Und tot bist du
ähnlich, nur daß du mir schon einen Schritt voraus bist. Ich bin noch gar nicht auf den Gedanken gekommen, mich mit der Gräfin zu unterhalten.« Er legte den Arm um Sunday und zog sie an sich. »Komm her. Ist dir klar, daß ich dich seit zehn nach elf heute morgen nicht mehr geküßt habe?« fragte er zärtlich.
Sunday strich ihm mit dem Zeigefinger über die Lippen.
»Dann liebst du also nicht nur meinen messerscharfen Verstand?«
»Genau erfaßt.« Henry küßte sie auf die Fingerspitze und zog dann ihre Hand weg, um ihren Mund ungehindert erreichen zu können.
Doch Sunday machte sich los. »Da wäre noch etwas, Henry. Du mußt dafür sorgen, daß Tommy sich nicht auf einen Schuldhandel mit der Staatsanwaltschaft einläßt, bevor wir Gelegenheit hatten, ihm zu helfen.«
»Und wie soll ich das bitte anstellen?«
»Indem du es ihm befiehlst natürlich.«
»Liebling, ich bin nicht mehr Präsident.«
»In Tommys Augen schon.«
»Gut, ich versuche es. Aber jetzt gebe ich dir einen Befehl: Hör auf zu reden.«
Die Geheimagenten sahen in den Rückspiegel und grinsten einander zu.
Am nächsten Tag stand Henry bei Morgengrauen auf, um mit seinem Gutsverwalter einen Ausritt auf seinem tausend Hektar großen Besitz zu unternehmen. Um halb neun saßen Sunday und er im Frühstückszimmer, von wo aus man einen guten Blick auf den englischen Garten hinter dem Haus hatte. Das Zimmer war passend zur Aussicht mit Pflanzenbildern und einer breit gestreiften Tapete aus belgischem Leinen ausgestattet. Das erweckte den Eindruck, als sei das Zimmer stets mit Blumen geschmückt.
»Vergiß nicht, daß die Sitzungsperiode des Kongresses nächste Woche beginnt«, sagte Sunday bei der zweiten Tasse Kaffee. »Wenn ich Tommy helfen will, muß ich sofort damit anfangen. Ich schlage vor, daß ich zuerst so viel wie möglich über Arabella in Erfahrung bringe. Hat Marvin alle Hintergrundinformationen besorgt, um die wir ihn gebeten haben?«
Mit Marvin meinte Sunday Marvin Klein, Henrys Büroleiter, dessen Arbeitsplatz in der ehemaligen Remise des Gutes untergebracht war. Marvin, der einen Sinn für skurrilen Humor hatte, bezeichnete sich als Stabschef der Exilregierung – denn nach Henry Britlands zweiter Amtszeit hatten viele Bürger gefordert, das Gesetz zu ändern, demzufolge ein amerikanischer Präsident nur einmal wiedergewählt werden konnte. Laut einer Meinungsumfrage befürworteten achtzig Prozent der Wähler eine Ergänzung des Gesetzes dahingehend, daß es in Zukunft nur noch untersagt sein sollte, mehr als zwei aufeinanderfolgende Legislaturperioden zu amtieren. Offenbar wollte die Mehrheit der Amerikaner Henry Parker Britland IV. wieder im Weißen Haus sehen.
»Ich habe den Bericht hier«, sagte Henry. »Und ich habe ihn auch schon gelesen. Anscheinend hat Arabella es geschafft, den Großteil ihrer Vergangenheit zu vertuschen.
Zu den pikanteren Details, mit denen Marvins Informanten aufwarten konnten, gehört, daß sie schon einmal verheiratet war. Nach der Scheidung hat sie ihren Ex ausgezogen bis aufs Hemd. Später hatte sie eine lose Beziehung zu einem Mann namens Alfred Barker, der einige Zeit wegen Manipulation von Sportergebnissen im Gefängnis verbracht hat.«
»Wirklich? Ist er inzwischen frei?«
»Er ist nicht nur frei, mein Schatz, sondern war auch mit Arabella kurz vor ihrem Tod beim Abendessen.«
Sunday blieb der Mund offen stehen. »Liebling, wie hat Marvin das bloß herausgefunden?«
»Das frage ich mich auch immer. Aber ich weiß nur, daß er eben seine Quellen hat. Alfred Barker wohnt offenbar in Yonkers, was, wie du wahrscheinlich weißt, nicht weit von Tarytown ist. Arabellas Ex-Mann ist mittlerweile wieder glücklich verheiratet und lebt nicht mehr in dieser Gegend.«
»Und Marvin hat das alles über Nacht rausgekriegt?«
fragte Sunday mit aufgeregt leuchtenden Augen.
Henry nickte, während Sims, der Butler, ihm Kaffee nachschenkte. »Danke, Sims. Und nicht nur das«, fuhr er fort. »Er hat auch in Erfahrung gebracht, daß Alfred Barker Arabella seltsamerweise noch immer sehr gern hatte.
Erst vor kurzem hat er sich gegenüber Freunden damit gebrüstet, sie würde wieder zu ihm zurückkommen, da sie den alten Bock ja jetzt losgeworden sei.«
»Was macht Barker beruflich?« wollte Sunday wissen.
»Offiziell besitzt er einen Laden für Sanitärbedarf. Doch Marvins Informanten berichten, daß dieser nur als Tarnung für seine krummen Geschäfte diene. Am interessantesten fand ich jedoch den
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