Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld
Durchbruch, den Pieters mit seiner Beobachtung der Kuru-Fälle unter den Fore vorbereitet hat, betrifft vor allem die Bereitschaft der Pharmaindustrie, Geld in die Entwicklung eines Medikaments gegen CJ D zu stecken.«
»Ich mache mir keine Hoffnungen«, sagte Van Leeuwen. »Ich bin nur neugierig – das ist eine Polizistenkrankheit. Und ich bin auf einem Bauernhof groß geworden.«
»Auch wenn es sich so ähnlich anhört – Kuru hat nichts mit Kühen zu tun«, sagte Terlinden, und der Commissaris fragte sich, ob der Professor es noch merkte, wenn sich Herablassung in seine Stimme schlich. »Es handelt sich um eine Krankheit, die in fast allen Symptomen mit Creutzfeldt-Jakob übereinstimmt, außer dass sie auch Kinder dahinrafft. Allerdings kommt sie in den Niederlanden nicht vor. Soweit ich weiß, bis jetzt in ganz Europa nicht.«
»Wo finde ich Professor Pieters ?«, fragte der Commissaris und legte den Science Monitor auf den Stapel zurück. »Hat er ein Büro hier auf dem Gelände ?«
»Ich bitte Sie, Mijnheer – bei einer Kapazität wie Pieters brauchen Sie einen Termin, das dauert oft Wochen. Da können Sie nicht einfach so mir nichts, dir nichts durch die Tür spazieren.«
»Ich werde vorher klopfen«, sagte Van Leeuwen. »Vielen Dank, dass Sie mir Ihre Zeit geopfert haben, Professor. Und denken Sie an die Liste, bitte.« Er verließ das Büro, und erst als er auf dem Korridorwar, merkte er, wie die Anspannung von ihm abfiel, die den ganzen Vormittag auf ihm gelastet hatte.
Brigadier Tambur wartete auf einer der Holzbänke neben der Tür und verschickte eine SM S. Als sie Van Leeuwen herauskommen sah, brach sie die Übertragung ab und stand auf. »Da sind Sie ja endlich, Commissaris. Das Büro hat schon zweimal angerufen. Hoofdinspecteur Gallo will wissen –«
»Hoofdinspecteur Gallo will immer alles wissen, aber er muss lernen, dass das unmöglich ist«, fiel Van Leeuwen ihr ins Wort. »Was haben Sie in der Kardiologie herausgefunden ?«
»Nichts.« Julika verstaute das Mobiltelefon in der rechten Außentasche ihrer Lederjacke. »Doktor van Leer operiert schon den ganzen Morgen, und auf ihrer Station habe ich nichts Verdächtiges bemerkt, keinen Mann im weißen Kittel, der mir Stoff verkaufen wollte, und angefallen hat mich auch niemand, kein kalkweißer Gnom oder –«
»Wie kann man sich stundenlang in der Kardiologie eines großen Krankenhauses aufhalten und nichts Verdächtiges bemerken ?«, fuhr Van Leeuwen sie an. »Und wer, in drei Teufels Namen, sollte Sie anfallen wollen ?! Werfen Sie mal einen Blick in den Spiegel, falls der Ihr Bild überhaupt wiedergibt ! Ich hätte große Lust, Sie in diesem Aufzug zum Hoofdcommissaris hochzuschicken und dann einfach an meinem Schreibtisch zu sitzen und zu warten, bis er anruft.«
»Ist der auch so jähzornig wie Sie ?«, fragte Julika trotzig.
»Niemand ist so jähzornig wie ich !«, brüllte Van Leeuwen, und da spürte er endlich, wie er wieder zu dem Menschen wurde, den alle Welt so gern um sich hatte.
14
In den ersten Sekunden nach dem Aufwachen hatte Bruno van Leeuwen das Gefühl, um etwas betrogen worden zu sein. Im Schlaf war er glücklich gewesen, aber er wusste nicht mehr, warum. Das Glücksgefühlverschwand mit den letzten Bildern eines schon ver blichenen Traums und wich dem Wunsch, die Wohnung zu verlassen, ins Büro zu gehen, solange Simone noch schlief. Er lag auf dem Rücken, mit geschlossenen Augen, und lauschte dem leisen, regelmäßigen Atem seiner Frau, bis er den Wunsch nicht mehr so stark spürte.
Er hatte fast die ganze Nacht in seinem Arbeitszimmer gesessen und nachgedacht. Es gehörte zu seinen Gewohnheiten, jeden Tag die Ergebnisse seiner Ermittlungen aufzuschreiben, genauso wie die Gedanken und Überlegungen, die er dabei angestellt hatte.
Ist mein Erfinder vielleicht Mediziner ? Kann es sein, dass Kevins Mörder ein Arzt ist – der Doktor, von dem Deniz im Verhör gesprochen hat ? Hat Kevin ihn vielleicht erpresst, gedroht, ihn zu verraten ? Ein Arzt, so klein wie Toulouse-Lautrec, der ihm die tödliche Wunde mit chirurgischer Präzision zugefügt hat ? Weiß oder schwarz ? Welches ist die richtige Tür ?
Plötzlich war ihm der Anruf des Pathologen vor einigen Tagen wieder eingefallen, und er hatte beschlossen, noch einen kleinen Abstecher ins Internet zu machen. Bis um sechs Uhr früh hatte er den Cyberspace nach sämtlichen Informationen über Papua-Neuguinea durchforstet, wo es lag, wer dort lebte, was man
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