Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)
Tasche und wählte die Nummer des Einwohnermeldeamts. Vier Minuten später riefen sie zurück. Acht Minuten später hatte Sjöberg herausgefunden, dass Ingegärd Rydin einen Sohn hatte. Mikael Rydin würde Anfang April dreißig Jahre alt werden.
*
»Zu Hause ist er jedenfalls nicht«, sagte Sandén. »Er geht nicht ans Telefon und öffnet auch nicht die Tür.«
»Wo wohnt er?«, wollte Sjöberg wissen.
»In Gärdet. In einem Studentenwohnheim. Aber irgendwelchen Studien scheint er sich kaum zu widmen, denn in den vergangenen Jahren hat er sich nicht besonders viele Credit Points erarbeitet.«
»Welches Fach studiert er denn angeblich?«
»Dieses Semester ist es Musik. Im vergangenen Semester war es Jura.«
»Wenn er nicht genug Punkte schafft, bekommt er auch keine Studienunterstützung. Er muss einer Arbeit nachgehen.«
»Er arbeitet Teilzeit, fünf Stunden am Tag, Montag bis Donnerstag, bei einer Reinigungsfirma.«
»Einer Reinigungsfirma?«, wiederholte Sjöberg nachdenklich. »Könnte er über den Job mit Catherine Larsson in Kontakt gekommen sein?«
»Könnte sein«, antwortet Sandén, »aber sie waren nie in derselben Firma angestellt. Wir haben mit ein paar Studenten im selben Korridor gesprochen. Mikael Rydin ist ein Einzelgänger. Er nimmt nicht an ihren Festen teil, isst niemals in Gesellschaft mit einem der anderen. Er bekommt nie Besuch, außer von dem einen oder anderen Mädchen, eher jünger, die gelegentlich übernachten, aber nie mehr als ein Mal.«
»Jünger?«
»Sprich: Teenager.«
»Und was macht er tagsüber, wenn er schon nicht studiert?«
»Anscheinend trainiert er viel. Niemand weiß, wo oder was er trainiert, aber er trägt meistens eine Sporttasche mit sich herum. Außerdem spielt er Gitarre, sagen sie. Aber es kann genauso gut auch eine Maschinenpistole im Gitarrenkasten stecken. Vielleicht raubt er Banken aus.«
»Ist er vorbestraft?«, fragte Sjöberg hoffnungsvoll.
»Nein.«
»Andere Vermutungen? Ist er beliebt?«
»Das ist er natürlich nicht. Er antwortet anscheinend kaum, wenn er angesprochen wird, auf der anderen Seite hat er sich aber auch nie danebenbenommen. Er scheint nicht aufzufallen, macht aber nach Meinung seiner Nachbarn allgemein einen unsympathischen Eindruck.«
»Wie lange wohnt er dort schon?«
»Vier Jahre.«
»Darf man in einem Studentenwohnheim wohnen, wenn man nicht studiert? Ich dachte, die Plätze dort wären so knapp«, sagte Sjöberg.
»Solange er sich zu Kursen anmeldet und angenommen wird, darf er wohl dort wohnen bleiben, nehme ich an«, sagte Sandén. »Vielleicht hat er deshalb diese Studiengänge belegt. Und ein paar Punkte hat er ja erreicht, allerdings ist er im vergangenen Jahr in keiner einzigen Vorlesung mehr aufgetaucht. Also wird ihm demnächst vielleicht gekündigt.«
»Und wer sein Vater ist, wissen wir nicht ...«
»Vater unbekannt«, bemerkte Sandén trocken. »Glaubst du, dass Mikael Rydin unser Mann ist?«
»Alle anderen Überlegungen scheinen mir in die Sackgasse zu führen. Der Junge öffnet uns neue Türen.«
»Und das Motiv wäre dann ...?«
»Tja«, seufzte Sjöberg, der die endlosen Spekulationen müde war. »Ich werde wohl am Rachemotiv festhalten müssen, aber im Augenblick kann ich es noch nicht weiterentwickeln. Ich werde noch einmal mit Ingegärd Rydin reden. Bei ihr zu Hause gab es nichts, was darauf hindeutete, dass sie einen Sohn hat, und gesagt hat sie auch nichts. Ich werde herausfinden, warum das so ist. Dann fahre ich nach Hause. In der Zwischenzeit solltet ihr versuchen, diesen Jungen zu finden.«
»Früher oder später wird er wohl im Studentenwohnheim auftauchen. Dann holen wir ihn zur Vernehmung ab.«
»Oder auf der Arbeit«, schlug Sjöberg vor.
»Wie schon gesagt, am Freitag hat er frei. Schläfst du, Conny?«, stichelte Sandén.
»Obstruktion«, konterte Sjöberg lahm.
Er war nicht zu Scherzen aufgelegt. Einar musste gefunden werden, und dieser sogenannte Student war vielleicht ihre beste Chance.
»Es reicht nicht, darauf zu warten, dass er auftaucht«, sagte Sjöberg mit frischer Entschlossenheit. »Setz alles daran, diesen Jungen zu finden.«
»Sollen wir in seine Studentenbude gehen?«, fragte Sandén vorsichtig nach.
»Auf gar keinen Fall. Wir haben nichts gegen ihn in der Hand, und alles muss nach Recht und Gesetz zugehen.«
»Look who’s talking.«
»Da gibt es doch wohl einen kleinen Unterschied. Was ich getan habe, geschah aus Sorge um einen verschwundenen Kollegen und nicht,
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