Und oben sitzt ein Rabe
natürlich vorgezogen hätte, noch ein bißchen Versteck zu spielen und im Trüben zu angeln.«
Stücker nickte. »Ich glaube, Sie brauchen hier eher ein Schleppnetz. Haben Sie was rausgefunden? Es geht ja wohl um diesen Anwalt, der ein paarmal im Verein war, oder?«
Baltasar nahm seine Zigarre wieder auf und verbarg sich hinter Qualm. »Richtig. Da wir schon offen spielen: Was wissen Sie von ihm? Wie kommen Ihr Name und Ihre Telefonnummer auf seinen Schreibblock?«
Stücker betrachtete den wachsenden Aschekegel der Zigarre. »Das hat mich die Polizei auch schon gefragt. Ich werde Ihnen die gleiche Antwort geben. Ich habe Naumann damals flüchtig kennengelernt, als er zum ersten Mal zu einer Tagung der Gesellschaft kam, und ihn später einmal telefonisch konsultiert. Das ist alles.«
Baltasar rührte in seinem Tee, als könnte er durch heftige Löffelbewegungen dunkle Geheimnisse zum Aufsteigen aus der Brühe veranlassen. »Aha. Darf ich wissen, weshalb Sie ihn konsultiert haben?«
Stücker lächelte. »Es gibt da keinerlei Geheimnis. Ich brauchte einen Ratschlag für eine Transaktion, die ich dann dem Anwalt treuhänderisch übertragen haben würde. Seine Auskünfte haben mich aber veranlaßt, die Transaktion gar nicht erst vorzunehmen.«
»Was, verzeihen Sie, wollten Sie transagieren?«
Stücker gluckste. »Nettes Wort. Nun, wenn Sie nichts dagegen haben, möchte ich die Sache lieber nicht ausbreiten. Sie wäre, wie Naumann mir versicherte, nicht ganz legal gewesen.«
Er lehnte sich in seinen Sessel zurück.
»Erzählen Sie mir doch mal, was da eigentlich passiert ist. Ich habe nur irgendwas über einen Doppelmord in der Zeitung gelesen. Dann soll jemand verhaftet worden sein, und der ist inzwischen wieder freigelassen. Der Ehemann der Ermordeten, wenn ich nicht irre.«
Baltasar nickte. »Ja. Soweit stimmt das in groben Zügen. Sagen Sie mir, was Sie darüber wissen, dann brauche ich Ihnen nichts doppelt zu erzählen.«
Stücker verschränkte die Arme. »Ach, erzählen Sie ruhig doppelt. Spannende Geschichten höre ich gern mehrmals, und Sie haben so ein angenehm tiefes Organ.«
»Nun, ich will's kurz machen. Naumann und seine Gespielin wurden in der Frühe erschossen. Es war kein Raubmord, denn Geld und Schmuckstücke befanden sich reichlich in der Wohnung, und nichts davon fehlte – soweit feststellbar. Der Täter muß einen Schlüssel gehabt haben, denn die Tür war nicht aufgebrochen, und die Fenster eignen sich nicht zum Eindringen. Außerdem muß er kaltblütig und ein guter Schütze sein; das kann man aus der Ausführung der Tat schließen. Die Polizei hatte zunächst einmal den verlassenen Ehemann in Verdacht. Er hatte einen Schlüssel und zwei vermeintliche Motive: Geld und Eifersucht. Über die Herkunft des Schlüssels wußte er nichts, und die beiden Motive seien, sagte er, unzutreffend.«
Stücker unterbrach. »Moment. Nicht so schnell. Erstens, wieso war der Täter kaltblütig und ein guter Schütze? Zweitens, wie war das mit der Herkunft des Schlüssels und der Nichtigkeit der Motive?«
Baltasar runzelte die Stirn. »Na ja, zum Schlüssel gab er an, seine Frau sei gerade erst ausgezogen und die Wohnung sei noch voll von Groß- und Kleinkram, den sie erst noch abholen wollte. Dazu gehöre auch der Schlüssel, von dessen Existenz er nichts gewußt habe, bis die Polizei ihn unter anderem Zeugs fand. Was das Motiv oder die Motive angeht: Eifersucht sei keineswegs im Spiel. Die Ehe war ziemlich kaputt, und er war froh, seine Frau einigermaßen friedlich loszuwerden. Und Geld brauchte er so dringend nun auch nicht, daß er deswegen zwei Leute umbringen würde. Außerdem, behauptete er, sei er zur fraglichen Zeit mit dem Wagen irgendwo zwischen Westerwald und Bonn unterwegs gewesen.«
Mit aufgesetzt naiver Eitelkeit fügte er hinzu: »Es ist mir gelungen, sein Alibi zu beweisen. Er hat zur Zeit der Tat weit von Bonn entfernt getankt; der Tankwart hat das bestätigt.«
Stücker nickte versonnen. »So, so. Ihnen ist es also gelungen. Nun gut. Aber was ist mit dem kaltblütigen Täter?«
Baltasar erkundigte sich freundlich: »Haben Sie ein Stück Papier?«
Stücker blickte ihn irritiert an, stand dann aber auf und holte einen Schreibblock.
Baltasar zog einen Füller aus seiner Brusttasche.
»Altmodisch, wie?« sagte Stücker. »Richtiger alter Kolbenfüller?«
Baltasar schnaubte. »Meinen Sie, ich lasse mich zu diesen widerlichen Patronen hinab? Das ist was für Schützen ...«
Er
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