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Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)

Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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sich nicht erklären, so etwas war bisher noch nie vorgekommen.
    »Mensch, Mädchen, warum bist du denn mitten in der Nacht wach? Musst du morgen nicht arbeiten?«
    »Doch, aber ich kann nicht schlafen.«
    »Hast du noch gar nicht geschlafen?«
    »Ein bisschen vielleicht, aber ich glaube eher nicht.«
    »Du Arme. Was geht dir denn durch den Kopf? Ist etwas passiert?«
    »Tierquälerei ist doch verboten, oder?«
    Sjöberg musste lächeln, als er begriff, worum es ging. Micke und vor allen Dingen Lotten hatten Jenny den Kopf verdreht. Seit sie die glückliche Besitzerin der kleinen Blase war, war sie zur Hundenärrin geworden und saugte wie ein Schwamm all ihre Verrücktheiten auf.
    »Ja, das kann strafbar sein. Aber es kommt natürlich darauf an, um was für ein Tier es sich handelt und was man dem Tier angetan hat«, antwortete er sachlich.
    »Heute war ein kleiner Junge auf der Wache, und der hat eine schreckliche Geschichte erzählt.«
    »Oje. Hast du Papa davon erzählt?«
    »Ja, aber er hat sich nicht darum geschert. Oder er hatte keine Zeit«, korrigierte sie sich. »Es ging um einen Mann, der ein Schwein eingesperrt hat, das sich nur noch in seinem eigenen Dreck herumsuhlt.«
    »Das machen Schweine so.«
    »Aber er hat es beschimpft und ganz, ganz fest getreten.«
    »Und das hat der Junge gesehen?«
    »Nein, aber er und sein Kumpel hatten sich versteckt und da haben sie alles mit angehört. Ist es nicht seltsam, in der Stadt ein Schwein zu halten?«
    »Das ist wohl eher weniger üblich, aber ich glaube nicht, dass es direkt verboten ist. Vielleicht war es ja auch kein gewöhnliches Schwein, sondern so ein vietnamesisches Hängebauchschwein. Das ist heutzutage ziemlich populär.«
    »Er hat es jedenfalls ganz fest getreten, viele Male. Und ordentliches Futter hat es auch nicht bekommen, keine Kartoffeln oder so etwas.«
    »Woher weißt du das?«, wollte Sjöberg wissen.
    »Der Mann hat über das Schwein gelacht, weil es krank geworden ist von seinem Fressen.«
    »Aber Kartoffeln?«, sagte Sjöberg verwundert. »Woher hast du das denn?«
    »Ach, ich weiß nicht«, sagte Jenny. »Der Junge hat das gesagt.«
    Sjöberg konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
    »Er sollte sich von diesem Mann fernhalten. Er scheint ein unangenehmer Typ zu sein.«
    »Aber wir müssen das Schwein retten, Conny! Wenn Tierquälerei ein Verbrechen ist und du Polizist bist, dann musst du doch etwas unternehmen können?«
    »Aha, handelt es sich hier um eine Anzeige?«, antwortete Sjöberg leicht amüsiert.
    »Ja, denn Papa will mir nicht helfen und Jamal auch nicht.«
    »Sie haben im Augenblick sehr viel zu tun.«
    »Aber es ist wichtig. Das findet Lotten auch.«
    »Hm, das kann ich mir vorstellen. Wir machen es so, Jenny. Wenn ich zurückkomme, nehmen wir gemeinsam eine Anzeige auf. Aber jetzt schlafen wir beide erst einmal. Okay?«
    »Okay«, antwortete Jenny, und er hörte sie gähnen. »Dann gute Nacht.«
    »Gute Nacht, Jenny. Schlaf gut.«

Freitagvormittag
    U nd so stand Conny Sjöberg, bald fünfzig Jahre alt, seiner Großmutter zum ersten Mal Auge in Auge gegenüber. Er erkannte die hohen Wangenknochen und den schmalen, langen Nasenrücken sofort von seinem eigenen Spiegelbild wieder. Signe Sjöberg trug ein einfaches, aber elegantes Kleid und Gesundheitsschuhe mit Absätzen, als sie hocherhobenen Hauptes und mit geradem Rücken in ihrer Tür stand und ihn mit einem intensiv blauen Blick misstrauisch durch eine Stahlbrille musterte.
    »Womit kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie Sjöberg, der vollkommen damit beschäftigt war, ihre Gesichtszüge zu studieren und bisher noch nichts gesagt hatte.
    »Ich heiße Conny Sjöberg, und ich glaube, dass Sie ... dass du«, korrigierte er sich in dem Augenblick, als er von ihrer Verwandtschaft überzeugt war, »meine Großmutter bist.«
    Sie starrte ihn an, ohne auch nur mit einer Miene zu verraten, was sie dachte.
    »Darf ich reinkommen, dann können wir reden?«
    Ihre Blicke musterten ihn von oben bis unten, und nachdem sie sein Äußeres anscheinend für gut befunden hatte, trat sie ein Stück zurück, um ihn in die Wohnung zu lassen. Sjöberg fühlte sich unbeholfen, als er wie ein schüchterner Schuljunge mit verschränkten Händen in ihrem kleinen Flur stand. Nachdem sie die Wohnungstür geschlossen hatte, wandte sie ihm den Rücken zu und ging mit ungewöhnlich raschen Schritten für ihr Alter ins Wohnzimmer hinüber. Einer der Stühle am Esstisch war bereits herausgezogen, und sie

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