Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)
Mädchen jeden von euch in einen Topf stecken, damit ihr wachst und irgendwann so groß werdet, dass ich mich gar nicht mehr traue, mit euch zu raufen.«
»Komm, Tobias!«, rief Andreas und war schon auf dem Weg nach drüben.
Tobias befreite sich und rannte hinterher. Er selbst kam langsam auf die Beine, schob den Flickenteppich im Kinderzimmer mit dem Fuß wieder zurecht und klopfte sich die Hose und den Pullover ab. Er schloss die Tür zur Nachbarwohnung und ging in seine eigene hinüber.
Auf dem Balkon hatte Andreas die kleinen Hände in seine viel zu großen Handschuhe gesteckt und umfasste den Hals seines Bruders in einem Würgegriff.
»Nein, nein, nein«, sagte seine Frau. »So nicht. Wollt ihr jetzt Blumen pflanzen oder wollt ihr etwas anderes machen?«
»Ich will eine eigene Blume haben«, sagte Tobias.
»Ja, das darfst du. Tobias, du suchst dir eine Blume aus, und dann darf Andreas sagen, welche er haben möchte. Dann könnt ihr sie schön ordentlich einpflanzen. Aber ihr müsst auch daran denken, sie regelmäßig zu gießen.«
»Ich will die rote da haben«, sagte Tobias.
»Eine Pelargonie. Ja, die wird groß und schön, wenn sie wachsen darf. Und du, Andreas?«
»Die blaue«, antwortete er und deutete in den Karton hinein.
»Perfekt! Eine Petunie für Andreas. Dann macht ihr es so ...«
Sie gab jedem einen Terrakottatopf mit einer Scherbe auf dem Boden und stellte einen vor sich selbst auf.
»Nehmt euch ein bisschen Erde, so, und legt sie auf den Boden des Topfes ...«
Auf dem Balkon war kein Platz für sie alle, sodass er in der Türöffnung stehen blieb. Er bewunderte die geschickte Art seiner Frau und genoss ihre sanfte Stimme und die der Kinder. Der Duft des frisch gemähten Grases unten im Hof und der feuchten Erde auf dem Balkon füllte seine Nasenlöcher. Das Leben hatte gerade erst begonnen.
*
Sjöberg verließ die Polizeiwache, ohne jemandem zu sagen, wo er hinwollte. Ein nagendes Gefühl der Unlust verfolgte ihn den ganzen Weg bis zur Eriksdalsgatan. Falls Einar öffnete, wenn er klingelte, was sollte er dann sagen? Er wollte seinen Kollegen nicht umgeben von Alkoholdünsten und mit ungekämmten Haaren sehen müssen ... Er unterbrach seine Gedankenspiele. Wie kam er überhaupt darauf? Eriksson hatte auf der Arbeit noch nie eine Fahne gehabt, was bei ihm selbst durchaus das ein oder andere Mal der Fall gewesen sein konnte. Aber was war dann geschehen? Eriksson konnte doch nicht einfach so einen Tag von der Arbeit wegbleiben, nachdem er, soweit Sjöberg es beurteilen konnte, zwölf Jahre lang stets zuverlässig auf seinem Platz gesessen hatte? War er verletzt oder ernsthaft krank geworden? Dann hätte sich aber doch jemand gemeldet; Frau Eriksson hätte angerufen und gesagt, dass er krank sei. Wenn sie selbst sich nicht auch verletzt hatte. Sie konnten in einen Verkehrsunfall verwickelt worden sein ...
Ein alter Mann mit einem Zwergpudel kam aus Erikssons Haus, und Sjöberg lief die letzten Schritte, damit die Tür nicht vor ihm wieder ins Schloss fiel.
»Entschuldigen Sie«, sagte Sjöberg, und der alte Mann schaute mit wässerigem Blick zu ihm hoch. »Wohnen Sie in diesem Haus?«
»Wer möchte das wissen?«, fragte der Alte zurück.
»Ja, entschuldigen Sie ...«
Sjöberg zog seine Brieftasche aus der Gesäßtasche und zückte seinen Polizeiausweis.
»Conny Sjöberg. Ich bin ein Kollege von Einar Eriksson, der auch in diesem Haus wohnt.«
»Aha, ist er ein Bulle? Das wusste ich gar nicht.«
Der Alte blinzelte ihn mit einem verschmitzten Lächeln an, das Sjöberg erwiderte.
»Haben Sie ihn in der letzten Zeit gesehen?«, wollte Sjöberg wissen.
Der alte Mann überlegte einen Augenblick und antwortete dann:
»In der letzten Zeit? Nein, seit Samstag nicht mehr. Da ist er mit seinem Auto losgefahren.«
Sjöberg spürte eine wachsende Unruhe. War es so, wie er befürchtet hatte? War Eriksson ein Unfall zugestoßen?
»Am Samstagmorgen, wenn ich mit Topsy draußen bin, fährt er immer mit dem Auto los«, fuhr der Mann fort. »Und dann kommt er spätabends wieder zurück, aber da schlafe ich meistens schon.«
»Und letzten Samstag?«
»... habe ich auch nicht gesehen, wie er zurückgekommen ist«, ergänzte der alte Mann. »So war das.«
»Saß er allein im Auto, oder hatte er seine Frau dabei?«, fragte Sjöberg.
»Frau? Eriksson ist Junggeselle, soweit ich weiß. Eine Ehefrau habe ich nie gesehen und auch kein anderes Frauenzimmer, falls es Sie interessiert«, gluckste
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