich dir Geld geben und dafür sorgen, dass du alles hast, was du brauchst. Aber ich möchte jedes Aufsehen vermeiden.Ist ja auch nicht nötig. Ich muss schließlich an meine Stellung denken, nicht wahr?»
Ihre erste Regung war, nichts davon zu glauben, es weit von sich zu weisen. Dann kam ihr der Gedanke, dass er möglicherweise gar nichts gesagt, dass sie sich das alles nur eingebildet hatte. Wenn sie jetzt an ihre Arbeit ging und so tat, als hätte sie nichts gehört, dann würde sie vielleicht später, beim Aufwachen sozusagen, entdecken, dass nie etwas Derartiges geschehen war.
«Ich werde das Essen machen», flüsterte sie schließlich, und diesmal hielt er sie nicht zurück.
Als sie das Zimmer verließ, fühlte sie nicht, dass ihre Füße den Boden berührten. Sie fühlte überhaupt nichts – bis auf ein leichtes Schwindelgefühl und einen Brechreiz. Alles lief jetzt automatisch ab. Die Kellertreppe, der Lichtschalter, die Tiefkühltruhe, die Hand, die in der Truhe den ersten besten Gegenstand ergriff. Sie nahm ihn heraus und betrachtete ihn. Er war in Papier gewickelt, also riss sie das Papier ab und betrachtete ihn von neuem.
Eine Lammkeule.
Nun gut, dann würde es Lamm zum Abendessen geben. Sie umfasste das dünne Knochenende mit beiden Händen und trug die Keule nach oben. Als sie durch das Wohnzimmer ging, sah sie ihn mit dem Rücken zu ihr am Fenster stehen. Sie machte halt.
«Um Gottes willen», sagte er, ohne sich umzudrehen, «koch bloß kein Essen für mich. Ich gehe aus.»
In diesem Augenblick trat Mary Maloney einfach hinter ihn, schwang, ohne sich zu besinnen, die große gefrorene Lammkeule hoch in die Luft und ließ sie mit aller Kraft auf seinen Hinterkopf niedersausen.
Ebenso gut hätte sie mit einer eisernen Keule zuschlagen können.
Sie wich einen Schritt zurück und wartete. Seltsamerweiseblieb er noch
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