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Und oben sitzt ein Rabe

Und oben sitzt ein Rabe

Titel: Und oben sitzt ein Rabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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steckt der Anblick bei der Identifizierung noch in den Knochen.«
    Baltasar nahm die Fotos auf und betrachtete sie genau. »Unschön und bestimmt nicht zur Veröffentlichung gedacht, nicht wahr?«
    Moritz nickte. »Ich habe sie leihweise von Korff bekommen, der sie eigentlich längst der Polizei hätte zurückgeben müssen.«
    Die Bilder zeigten die Leichen von Irene Goldberg und Robert Naumann. Beide wiesen je zwei Einschüsse auf, in der Mitte der Stirn und im Herzen.
    Matzbach legte die Bilder hin. »Das ist merkwürdig. Die Einschüsse sitzen genau gleich, geometrisch. Es muß sich um einen guten Schützen mit einer ruhigen Hand handeln. Oder er hat verdammt viel Zeit gehabt und aus nächster Nähe geschossen.«
    Moritz schob ihm einige Blätter hin, offenbar Fotokopien eines teils mit Maschine geschriebenen, teils vorgedruckten Textes. »Hier, ebenfalls von Korff geschmuggelt: der Obduktionsbefund. Nix aus nächster Nähe.«
    Matzbach überflog die Seiten, denen eine kurze Abhandlung über die aus den Körpern entfernten Geschosse beigefügt war.
    »Also übliches Kaliber, abgefeuert aus einer üblichen Hand-feuerwaffe; wahrscheinlich mit Schalldämpfer, sonst hätte ja jemand im Haus oder in der Nachbarschaft etwas hören müssen. Einschüsse verlaufen schräg, die Projektile wurden aus etwa drei Metern Entfernung abgefeuert.
Das
heißt«, sagte er aufblickend, »vermutlich, daß die beiden im Bett gelegen und geschlafen haben oder, vielleicht, durch die Annäherung des Schützen erwacht sind. Nach Meinung der Spurensicherung jedenfalls sind sie im Bett erschossen worden.«
    Andreas Goldberg hatte dem Gerede mit deutlicher Zurückhaltung und Abneigung gelauscht. Seine linke Hand war geballt, die rechte tastete nach der linken Hand der neben ihm sitzenden Sarah. »Moment mal«, sagte er mühsam, »steht da etwas darüber, ob die Einschüsse bei beiden unterschiedlich verlaufen?«
    Baltasar blätterte.
    »Ja«, sagte er dann überrascht, »das steht hier, allerdings mit einem Fragezeichen versehen und der Bemerkung, eine plausible Erklärung gebe es zunächst einmal nicht.«
    Andreas nickte heftig. »Doch«, sagte er bitter, »die gibt es. Irene war eine wilde Schläferin. Sie ist meistens morgens mit den Füßen unter dem Kopfkissen und dem Kopf am Fußende aufgewacht.«
    Baltasar runzelte die Stirn. »Aha. Das spricht dafür, daß die beiden tatsächlich noch fest geschlafen haben, als der Mörder sein finsteres Tagwerk begann.«
    Er schob Papiere und Fotos wieder zurück zu Moritz. Dann griff er zu einer Zigarre, legte sie aber gleich wieder fort.
    »Nein«, knurrte er, »gleich gibt's Pfannkuchen. – Was wollen uns die Dichter des Berichts damit sagen? Ein Mensch, Mann oder Frau, betritt eine fremde Wohnung in der Frühe, und zwar so leise, daß die in der Wohnung befindlichen Leute nicht aufwachen. Was für eine Sorte Schloß hatte Naumanns Wohnungstür?«
    Andreas überlegte. »Wenn ich mich nicht irre, ein normales Sicherheitsschloß, BKS oder wie die Dinger heißen. – Ich mußte ja mit Herrn Ziegler den Tatort besichtigen ...«
    Baltasar verschränkte die Arme über seiner Wamme. »Und die Tür war nicht aufgebrochen?«
    Andreas schüttelte stumm den Kopf.
    »Das stünde ja auch in diesen klugen Papieren zu lesen, Musbach«, sagte Moritz vorwurfsvoll.
    Baltasar feuerte einen giftigen Blick auf ihn ab. »
Silence, monsieur l'emmerdeur
, ich kann lesen,
nebbich
. – Er muß also einen Schlüssel gehabt haben, der Finsterling. Außerdem muß er einigermaßen kaltblütig sein, eine ruhige Hand haben und wahrscheinlich häufiger eine Waffe in derselben halten, denn jemand, der noch nie geschossen hat, trifft wohl kaum so akkurat. Wer«, sagte er, fröhlich, »außer Ziegler und mir kommt also für die böse Tat in Frage? Abgesehen davon, daß ich keinen Schlüssel habe?«
    Andreas sagte irritiert: »Wieso Ziegler und Sie?«
    Baltasar grinste. »Ich, weil ich erträglich gut schieße, und Ziegler, weil er diese ganze Sache durchgezogen hat, nur um mich zu foppen.«
    Moritz stöhnte. »Marsbach, Märzbock, Mistbrocken; wenn du sonst nichts zu der Affäre beizutragen hast, solltest du zu deinem Kummerkasten zurückkehren. In ernsthaften Zirkeln bist du völlig fehl am Platz.«
    Sarah, die noch immer Andreas' rechte Hand hielt, begann zu kichern. »Ein netter Umgangston unter lieben alten Freunden. Kennt ihr einander schon länger?«
    Moritz nickte weinerlichen Gesichts. »Ich hab es getragen sieben

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