Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)
umzuwerfen. Er schlug die erste Seite auf, um herauszufinden, in welchem Jahr es gedruckt worden war. Stattdessen fand er eine handschriftliche Widmung ganz oben auf der Innenseite des Einbands: »Wir gratulieren unserer fleißigen kleinen Solveig zum erfolgreichen Bestehen des Abiturs. Großmutter und Großvater, Mai 1968.«
Wo wir Frau Eriksson finden, wissen wir jetzt, dachte Sjöberg, aber wo zum Teufel steckt Einar?
*
Hamad und Westman hatten die Arbeit mit der Telefonliste unter sich aufgeteilt, und als Hamad mit seinem Teil der Arbeit fertig war, ging er zu Westmans Büro hinüber und fragte, ob sie mit essen gehen wollte. Aber sie hatte natürlich etwas anderes vor – wann hatten sie das letzte Mal gemeinsam zu Mittag gegessen? Er beschloss, alleine zu gehen, holte seine Jacke und ging in die Eingangshalle hinunter. Sandéns Tochter Jenny saß allein an der Rezeption und begann zu strahlen, als sie ihn erblickte.
»Hallo, Hübscher!«, rief sie, dass es in der Marmorhalle widerhallte.
»Selber. Wie geht es dir? Bist du allein?«
»Ja, Lotten ist in der Mittagspause.«
»Und wann darfst du essen gehen?«
»Ich habe schon gegessen. Ich habe mir Essen mitgebracht.«
»Schade. Sonst hättest du mit mir kommen können.«
Sie schenkte ihm ein sonniges Lächeln, freute sich über die Aufmerksamkeit, die sie bekam.
»Ich muss auf jeden Fall hier sitzen bleiben, bis Lotten wieder da ist.«
Gut, sie hatte die Lage im Griff. Lotten war das perfekte Vorbild für Jenny: Sie gab klare Anweisungen, sparte nicht mit Lob und ging pädagogisch vor. Und Jenny war wie Wachs in ihren Händen, sie tat alles, was ihr aufgetragen wurde.
»Sind sie nett zu dir? Keiner, der dich schlecht behandelt?«
»Niemand ist böse zu mir.«
»Ist doch klar, alle mögen dich, Jenny. Du bist ja auch ein Supergirl.«
Hamad beobachtete, wie sich eine kleine Runzel auf ihrer Stirn bildete, als ihr Blick zum Eingang wanderte.
»Aber ich finde nicht alle nett«, sagte Jenny mürrisch.
Er warf einen Blick auf die Tür, um herauszufinden, welcher der ankommenden Polizisten derjenige sein konnte, der bei der neuen Rezeptionistin offensichtlich durchgefallen war. Mit einem Lächeln beugte er sich zu ihr hinüber und flüsterte vertraulich:
»Das macht nichts. Da gibt es noch mehr Mädchen, die Holgersson nicht mögen.«
Als sie noch miteinander gesprochen hatten, hatte Petra mehrfach gesagt, dass sie diesen Typen absolut nicht ausstehen konnte.
»Aber er macht bestimmt nur Spaß«, fuhr Hamad fort. »Was tut er denn?«
»Ich glaube, dass er mich ärgert«, flüsterte Jenny zurück.
»Kümmere dich nicht darum. Idioten gibt es an jedem Arbeitsplatz.«
Hamad richtete sich auf und fuhr im normalen Gesprächston fort:
»Und sonst? Läuft es gut? Kann ich dir bei irgendetwas helfen?«
»Nein, ich weiß genau, was ich zu tun habe. Aber ich habe ein Problem zu Hause, bei dem du mir helfen könntest«, fiel ihr ein und sie begann wieder zu strahlen.
»Aha, wie denn?«
Holgersson hatte die Rezeption mittlerweile erreicht, und Hamad grüßte ihn mit einem Nicken, als er vorüberging.
»Mein Computer«, antwortete Jenny, »irgendetwas stimmt nicht mit ihm. Er ist so langsam.«
»Kann dein Vater dir dabei nicht helfen?«
»Papa? Der hat doch auch keine Ahnung von Computern!«
Hamad musste ihr recht geben.
»Okay, ich kann ihn mir ja bei Gelegenheit mal anschauen.«
»Heute Abend, bitte!«
Hamad kapitulierte angesichts ihres kindlichen Eifers und antwortete mit einem Seufzen:
»Okay, Jenny. Ich schaue nach der Arbeit vorbei. Jetzt gehe ich erst mal Mittag essen.«
Er warf einen Blick über die Schulter zurück zu den Treppen, wo er zu seiner Verwunderung Westman im Gespräch mit dem verhassten Holgersson beobachtete. Hamad stellte resigniert fest, dass er tiefer auf ihrer Liste gesunken war, als er es selbst für möglich gehalten hatte, und lenkte seine Schritte zum Ausgang.
Petra Westman war auch hungrig, aber sie hatte schon den ganzen Vormittag an denselben Sachen gesessen wie Hamad, und jetzt reichte es ihr damit. Als sie hörte, wie sich seine Schritte auf dem Korridor entfernten, beschloss sie, ebenfalls eine Pause zu machen, zog sich die Jacke über und verließ ihr Büro. Sie hatte kaum die Treppe erreicht, als Jennys Stimme aus der Eingangshalle zu ihr hinaufhallte:
»Hallo, Hübscher!«
Tja, Jenny war eben, wie sie war, aber Hamad antwortete im selben Tonfall. Und dann ein bisschen fröhliches Geplänkel. Sie war
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