Und stehe auf von den Toten - Roman
handeln und die Augen vor der Wirklichkeit zu verschließen. Ein einfacher Mann durfte das vielleicht, nicht aber der Papst.
Dann fiel ihm noch etwas ein, und er machte sich eine Notiz. Beinahe hätte er es nämlich vergessen. Er wollte veranlassen, dass der Auditor Alfredo Arcimboldo Spigola seliggesprochen wurde, denn persönlicher Mut in Zeiten der Willkür war immer eine Tugend und ein Wunder zugleich. Wenn es nicht nur das Böse, sondern auch den göttlichen Funken im Herzen der Menschen gab, dann waren dieser Mut und dieses menschliche Mitgefühl die Tugenden, in denen er Gestalt annahm.
Nachwort
E ine scheinbar nebensächliche Bemerkung, eine Fußnote im Leben Benedikts XIV., ließ mich aufmerken und eröffnete mir ein unverhofftes Abenteuer. Der Papst hatte nämlich einem polnischen Erzbischof in einem Brief empfohlen, gegen den Vampir-Aberglauben vorzugehen. Prospero Lambertini und Vampire - wie passte das zusammen?
Ich begann zu recherchieren. Das erste Resultat meiner Nachforschungen war die Erkenntnis, dass man alles getrost vergessen kann, was man über Vampire zu wissen meint. Unsere Vorstellungen über diese Untoten entstammen vollkommen dem romantischen 19. Jahrhundert, das den Schauerroman erfand. Nosferatu und Frankenstein sind die hübsch gruseligen Helden dieser Zeit. Sie spukten jedoch im wahrsten Sinne nur noch durch die Literatur; im Leben der Menschen spielten die Untoten zu dieser Zeit keine Rolle mehr, ihre Ära war längst versunken.
Die Vampire hatten aber ihre große Zeit, in der sie Angst und Schrecken verbreiteten, und zwar gut einhundert Jahre zuvor. Am Anfang des 18. Jahrhunderts erschütterte eine rasant um sich greifende Vampirhysterie Europa. Friedhöfe wurden gestürmt, Tote aus ihren Gräbern gerissen, die Leichname gepfählt oder verbrannt. Besonders in Ost- und Südosteuropa befiel die Menschen wie eine Pandemie die Angst, von Blutsäufern überfallen zu werden. Den historischen Hintergrund dafür bildeten der Abzug der Türken und die Inbesitznahme dieser Gebiete durch die Österreicher.
Aufgeklärte Menschen sahen in der Furcht des Volkes
nur Aberglauben und in dem Aussterben ganzer Dörfer das Wirken von Seuchen, die in den ehemals umkämpften Territorien nun ausbrachen. Von Böhmen und Mähren im Norden über Polen, Weißrussland, Rumänien im Osten und Serbien und Istrien im Süden breitete sich der Flächenbrand der Vampirhysterie aus. Schließlich nahmen die Verdächtigungen und Leichenschändungen eine derartige Dimension an, dass die Kaiserin Maria Theresia eine Untersuchungskommission aus Wissenschaftlern, Juristen und Kriminalisten einsetzte, um den unerklärlichen Vorgängen auf den Grund zu gehen. Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.
Wie immer muss ich mich vor der Historie verbeugen, die eben die besten Geschichten bereithält. Zu danken habe ich aber auch dem Arzt Michael Ranft, der 1734 eine wissenschaftliche Studie unter dem Titel »Tractat von dem Kauen und Schmatzen der Todten in Gräbern, Worin die wahre Beschaffenheit derer Hungarischen Vampyrs und Blut-Sauger gezeigt, Auch alle von dieser Materie bißher zum Vorschein gekommene Schrifften recensiret werden« veröffentlichte. Aber auch Gottlob Heinrich Vogts »Kurtzes Bedencken Von denen Acten-maeßigen Relationen Wegen derer Vampiren, Oder Menschen- Und Vieh-Aussaugern. Martini, Leipzig 1732« und Johann Flückingers »Vernünftige und Christliche Gedancken über die Vampirs. Der Actenmäßige Bericht über die Vampirs, so sich zu Medvegia in Servien an der Türckischen Gräntzen sollen befunden habe« müssen stellvertretend für eine Vielzahl zeitgenössischer Quellen erwähnt werden. Selbst ein so ausgezeichneter Kenner der christlichen Mystik wie Joseph Görres hat sich ausführlich mit der Problematik des Vampirismus befasst.
Kurz und gut, zum Schluss habe ich wie immer dem Buch der Bücher und Dante Alighieri meine Referenz zu erweisen.
Nun aber nehme ich wieder schweren Herzens Abschied von Prospero Lambertini und seinen Freunden und hoffe doch, wenn der Leser und die Geschichte es wollen, ihnen bald wieder begegnen zu dürfen.
Personen der handlung
Prospero Lambertini , Hilfsauditor der Rota, des höchsten römischen Gerichtes, später Papst Benedikt XIV.
Velloni, Assistent des Präfekten der päpstlichen Bibliothek, später Universitätsprofessor
Cäcilia, Vellonis Schwester
Sylvio Valenti Gonzaga, Konsultor der Indexkongregation, später Kardinal
Michele Santini
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