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Und verfluche ihre Sünden

Und verfluche ihre Sünden

Titel: Und verfluche ihre Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spencer-Fleming Julia
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Faser, eine Spur, irgendetwas, das …
    Sie blieben stehen. Russ überholte den Pathologen, um besser sehen zu können. Scheeler sog die Luft ein. »Heilige Mutter Gottes«, sagte er. Russ sah auf und begegnete Lyles Blick – der ältere Mann wirkte grimmiger, als Russ ihn jemals gesehen hatte.
    »Also gut«, sagte Scheeler. »Nun denn. Schauen wir mal, was er uns verraten kann.« Er öffnete seinen Koffer, kniete sich hin und stellte ihn neben die Leiche. Dann begann er, Instrumente und Indizienbeutel herauszunehmen.
    »Am dritten war hier das Kriegsveteranentreffen«, sagte Lyle. »Sie haben Fahnen aufgestellt. Vielleicht war später noch jemand hier, aber Ersteres ist bestätigt.«
    »Entsorgt«, konstatierte Russ. »War bereits tot.«
    »Vermutlich«, sagte Scheeler von unten. »Der Boden ist so trocken, dass er sich vollgesaugt hätte, aber eine akute Blutung hätte die Kiefernnadeln verfärbt.« Er zog eine der langen, rostfarbenen Nadeln unter der Leiche hervor und hielt sie hoch. »Trocken«, sagte er. »Und fleckenlos. Seit wann wurde er vermisst?«
    »Seit dem dreiundzwanzigsten Juni«, antwortete Lyle.
    »Aha. Zwei Wochen.«
    »Wie lange ist er schon tot?«, fragte Russ.
    »Ganz grob geschätzt zwischen vierundzwanzig und sechsunddreißig Stunden.« Die Stimme des Rechtsmediziners wurde schärfer. »Wer immer es war, hat ihn lange Zeit am Leben gehalten.«
    Schweigen folgte dieser Beobachtung. Nach einer Weile sagte Lyle: »Andere Waffe als bei den anderen drei.«
    »Kann ich bestätigen«, sagte Russ. Was immer Esfuentes am Ende von seinem Elend erlöst hatte, war wesentlich größer als eine Zweiundzwanziger gewesen.
    »Die wollten nicht bloß einen Zeugen ausschalten. Die waren hinter Informationen her«, meinte Lyle.
    »Jesus. Glaubst du?«
    Lyle drehte sich mit angespannter Miene um.
    Russ hob entschuldigend die Hand. »Tut mir leid. Ich bin einfach … ja. Informationen. Falls er als Warnung hätte dienen sollen, hätten wir ihn an einem öffentlichen Ort gefunden.«
    »Was immer sie wissen wollten, der arme Bastard konnte es ihnen nicht sagen«, meinte Scheeler. Sanft hob er mit einem schlanken Stahlröhrchen eine Hand an. »Als ihm das angetan wurde, lebte er noch. Nach dem dritten Finger hätte er alles verraten.« Der Rechtsmediziner streifte eine Tüte über die Hand und verbarg sie so vor den Blicken. »Wer, in Gottes Namen, war dieser Junge?«
    Russ schnürte es die Kehle zusammen. »Niemand. Nur ein schwer arbeitender Bauernjunge, der wegen eines anständigen Jobs nach Norden gekommen ist. Er hat geglaubt, wir würden ihn beschützen.«
    »Wir haben damals alles getan, was möglich war.« MacAuley klang grob. »Fang jetzt nicht an, dir Vorwürfe zu machen.«
    Ein guter Rat. Russ hatte ihn zu seiner Zeit mehr als einem jungen Beamten gegeben. Besser fühlte er sich trotzdem nicht.
    »Russ?«
    Beim Klang von Clares Stimme fuhr er herum. Im dunklen Zwielicht hinter dem Absperrband konnte er ihre Silhouette erkennen, die sich gegen den Wirbel weißer, roter und blauer Lichter in der Ferne abzeichnete. Er lief mit großen Schritten auf sie zu.
    »Entschuldige bitte«, sagte sie. »Ich will nicht stören. Aber die Jungs sind jetzt weg, und ich wusste nicht …« Er war jetzt so nah, dass er ihr Gesicht erkennen konnte. »Niemand hat mir etwas gesagt. Ich muss es wissen.« Er blieb vor ihr stehen. Das flatternde Absperrband trennte sie voneinander. »Ist es wirklich Amado?«
    Er ballte die Fäuste, um sich daran zu hindern, sie in die Arme zu schließen. »Ja. Er ist es.«
    »O Gott.« Sie sah zu ihm auf. »Bist du ganz sicher?« Ehe er etwas sagen konnte, gab sie sich selbst die Antwort. »Selbstverständlich bist du sicher.« Sie wandte den Blick ab. Wischte sich mit beiden Händen die Augen ab. »Darf ich ihn sehen? Ich fasse auch nichts an und bin auch nicht im Weg. Ich will nur …«
    »Nein«, sagte er.
    »Ich habe früher schon Leichen gesehen, Russ.« Sie richtete sich auf. »Ich breche nicht zusammen.«
    »Nein. Hör zu.« Dieses Mal bremste er sich nicht. Er zog sie an sich, hielt sie fest, verabscheute es, derjenige zu sein, der es ihr sagen musste. »Clare, er ist gefoltert worden, ehe man ihn umbrachte. Es war nicht …« Er schüttelte den Kopf. »Ich will nicht, dass du siehst … Himmel, niemand sollte so etwas sehen müssen.«
    Er spürte, wie sie atmete. Dann nichts.
    Endlich sagte sie. »Wie geht es dir?« Ihre Stimme war brüchig.
    »Gut. Zumindest einigermaßen.« Er fasste sie

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