Und oben sitzt ein Rabe
Zigaretten und kein Schlaf«, sagte er. »Mann, ich hab das ganze Wochenende versucht, dich zu erreichen. Ich hab mich mal wieder in was eingemischt, was mich nichts angeht, jetzt sind sie hinter mir her. Ich weiß nicht, wie schnell sie mich finden.«
»Was hast du gemacht, und wer ist
sie
?«
»Kann ich dir nicht am Telefon sagen. Kannst du kommen?«
»Ja.«
»Sofort?!«
»Wenn ich heute nachmittag aufbreche, kann ich morgen früh dasein. Reicht das?«
Bronner seufzte.
»Kann sein. Vielleicht ist es in zwei Stunden schon zu spät. Versprich mir, daß du mir ein würdiges Begräbnis besorgst.«
»Mann, mach's nicht so dramatisch ...«
»Hör zu, vielleicht muß ich schnell abhauen. Denk an den Mond von Sankt Remigius und an den dritten Schlupfhafen der Johannisbeere. Da kommt jemand, ich muß aufhören. Mach schnell...«
Es klickte. Matzbach fluchte und wählte das Hotel erneut an. Besetzt. Nach fünf Minuten versuchte er es abermals. Diesmal kam er durch. Man teilte ihm mit, Monsieur Bronner habe soeben das Gebäude verlassen.
Murrend dachte er eine Weile vor sich hin; dann rief er Ariane an, die noch nicht zur Arbeit aufgebrochen war. »Hör mal«, sagte er nach einem freundlichen Morgengruß, »ein Freund, noch so ein windiger Reporter, hat mich gerade aus Südfrankreich angerufen. Die Assassinen sind hinter ihm her.«
Ariane kicherte. »Was ist los? Bist du krank, so früh aufzustehen? Und was hat das arme Kerlchen wieder geträumt!«
»Ich bin knallwach und todernst. Wann kannst du deinen Urlaub nehmen? Du hattest was von Bergen gesagt, die du noch versetzen müßtest.«
»Ganz ernst?«
»Total.«
»Die dicksten Berge sind versetzt. Mit einem dringenden Grund könnte ich eigentlich sofort ...«
»Okay, also deine Urenkelin ist bei der Entbindung explodiert oder so was.«
»Pfui, wie witzig.«
»Ich hol dich gegen zwölf Uhr ab. Geht das?«
»Ja, in Ordnung. Bis dann.«
»Adios.«
Anschließend warf Baltasar Moritz und danach Hoff aus dem jeweiligen Bett, beauftragte sie, die Stellung durch förderliche Umtriebe weiter auszubauen, schrieb für Hoff einen neuen »Gehaltsscheck« aus, den er in einen Briefumschlag steckte, und beendete in rasender Eile
Frau Griseldis
. So begann ein wildes Abenteuer in der Provence, aber das ist eine andere Geschichte. *
*
vgl. Das Doppelgrab in der Provence
ZWEITER TEIL
1. Kapitel
Nach der Rückkehr aus der Provence siegestrunken, mußte Baltasar zunächst einmal zurückfinden in die Niederungen des Daseins. Zwar hatte er reichlich vorgearbeitet, aber nun war es Zeit, die nächste Folge von
Fragen Sie Frau Griseldis
zusammenzustellen, am besten gleich zwei. So wurde es Ende November, bis er sich wieder mit seinem Doppelmörder beschäftigen konnte.
An einem Samstag, dessen Morgenröte er im Hause Binder erblickte, bemerkte er in Arianes Küche ein neues Objekt. »Was ist das?«
Ariane nahm den Topf mit einem seltsamen Aufbau hoch. »Ein Wasserfilter. Evelyn hat ihn aufgetrieben. Eine sehr gute Sache.«
»Wozu braucht man einen Wasserfilter?«
»Man filtert, o dummer Mann, Wasser darinnen.«
Sie goß gefiltertes Wasser in die Kaffeemaschine. Baltasar, ohnehin noch nicht ganz wach, konnte dem Vorgang nur mühsam folgen.
»Wozu filtert man Wasser?«
»Man filtert es, o Baltasar«, sagte Ariane, wobei sie ein wenig Butter von ihrem Morgenrock wischte, »damit es besser schmecke.«
»Ist dieses vonnöten?«
Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Fragen über Fragen an einem widerlichen Wintermorgen.«
Beim Frühstück führte sie weiter aus. »In diesem Ort Bad Godesberg, der heute nur noch ein Anhängsel der Metropole ist, wird das Trinkwasser dem Rhein entnommen. Um es genießbar zu machen, versetzt man es mit Chlor. Es riecht und schmeckt wie ein Hallenschwimmbad. Dieser Filter soll Schmutz und Chlor entfernen, und ich muß zugeben, das Wasser schmeckt besser. Du mit deinen ewigen Zigarren bemerkst natürlich keinen Unterschied zwischen dem Kaffee vorher und dem Kaffee danach.«
Baltasar grinste. »O doch. Ich messe ihn an dem, was zwischendurch vorgefallen ist.«
Ariane schnalzte. »Ich spreche von Filtern und dem Vorher-Nachher-Effekt.«
Baltasar nickte. »Es ist interessant«, sagte er nachdenklich, »daß auch an dieser Schandtat der Kandidat Stücker beteiligt ist.«
Ariane blinzelte. »Wie das?«
»Ich habe in den letzten Tagen neben
Frau Griseldis
auch den Mord bearbeitet und dazu noch einmal alles durchgewühlt, was die kundigen
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