Und raus bist du: Kriminalroman (German Edition)
nur langweilig geklungen. Jedenfalls nannte sie ihn Erik, und es machte ihm nichts aus. Er mochte es. Sie unterhielten sich über ihr Leben in diesem kalten Land, über ihr Heimweh nach den Philippinen, aber auch über die Vorteile, die Schweden hatte, und über ihre kleinen Kinder, die sich hier so wohlfühlten.
Nach einer Weile zeigte sie ihm ein Foto von sich und ihrer Familie, und sein Herz setzte einen Schlag aus, als er feststellte, dass sie mit Christer verheiratet war. Es fühlte sich an, als hätte ihm jemand einen Baseballschläger in den Bauch gerammt, als sich alles mit frischer Kraft wieder auf ihn stürzte: die Angst, die Trauer, die Schuld.
Er versuchte sie aufzuhalten, wollte davon nichts hören; er wollte nicht in Christers Revier eindringen, wollte weder bei sich selbst noch bei ihm alte Gefühle wieder zu neuem Leben erwecken. Aber Kate mit ihrer charmant direkten und offenen Art war nicht zu stoppen. Sie hatte einen Menschen getroffen, der ihr zuhörte, einen Menschen, der eine kleine verlorene Filipina mit Heimweh hinter den breiten Rücken in Björns Trädgård entdeckt hatte, also öffnete sie alle Schleusen und erzählte eine Geschichte von Depression und Unzugänglichkeit, von Albträumen, Entfremdung und Stimmungsschwankungen. Und er verstand; niemand konnte besser als er verstehen, wie ein Leben mit Christer sein musste, und ihr die Unterstützung geben, die sie brauchte, um weitermachen zu können.
Sie trafen sich wieder. Sie wollte ihn nicht gehen lassen, und er konnte sie nicht loslassen; glaubte, dass die Vorsehung einen besonderen Plan damit hatte, dass sich ihre Wege kreuzten. Als sie und Christer schließlich entschieden hatten, getrennte Wege zu gehen, und sie ihm mit einem Anflug von Resignation in ihren dunklen Augen erklärte, dass sie und die Kinder in eine Mietwohnung in Fittja ziehen würden, wurde ihm mit einem Schlag der Sinn dieser Begegnung klar. Es wurde Zeit, den Gedanken an ein normales Familienleben in seinem Reihenhaus in Huddinge aufzugeben. Er hatte eine neue Chance zur Wiedergutmachung bekommen, er konnte einen winzigen Teil der großen Schuld zurückzahlen, die er Christer Larsson gegenüber empfand. Er bot ihr eine für alle Beteiligten wesentlich angenehmere Lösung an.
Er arbeitete hart und für ihn selbst blieb nicht viel übrig, aber was konnte ihm größere Freude bereiten als die Nähe zu diesen braunäugigen und seidenweichen kleinen Kindern und der Anblick ihrer freudigen Gesichter, wenn sie mit ihren Freunden im Kindergarten spielten oder in der hellen, gemütlichen Wohnung mit Aussicht über das Wasser? Näher konnte er dem Glück nicht mehr kommen, und zum ersten Mal seit sehr langer Zeit hatte er das Gefühl, gebraucht zu werden.
Und in Kate hatte er eine Freundin gefunden. Sie stellten keine Ansprüche aneinander, und ihre ungezwungene Art lud zu Offenheit und Fröhlichkeit ein. Allerdings schämte er sich ein bisschen wegen der Geheimniskrämerei, mit der er sie beide umgab. Aber sie schien es ohne Weiteres zu akzeptieren, dass er ihr seine Telefonnummer nicht geben und seine Identität nicht offenbaren konnte. Ihr reichten ein Vorname, die Freundschaft und die Liebe, die er ihren Kindern schenkte. So musste es auch sein, denn mehr als alles andere sorgte er sich um Christer.
*
Sjöberg blieb lange im Auto sitzen und starrte vor sich hin. Er spürte, dass er jetzt kurz vor der Lösung stand, dennoch begriff er es nicht. Was hatte er übersehen? Jetzt hatte er eine glasklare Verbindung zwischen Christer Larsson und Einar Eriksson. In Christer Larssons Augen war Einar Eriksson verantwortlich für den Tod der Jungen. Ein besseres Motiv konnte man kaum finden. Aber es war ein Motiv dafür, Einar zu ermorden, und es war noch lange nicht sicher, dass Einar tatsächlich tot war. Und warum jetzt, mehr als dreißig Jahre später? Und vor allen Dingen gab es kein Motiv für Christer Larsson, seine derzeitige Frau und ihre gemeinsamen Kinder kaltblütig umzubringen. Trotzdem sahen die Morde an den beiden kleinen Kindern so aus, als knüpften sie gedanklich an den tragischen, weit zurückliegenden Unfall an.
Als Christer Larsson die Fotografie von Einar gesehen hatte, war er zusammengebrochen. Die Annahme war begründet, dass er dadurch herausgefunden hatte, dass Einar mit seiner Frau und seinen Kindern zusammenlebte, besonders dann, wenn er den Eindruck bekam, dass Einar dieser Morde verdächtigt wurde. Allerdings sprach dann wenig dafür, dass er
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