Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)
schon fast auf der Eingangsebene angekommen, da hielt sie auf der Treppe inne. Sie beobachtete, wie Hamad sich über den Rezeptionstisch beugte und Jenny etwas ins Ohr flüsterte. Gutgläubig flüsterte das Mädchen zurück und strahlte dabei über das ganze Gesicht. Sie wunderte sich im Grunde über gar nichts mehr, aber dass Hamad so viel Selbstvergewisserung brauchte, dass er seine Grabscher nicht einmal von Jenny Sandén fernhalten konnte, schoss den Vogel ab. Mit Holgersson tauchte ein weiteres Ekel in der Rezeption auf, was Hamad sofort dazu brachte, seine Absichten zu verbergen. Er richtete sich auf und beendete dieses pathetische Flüsterspielchen. Um dann laut und deutlich zu verabreden, dass er am Abend zu Jenny kommen werde. Unbe-fucking-lievable.
Holgersson hatte die Treppe fast erreicht und musterte sie lüstern von unten nach oben. Sie schauderte, setzte sich aber gleichzeitig in Bewegung, damit es niemand bemerkte.
»Er ist ja schwer hinter den Bräuten her, der Hamad«, kommentierte Holgersson mit einem vieldeutigen Lächeln, als sie sich begegneten.
»Jaja«, antwortete Westman müde, ohne sich so recht im Klaren darüber zu sein, was sie damit eigentlich meinte.
»Hübsch ist sie ja, aber ...«
Westman hielt widerstrebend inne.
»Was, aber?«, fauchte sie, obwohl sie die Antwort eigentlich gar nicht hören wollte.
»Tja, der Aufzug geht wohl nicht so ganz nach oben, was?«
Sie überlegte, ob sie einen vernichtenden Kommentar abgeben sollte, konnte sich aber nicht entscheiden, in welche Richtung dieser gehen sollte, sodass sie nur mit einer verächtlichen Miene den Kopf schüttelte und dieses Irrenhaus verließ.
Mittwochnachmittag
S jöberg hatte kaum seine Jacke über die Stuhllehne gehängt, als Sandén schon in sein Büro kam.
»Wie läuft es?«, fragte Sjöberg und setzte sich.
Sandén seufzte und nahm auf dem Besucherstuhl gegenüber Platz.
»Ich habe einen Übersetzer gefunden. Ein alter amerikanischer Offizier, Sverker Ivarsson.«
»Sverker Ivarsson?«
Sjöberg zog eine Augenbraue hoch.
»Ja, er ist in Schweden geboren, aber in den Dreißigerjahren in die USA ausgewandert. Er war während des Zweiten Weltkriegs auf einer amerikanischen Basis auf den Philippinen stationiert und hat dort anscheinend die Sprache gelernt. Nach dem Krieg ist er wieder zurück nach Schweden gezogen. Er sitzt gerade in meinem Büro und liest sich die Briefe durch, aber ihr Inhalt ist für uns bislang von keinem Interesse. Den Geschwistern geht es gut und diese oder jene Cousine hat geheiratet und das Dach ist runtergeweht worden und so fort. Das bringt uns nicht weiter.«
Hamad und Westman tauchten im Türrahmen auf. Sjöberg winkte sie herein.
»Catherine Larsson hatte keinen Handyvertrag«, sagte Hamad.
»Und die Gespräche, die sie geführt hat«, fuhr Westman fort, »waren fast ausschließlich mit dem Kindergarten und mit Vida Johansson. Vidas Festnetznummer und Vidas Handynummer. Eingehende Gespräche haben wir von der Kinderklinik, der Zahnklinik, dem Kindergarten, von Vida und natürlich von ein paar der Kunden, die sie uns aufgeschrieben hatte. Niemand von ihnen heißt Erik.«
»Ihr müsst diesen Gesprächen weiter nachgehen«, sagte Sjöberg. »Besonders den letzten. Wenn wir an Catherines sehr begrenzten Bekanntenkreis denken, ist es wahrscheinlich, dass wir diesen Erik trotzdem dort irgendwo finden. Vielleicht arbeitet er in der Kinderklinik oder der Zahnklinik.«
Sjöberg wandte sich an Sandén.
»Hast du die Kunden auf der Liste erreicht?«
Sandén schüttelte den Kopf.
»Es war nicht gerade leicht, einen Übersetzer zu finden. Aber ich werde mich gleich darum kümmern. Ich glaube, es ist besser, wenn ich sie persönlich aufsuche, es sind ja nicht so viele. Und wie du schon sagtest, dort irgendwo finden wir vielleicht unseren Mann. Ich möchte ihnen gerne in die Augen sehen, wenn ich mit ihnen spreche.«
»Das ist gut«, sagte Sjöberg. »Du kannst im Übrigen Petra mitnehmen. Du, Jamal, arbeitest alleine mit den Telefonanrufen weiter. Finde heraus, wer angerufen hat und worum es ging.«
»Und der Kommissar selbst hat schon genug zu tun, verstehe ich das richtig?«, bemerkte Sandén mit einem schelmischen Lächeln.
Sjöbergs Antwort, dass an der finanziellen Situation der Eheleute Göran und Vida Johansson oder der Malerfirma nichts auffällig sei, kam viel zu schnell. Sandéns Gesicht nahm automatisch einen neutralen Ausdruck an, aber eine Furche über der einen Augenbraue
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