Und tot bist du
Hinweis, daß unser Mr. Barker angeblich zu Gewalttätigkeiten neigt, wenn er sich hintergangen fühlt.«
Nachdenklich runzelte Sunday die Stirn. »Hmmm. Also könnte es sich folgendermaßen abgespielt haben: Er geht mit Arabella kurz vor ihrem Überraschungsbesuch bei Tommy zum Essen. Da er es nicht mag, wenn man ihn hinters Licht führt, ist er wahrscheinlich auch sehr eifersüchtig. Und er ist äußerst reizbar.« Sie sah ihren Mann an. »Denkst du das gleiche wie ich?«
»Genau.«
»Ich wußte doch, daß wir es mit einem Verbrechen aus Leidenschaft zu tun haben!« sprach Sunday rasch weiter.
»Nur daß die Leidenschaft nicht auf Tommys Seite lag.
Gut, dann spreche ich heute mit Barker und mit Tommys Haushälterin. Wie hieß sie noch mal?«
»Dora, glaube ich«, antwortete Henry. Doch dann verbesserte er sich: »Nein, das war die Haushälterin, die früher bei ihnen gearbeitet hat. Eine beeindruckende alte Dame. Tommy sagt, sie sei kurz nach Constances Tod in Rente gegangen. Wenn ich mich recht erinnere, ist ihr Name Lillian West. Das muß die Frau sein, die wir gestern kurz gesehen haben.«
»Richtig. Die mit den Zöpfen und dem Lexus«, ergänzte Sunday. »Also befasse ich mich mit Barker und der Haushälterin. Und was tust du?«
»Ich fliege nach Palm Beach und treffe mich mit dieser Gräfin Condazzi. Zum Abendessen bin ich zurück. Aber du mußt mir versprechen, vorsichtig zu sein, Liebling.
Vergiß nicht, daß Alfred Barker ein zwielichtiger Mann ist. Ich möchte nicht, daß du deinen Leibwächtern entwischst.«
»Abgemacht.«
»Das meine ich ernst, Sunday«, sagte Henry in dem ruhigen, ernsten Ton, mit dem er immer die Mitglieder seines Kabinetts in Angst und Schrecken versetzt hatte.
»Hach, bist du ein harter Kerl«, spöttelte Sunday grinsend. »Okay, ich gebe dir mein Ehrenwort. Ich werde mich keinen Meter von ihnen wegwagen. Und dir wünsche ich einen guten Flug.« Sie küßte ihn auf den Scheitel und verließ, vor sich hin summend, das Frühstückszimmer.
Vier Stunden später erreichte Henry, der seinen Privatjet selbst nach West Palm Beach geflogen hatte, die im spanischen Stil erbaute Villa der Gräfin Condazzi.
»Warten Sie bitte draußen«, wies er seine Leibwächter an.
Die Gräfin, eine zierliche, schlanke, hübsche Frau mit versonnenen, grauen Augen war etwa Mitte Sechzig. Sie begrüßte Henry herzlich und kam dann ohne Umschweife auf den Punkt. »Ich bin ja so froh, daß Sie sich bei mir gemeldet haben, Mr. President«, sagte sie. »In der Zeitung habe ich gelesen, in welchen Schwierigkeiten Tommy steckt, und ich wollte unbedingt mit ihm sprechen. Ich weiß, was er durchmacht, doch er reagiert einfach nicht auf meine Anrufe. Hören Sie, ich bin felsenfest davon überzeugt, daß Tommy dieses Verbrechen nicht begangen haben kann. Wir sind seid unserer Kindheit eng befreundet und waren zusammen in der Schule und auf dem College.
In all dieser Zeit hat Tommy niemals die Beherrschung verloren. Unsere Mitschüler konnten sich noch so frech und ausgelassen aufführen, wie zum Beispiel bei unserer Abschlußfeier, und sogar wenn er etwas getrunken hatte, er war immer ein Gentleman. Er hat sich rührend um mich gekümmert und mich nach der Feier nach Hause gebracht.
Nein, Tommy wäre niemals zu einer solchen Tat fähig.«
»Genauso sehe ich es auch«, stimmte Henry zu. »Also sind Sie und er zusammen aufgewachsen?«
»Wir wohnten in Rye in derselben Straße. Während des Studiums waren wir ein Paar. Aber dann lernte er Constance kennen, und ich begegnete Eduardo Condazzi, der aus Spanien stammte. Ein Jahr nach unserer Hochzeit starb Eduardos älterer Bruder, und er erbte den Titel und die Weingüter der Familie. Wir zogen nach Spanien. Als ich Eduardo vor drei Jahren verlor, fand ich es an der Zeit, in meine Heimat zurückzukehren. Mein Sohn ist jetzt Graf und lebt auf unserem Gut. Und dann, nach all diesen Jahren, lief mir zufällig Tommy über den Weg, der übers Wochenende ein paar Freunde zum Golfspielen besuchte.
Es war so schön, ihn wiederzusehen.«
Und die Liebe ist wieder erwacht, dachte Henry.
»Gräfin …«
»Betsy«, verbesserte sie ihn streng.
»Gut, Betsy, ich möchte nicht um den heißen Brei herumreden: Haben Sie Ihre Beziehung zu Tommy wieder aufgenommen?«
»Ja und nein«, antwortete Betsy nachdenklich. »Ich habe ihm gesagt, wie froh ich sei, ihn wiederzusehen, und ich glaube, ihm ging es genauso. Aber wissen Sie, ich vermute, Tommy hat sich nie Zeit
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