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Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld

Titel: Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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geschehen ist. Oft trägt man die Krankheit seit der Geburt in seiner DNA. Es gibt kein wirkliches Mittel dagegen, denn, wie ich schon sagte, tote Nervenzellen können nicht ersetzt werden, und der lange Abschied vom Leben hat lange vorher begonnen.«
    »In der DNA ?«, fragte Van Leeuwen.
    »Die Erbsubstanz der Zellen«, erklärte Terlinden. »Der genetische Code zum Aufbau eines lebenden Organismus – Blutgruppe,Muskeln, Knochen, Nervenzellen. Die DNA steuert über Millionen von Zellgenerationen die Biochemie der Vererbung –«
    »Sie sprechen mit einem Polizisten«, unterbrach der Commissaris ihn schroff. »Wir überführen Mörder anhand der DNA-Analyse. Wir ordnen Blut, Speichel, Sperma oder Haare mit Hilfe des genetischen Fingerabdrucks zu. Wir finden Knochen in Massengräbern, führen eine DNA-Untersuchung durch und sagen den Überlebenden am Rand der Gräber, dass sie auf ihre Verwandten hinunterschauen. Was ich wissen wollte: Wie kann Altersdemenz von Geburt an in der Erbsubstanz vorhanden sein ?«
    »Je älter ein Mann bei der Zeugung ist, desto größere Schäden haben sich schon in seiner eigenen Erbsubstanz angesammelt, die er dann an sein Kind weitergibt. Manchmal wirken sie sich irgendwann für alle sichtbar als Wahnsinn aus, in anderen Fällen führen sie zu den eindrucksvollen Spätwerken genialer Künstler – denken Sie an Van Gogh, Goya oder De Kooning. Nur, so oder so: Ein wirkliches Mittel gegen Alzheimer ist bisher nicht entdeckt worden.«
    »Also gibt es keine Hoffnung ?«, hatte Van Leeuwen gefragt. Das war vor zwölf Monaten gewesen.
    Auf dem Schreibtisch der Sekretärin ertönte ein Summer. »Sie können jetzt hineingehen, Mijnheer.«

 13 
    Professor Max Terlinden arbeitete im Schatten halb heruntergelassener Jalousien an seinem Rosenholzschreibtisch, und als der Commissaris eintrat, blieb er noch einige Sekunden lang sitzen, wie um wortlos zu sagen: eine liebe Gewohnheit, Besucher diese wenigen Sekunden im Stehen warten zu lassen, Sie verstehen gewiss. Dann nahm er fast widerstrebend seine horngerahmte Brille ab, blickte hoch und stand auf. »Mijnheer van Leeuwen, wie geht es Ihnen ? Und wie geht es Ihrer Frau ?«
    Er trug den unvermeidlichen weißen Kittel, ein weißes Hemd,eine weiße Leinenhose und weiße Segeltuchschuhe mit Gummisohlen. Auch seine Hände waren weiß. Wie die Hände einer Leiche, die eine Zeit lang in der Erde gelegen hat, dachte Van Leeuwen; weiße, schlanke Finger. Ihr Druck war kühl und betont fest, Vertrauen erweckend. Van Leeuwen mochte Terlinden nicht, obwohl er ein guter Arzt war. Aber seit einiger Zeit mochte er sowieso kaum noch jemanden, und deshalb hatte seine Abneigung wohl nicht viel zu bedeuten.
    »Ich bin nicht wegen meiner Frau hier«, sagte Van Leeuwen. »Ich bin hier, weil ich einen Mörder suche.«
    »Setzen Sie sich doch, Commissaris.« Terlinden deutete auf den Patientenstuhl vor dem Schreibtisch. Van Leeuwen blieb stehen. Seit er das letzte Mal mit Simone hier gewesen war, hatte sich nichts verändert. Die Wände waren schmucklos, bis auf eine grafische Darstellung des Gehirns in verblassten Farben, beschriftet mit ebenso verblassten lateinischen Begriffen. In Regalen aus gebeizter Esche türmten sich ledergebundene Fachbücher bis fast zur Decke. Die Goldprägung auf den abgegriffenen Rücken der Folianten glomm in den dünnen Sonnenlichtstreifen, die durch die Ritzen in den Jalousien fielen. Eine Perserbrücke führte von der Tür zum Schreibtisch. Sie musste ein kleines Vermögen gekostet haben. Vielleicht das kleine Vermögen, das Van Leeuwen bisher für Simones Behandlung bezahlt hatte.
    Auf dem Schreibtisch stand eine Teetasse aus Delfter Porzellan, und nachdem Terlinden wieder in dem mit grünem Leder gepolsterten Armstuhl hinter dem Tisch Platz genommen hatte, begann er, mit einem Silberlöffel in der Tasse herumzurühren. Er war groß und kräftig, auf die Art, wie Männer über sechzig groß und kräftig sein können, wenn sie nicht mehr über die Straffheit der Jugend verfügen. Sein Haar, blond und kurz gelockt, war spärlich geworden, aber Grau suchte man darin vergeblich. Er besaß eine sehr schöne goldene Armbanduhr, die er mit einem halben Blick streifte, wie wenig Zeit wir doch immer haben, selbst bei grausamster Knauserei. »Suchen Sie den Mörder unter unseren Patienten, Mijnheer ?«, wollte er wissen.
    »Vielleicht«, antwortete der Commissaris. »Vielleicht aber auch unter den Ärzten.«
    Die Armbanduhr tickte, der

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