Und trotzdem ist es Liebe
würde, um dich zurückzubekommen. Ich brauche kein Kind. Ich will überhaupt keins, wenn es nicht von dir ist … Ich will nichts und niemanden außer dir.»
Ich bin wie vom Donner gerührt und sprachlos. Ich kann einfach nicht glauben, was ich da höre. Das ist meine Rede – es sind die Worte, die ich im Geiste so oft zu ihm gesagt habe. Zumindest, bis ich Tuckers Ring gesehen habe. Es ist zu viel, um es auf einmal zu verarbeiten. Also fange ich mit einer einfachen Frage an. Ich sehe ihn an. «Was ist denn mit Tucker?»
«Was soll mit ihr sein?» Ben sieht so verdattert aus, wie ich mich fühle.
«Wirst du sie nicht heiraten?»
Er lacht und schüttelt den Kopf.
«Aber ich habe ihren Ring gesehen.»
«Claudia. Sie ist mit einem Mann namens Steve verlobt», sagt er, «mit einem Arzt in ihrer Klinik. Wie um alles in der Welt kommst du auf die Idee, der Ring könnte von mir sein?»
«Aber ihr … ihr seid zusammen den Marathon gelaufen.» Ich komme mir albern vor mit meinem windigen Beweismaterial aus dem Internet.
«Ja, so was tut man mit seinem Laufpartner», sagt Ben. «Man läuft zusammen den Marathon.»
Mich überkommt eine Woge der Erleichterung, die so machtvoll ist, dass sie sich anfühlt wie reines Glück. Es ist, als hätte ich mit einer tödlichen Krankheit gelebt und soeben erfahren, dass die Diagnose falsch war. Dass ich doch noch ein langes Leben vor mir habe. Ein Geräusch kommt aus meiner Kehle, aber ich weiß nicht, ob ich lache oder weine. Wahrscheinlich beides.
«Aber ich werde Richard nicht heiraten, Ben. Ich bin nicht mal mehr mit Richard zusammen.»
«Nicht? Aber Annie hat mir erzählt, dass er dir einen Ring geschenkt hat.»
«Das stimmt.» Ich drehe den Ring vom Finger und lasse ihn in meine Handtasche fallen. Dann wische ich mir die Tränen ab. «Aber das war kein Verlobungsring … Es war … nichts weiter.»
Ben fängt an zu lächeln. «Moment mal … dann bist du solo?»
«Ja», sage ich. «Du auch?»
Er nickt und lächelt immer noch. Dann wird sein Gesicht ernst, und er greift nach meinen Händen. Ich gebe sie ihm. Ein warmes Wohlgefühl erfüllt mich und verschlägt mir die Sprache. Ich möchte ihm sagen, dass ich zu der gleichen Schlussfolgerung gekommen bin wie er. Dass ich alles tun würde, um ihn zurückzubekommen, selbst wenn das bedeutet, ein Kind zu bekommen. Dass ich vielleicht sogar ein Kind mit ihm haben möchte. Dass ich mein Leben mit ihm teilen will, ganz gleich in welcher Form.
Und das alles werde ich ihm auch sagen. Bald. Aber jetzt drücke ich stumm seine Hände und schaue in die Augen des einzigen Mannes, den ich je wirklich geliebt habe.
Wir schweigen lange, und dann sage ich: «Ich kann nicht fassen, dass du solo bist.»
«Ich bin’s», sagt Ben. «Aber ich denke daran, wieder mit jemandem auszugehen.»
«Ach, wirklich?» Ich lächle. «Mit wem denn?»
«Mit meiner Exfrau. Glaubst du, sie würde ja sagen?» «Ich könnte es mir vorstellen», sage ich. «Ich könnte mir vorstellen, dass sie alles für dich tun würde.»
Zweiunddreißig
Es ist Heiligabend und fast dunkel – möglicherweise meine liebste Stunde des ganzen Jahres.
Ben und ich sitzen im Auto und fahren über die Triborough Bridge; wir sind unterwegs zu Daphne und Tony. Wir werden ihren Sohn Lucas sehen, der pünktlich vor drei Tagen angekommen ist – das wundervollste Weihnachtsgeschenk, das man sich vorstellen kann.
Das Radio läuft leise, und Nat King Cole singt «I’ll Be Home For Christmas». Bens Hände liegen in perfekter Fahrschulmanier auf dem Lenkrad: in Zehn- und Zwei-Uhr-Position. Normalerweise fährt er entspannter, selbst im dichten Verkehr, und ich frage mich, ob er vielleicht nervös ist bei dem Gedanken, meine Familie wiederzusehen. Ich stelle ihm diese Frage und gestehe zugleich, dass ich selbst ein bisschen beklommen daran denke, dass wir morgen Nachmittag seine Familie besuchen.
Als hätte ich ihn ertappt, nimmt Ben die eine Hand vom Steuer und legt die andere in die Sechs-Uhr-Position. «Vielleicht ein bisschen nervös … aber hauptsächlich freue ich mich darauf, alle wiederzusehen.»
«Sogar meine verrückte Mutter?», frage ich lächelnd.
«Sogar die verrückte alte Vera.» Er schüttelt den Kopf. «Ich liebe alles , was zu dir gehört.»
Ich beuge mich hinüber und küsse ihn auf die Wange. Wir sind erst seit einem Monat wieder zusammen, und ich finde die kleinen Dinge immer noch elektrisierend. Das Gefühl seiner rauen Bartstoppeln ein paar
Weitere Kostenlose Bücher